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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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Weinkönigin
Ihringens, die man in den letzten zehn Jahren gekürt hatte. Ihr Konterfei
prangte an jeder Ortseinfahrt, und selbst die Nachbardörfer hatten eingesehen,
dass es in diesem Jahr sinnlos war, eine eigene Weinkönigin zu stellen. Silke
war ohne Konkurrenz. Nicht nur, weil sie mit ihren fünfundzwanzig Jahren eine
natürliche Schönheit war, sondern auch weil ihr Vater Herbert Brenn als einer
der größten Winzer im Umkreis galt. Obendrein sollte Ende September die Vermählung
zwischen Silke Brenn und Andreas Zimmerlin stattfinden. Und Andreas Zimmerlin
wiederum war der Erbe des anderen Big Players der Kaiserstühler Weinszene; eine
Elefantenhochzeit also. Um Belledin die Dimension dieser Heirat klarzumachen,
hatte Biggi gesagt, es wäre so, wie wenn die Tochter des
Aufsichtsratsvorsitzenden von Gazprom einen der Söhne des obersten Ölscheichs
aus Abu Dabi ehelichen würde. Belledin wusste nicht, was er von diesem
Vergleich halten sollte, aber für die örtliche Klatschpresse war die
bevorstehende Hochzeit sicherlich von höchstem Gehalt.
    Er räusperte sich. Silke hob langsam den Kopf, schielte zwischen
ihren goldblonden Locken hindurch und zog noch einmal die Nase hoch. Belledin
riss das frische Päckchen auf und reichte ihr ein Taschentuch. Sie nahm es und
schnäuzte sich.
    »Standen Sie sich sehr nah?«
    Der Lockenkopf nickte, dann begann der ganze Körper zu beben, und
das Schluchzen setzte von Neuem ein.
    »Er war ihr Heilpraktiker! Und er hat ihr sehr geholfen«, antwortete
eine scharfe Stimme hinter Belledin. Er drehte sich um und blickte in Margits
grüne Augen. Wenn man es wusste, konnte man erkennen, dass Silke und sie
Schwestern waren, aber nur dann. Margit war herber als ihre fünfzehn Jahre
jüngere Schwester, auf ihrem Kopf wucherte ein wilder roter Schopf, der bereits
von einigen grauen Strähnen durchzogen war. Auf ihrer spitzen Nase tanzten
wilde Sommersprossen, die Haut war von der täglichen Arbeit im Weinberg
gezeichnet. Trotz des energischen Kinns mit dem männlichen Grübchen ließen ihre
vollen Lippen eine unerwartete Sinnlichkeit ahnen.
    Belledin war von Margit schon immer fasziniert gewesen. Früher
hatten sie sie die rote Zora gerufen, nach der Heldin einer TV -Serie der späten siebziger Jahre.
Tatsächlich hatte auch Margit eine Bande angeführt, mit der sie durch die
Weinberge gezogen war und Schmuggler und Zöllner gespielt hatte. Irgendwann
hatten sich dann allerdings die Grenzen von Spiel und Realität verschoben, und
Margits Bande hatte Autos geknackt, um anschließend die Musikanlagen daraus zu
verscherbeln. Belledin hatte damals die undankbare Aufgabe gehabt, Margit in
Jugendhaft zu schicken und ihrem Vater zu erklären, dass es das Gesetz nun mal
so vorschreibe. Seitdem hatte der alte Brenn mit Belledin kein Wort mehr
gewechselt. Und auch mit Margit sollte er heute zum ersten Mal wieder sprechen.
    »Hallo, Margit. Lange nicht gesehen«, eröffnete Belledin den Versuch
eines Gesprächs.
    »Kein Verlust, oder?« Margit grinste frech, dass sich kleine
Grübchen in ihre Wangen schlichen. So verführerisch ihr Lächeln war, so giftig
blitzte das Grün aus ihren Augen.
    Margit wusste, was sie Belledin schuldig war. Er hätte sie damals
auch entwischen lassen können. Aber Belledin war jung gewesen, selbstgerecht
und hatte sauber bleiben wollen. Ihr Lächeln verschwand.
    »Wollen Sie meine Schwester verhören? Dann bestellen Sie sie aufs
Revier.« Sie drehte sich zu Silke und half ihr auf. Silke zeigte noch immer
kein Gesicht. An Margits Arm wankte sie über den Kies zum hinteren Ausgang des
Friedhofs.
    Belledin blickte den beiden stumm nach und zückte seinen Notizblock.
Ganz sicher würde er Silke aufs Präsidium bestellen. Und nicht nur sie.
    * * *
    Erst jetzt wurde Killian klar, dass er eine ganze Woche zwischen
Dunkelkammer und Sofa gependelt war, ohne auch nur ein einziges Mal das Atelier
verlassen zu haben. Es schien ihm, als hätte hier draußen der Evangelist
Johannes Anregungen für seine apokalyptischen Reiter finden können. Böschungen
waren verwüstet, ganze Raine abgerutscht, Straßen unter Löß begraben. Überall
versuchten Bagger und Traktoren die Schäden, die der Regen angerichtet hatte,
zu beheben. Eine Katastrophe für die Winzer. Die wenigsten waren gegen solche
Wetterschäden versichert. Noch im Juli hatte man von der besten Ernte seit
Jahrzehnten gesprochen und sich hoffnungsvoll auf die Schulter geklopft,
Experten prophezeiten gar einen

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