Locke greift an
herauszukommen, hatte die langsam einsetzende Besserung seines Zustandes mit ganzer Kraft unterstützt - konnte eines Tages den Rollstuhl verlassen und mit Heimarbeit sogar die Familienkasse aufbessern.
Vater Schubert setzte sich in einen der Sessel am Couchtisch und sah seinen Sohn an.
»Sag mal«, begann er das Gespräch, »wie hat denn dein Freund Matz auf die Auslosung reagiert?«
»Sehr cool«, antwortete Patrick, »wir haben beschlossen, ab sofort Feinde zu sein.« Er grinste.
Sein Gegenüber sah ihn leicht amüsiert und doch mit einer Sorgenfalte im Gesicht an. »Ihr zwei und Feinde? Eher bricht die Welt zusammen! Aber manchmal passieren Dinge, die kann man sich gar nicht ausdenken und dann werden aus Freunden tatsächlich erbitterte Gegner.«
Locke dachte einen Augenblick nach. »Es ist schon so, dass wir uns bei diesem Spiel Deutschland gegen die Türkei als sportliche Gegner treffen werden«, erwiderte er dann lakonisch, »aber wie ich schon sagte: als sportliche Gegner!«
Der Vater nickte zustimmend. »Aber jetzt mal raus mit der Sprache - was hältst du von den anderen Gegnern in der Gruppe? Fangen wir mit den Polen an …«
Patrick war mit seiner Einschätzung schnell bei der Hand. »Ein Team, das man ganz langsam bearbeiten muss«, meinte er sachkundig. »Die stehen hinten sehr kompakt.
Kräftige Jungs, die aber im Sturm leichte Probleme haben. In der Qualifikation für die EM haben sie insgesamt nur neun Tore geschossen, aber auch nur zwei kassiert. Das sagt wohl eine ganze Menge über die polnische Mannschaft. Im Übrigen haben wir noch von Schalke aus ein Freundschaftsspiel gegen die Polen, danach werden wir ein Stückchen schlauer sein.«
Für Markus Schubert stand fest: »Also drei Punkte für euch.«
»Langsam, langsam, Daddy, auch dieses Spiel muss erst gespielt werden.«
Sandra Schubert hatte sich in der Zwischenzeit zu den Fußballfanatikern gesetzt und hörte gespannt den Ausführungen zu. Sie war längst auch zu einer anerkannten Fachfrau des spannenden Fußballsports geworden, kein Wunder bei all den Erlebnissen der letzten Jahre.
So merkte sie jetzt also fachfraulich an: »Die Italiener werden wohl der härteste Brocken - oder?«
Locke nickte zustimmend. »Klar« meinte er, »die Italiener waren schon häufiger mit ihrer Jugendarbeit in Europa ganz weit vorn.« Locke wusste, die Jungs vom Stiefel wurden in ihren Vereinen schon absolut wie Profis ausgebildet und sie hatten mit einem gewissen Toni Insunita einen Torjäger in ihren Reihen, den fast alle großen Clubs in Italien verpflichten wollten, für ihren Nachwuchs. Noch spielte das Riesentalent in einem unbedeutenden Verein in Südtirol. Inter Meran nannte er sich, aber nach allem, was Locke gehört hatte, würde dieser Toni Insunita bald zu Inter Mailand wechseln.
»Italien gehört sicher zum engeren Favoritenkreis dieser Europameisterschaft«, schloss er an und fügte hinzu: »Aber die Türkei ist für mich so etwas wie ein Geheimfavorit - schließlich spielt dort mein Freund Matz.«
Zustimmung kam diesmal von Poldi, der sich bei der Nennung des Namens Matz bellend und schwanzwedelnd auf Locke zubewegte, um sich dann direkt vor seinen Beinen wieder niederzulassen.
Locke kraulte den Hund kurz.
»Und was Matz kann«, sagte er weiter, »das sehe ich ja jede Woche bei Schalke. Die ganze türkische Mannschaft erwarte ich technisch stark. Es wird wohl eine hammermäßig schwere Vorrunde - aber ich freue mich darauf. Ganz ehrlich, ich kann jetzt schon nicht mehr ruhig schlafen, wenn ich nur daran denke.«
Patricks Mutter schaute auf die Uhr. »Gutes Stichwort, mein Sohn, es wird Zeit schlafen zu gehen. Es wäre übrigens sehr ungesund, wenn du jetzt bis zum Mai 2008 nicht mehr ruhig schlafen könntest. Jetzt haben wir Oktober und sieben Monate ohne richtigen Tiefschlaf - das hält selbst der beste Profi nicht aus. Also, ab ins Bett; der Wecker klingelt wie immer um kurz vor sieben und die Schule wartet nicht!«
Vater Schubert hätte noch gerne diskutiert, aber er hob nur resignierend die Schultern. »Mutter hat wie fast immer den Schlusspfiff abgegeben, also Gute Nacht, Freunde, morgen werden wir über die perfekte Taktik sprechen …«
Locke und Poldi trollten sich in ihr Zimmer, und trotz der Ankündigung, er könne von nun an keine Ruhe mehr finden: Locke schlief tief und fest in dieser Nacht.
2
M ontag, eine neue Woche begann. Eingespannt, wie Patrick war, mit all seinen Verpflichtungen, hatten die Zeitabschnitte
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