Lucifers Lady
nicht so bald heimkehren würde.
Einer der Matrosen eilte auf sie zu. „Verzeihung, aber der Captain würde jetzt gern ablegen.“
Catherine war froh über die Unterbrechung, denn es fiel ihr schwer, sich von George zu verabschieden und damit auch von den letzten Verbindungen zu ihrem Leben in England.
„Mach's gut, George“, rief sie noch, als der junge Matrose ihren Arm nahm und sie die Gangway hinauf geleitete. „Passen Sie auf sich auf, und Gott segne Sie“, rief George.
Aber der Wind wehte seinen Wunsch davon, und Catherine verstand nur: „Passen Sie auf sich auf.“
Man führte sie zu ihrer Kabine, die klein war, aber ausreichend. Ihr Gepäck war im Lagerraum verstaut worden, und sie hatte nur noch ihren Handkoffer bei sich, in dem sich ausreichend Kleidung und alles Übrige befand, was sie für die Reise benötigte. Ihr Zielort war Jamaika, wo sie einen Abgesandten Captain Lucifers treffen wollte. Captain Morley kannte den wahren Grund für ihre Reise nicht, nur, dass er sie sicher nach Jamaika bringen sollte.
Das Schiff schaukelte und schwankte heftig, und rasch setzte Catherine sich auf das schmale Bett und hielt sich an der Seite fest.
Sie waren unterwegs. Die Männer hatten die Taue gelöst, die das Schiff hielten, und es steuerte auf das offene Meer zu, weg von England.
Catherine ließ ihren Tränen freien Lauf, die sie so viele Monate lang in sich verschlossen hatte. Sie brachen hervor und liefen ihr über die Wangen. Sie schlang den Umhang fester und sprach ihre größte Furcht laut aus. „Captain Lucifer muss eine Seele haben. Er muss einfach.“
2. KAPITEL
Es war ein winziger schwarzer Fleck in der Ferne. Catherine konnte ihn kaum erkennen. Sie reckte den Hals, um die herrliche Aussicht zu genießen. Das endlose Meer begegnete dem tiefblauen Himmel mit den schneeweißen Wolken. Es war ein Anblick wie auf einem großartigen Gemälde - abgesehen von diesem Fleck.
Die Mannschaft war deswegen offensichtlich beunruhigt. Obwohl sie den Eindruck hatte, dass sie sich in großer Entfernung von dem anderen Schiff befanden, falls es sich bei diesem Fleck um ein Schiff handelte, schien die Mannschaft anderer Meinung zu sein. Immer wieder sahen die Männer zum Horizont, und ihre Bewegungen wirkten angespannt und voller Angst. Das kam ihr seltsam vor, denn es handelte sich um eine erfahrene Mannschaft, und während der zwei Wochen, die sie nun auf See verbracht hatten, waren stets alle entspannt und gelassen gewesen. Doch jetzt ängstigte sie etwas. Catherine fühlte es deutlich, so deutlich, dass es beinahe greifbar schien, und als sie die salzige Luft einatmete, glaubte sie es sogar riechen zu können.
Angst.
Sie war damit nur allzu vertraut. In den vergangenen Monaten war die Angst ihre ständige Begleiterin gewesen, die sie Tag und Nacht nicht verließ. Aber hier auf dem Schiff handelte es sich nicht um eine Begleiterin. Hier war sie eine Gegnerin, eine starke und übermächtige Gegnerin sogar, mächtiger als jeder Mensch. Aber wer oder was hatte sie geweckt?
Catherine ging zum Achterdeck, mühsam bei jeder Bewegung des schaukelnden Schiffes das Gleichgewicht wahrend. Verstohlen betrachtete sie die Besatzungsmitglieder, und ihre dunklen Vorahnungen wuchsen noch, als sie sah, wie einige der Seeleute sich in stummem Gebet bekreuzigten. Das seltsame Gemurmel beunruhigte sie umso mehr, als sie nur Fetzen ihrer
Gespräche aufschnappte, und was sie hörte, trug nicht zu ihrer Beruhigung bei.
„Ich hoffe nur, es ist nicht die Black Skull.“
„Die Hölle wäre noch besser.“
„Blutrünstige Bande.“
„Sie haben keine Seele.“
Catherine fuhr so schnell herum, dass sie um ein Haar die Balance verloren hätte. Hatte sie noch einmal Dulcies Warnung gehört, oder hatte jemand von der Besatzung dasselbe gesagt?
Die Angst hielt sie umklammert wie ein Band, das zu straff geschnürt worden war. Sie zog den Umhang fester, nicht, um die Kälte abzuhalten, sondern um sich zu beruhigen. Sie würde in ihre Kabine gehen und etwas lesen. Wenn sie sich beschäftigte und auf etwas anderes konzentrierte, dann würde das Unbehagen sicher vergehen.
Sie ging ohne Hast weiter. Sie wollte nicht zeigen, dass sie sich genauso beunruhigt fühlte wie die Mannschaft. Es war besser, die Gefühle unter Kontrolle zu halten. Schließlich war es möglich, dass sie sich umsonst ängstigte, und sie wollte nicht wie eine Närrin erscheinen.
Catherine lächelte den arbeitenden Seeleuten zu, als sie an ihnen
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