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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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EINS
    Siebzehnjährige Jungs sterben bei Autounfällen, sie sterben an Meningitis oder an seltenen Formen von Krebs, gelegentlich auch durch Selbstmord. Meistens sterben sie aber nicht. Irgendwann werden sie älter und stellen eines Tages erstaunt fest, dass sich ihre Ungeschicklichkeit, ihr Zorn und ihr Selbsthass in Luft aufgelöst haben.
    Ben Hatto war ein siebzehnjähriger Junge, dem der Zorn die Schädeldecke zu sprengen drohte. Er war sauer, weil all seine Ferienpläne von den Eltern torpediert worden waren, er war sauer auf seine Schwester, weil sie nun schon den zweiten Sommer mit einer College-Bekanntschaft in die Ferien gefahren war, er war sauer auf die Schule und das Leben und alles andere auch.
    In seinem Fall war nicht die pubertäre Unbeholfenheit das Problem, wohl aber der Selbsthass. Und der wurde durch seine hoffnungslose Schwärmerei für Alice Shaw nur noch verstärkt – ein Mädchen, das eigentlich nicht in seiner Liga spielte und allenfalls einen Freund in ihm sah. Wenn überhaupt. Heute aber hatte ihn jemand unvermittelt mit der Frage konfrontiert, ob er in Alice verknallt sei – und das hatte sein gegenwärtiges Gefühlschaos ausgelöst. Nur ein entrüstetes Leugnen, so wenig überzeugend es auch war, hatte ihn vor der totalen Blamage bewahrt.
    Da lag er also nun bei anbrechender Dunkelheit auf seinem Bett, hatte sich ein Kissen unter den Kopf gezogen und den Kopfhörer über die Ohren, hörte Metal und hatte die Welt völlig ausgeblendet. Er hatte früh zu Abend gegessen. Pasta. Seine Eltern im Erdgeschoss hatten vermutlich gerade erst gespeist und ahnten nicht mal, dass er sich überhaupt im Haus aufhielt.
    Er hatte die Augen geschlossen und dachte darüber nach, dass er in den nächsten Wochen Alice komplett ignorieren müsse. Wenn bereits der Erste Lunte gerochen hatte, würden es die anderen auch tun – und dann wäre er endgültig der Hanswurst. Er müsste sich ganz cool ihr gegenüber verhalten und im Lauf des Sommers seine Arschbacken zusammenkneifen – und dann würde es vielleicht nicht mehr ganz so lächerlich sein, dass jemand wie er sich in eine Superfrau wie Alice verguckt hatte. Vielleicht.
    Solange er hier auf dem Bett lag, konnte er sich jedenfalls einreden, dass er attraktiv, cool und interessant genug war für jemanden wie sie, dass er ganz entspannt mit ihr reden und dabei alles sagen könnte, was er dachte und fühlte – das genaue Gegenteil also von dem Gestammel, das üblicherweise aus seinem Mund kam. Solange er hier auf dem Bett lag, war er all das, was er sein wollte.
    Der Ärger begann eigentlich nur dann, wenn er die Sicherheit seines Zimmers verlassen musste: die Poster, die Musik, die Bücher – es war, als sei seine Persönlichkeit in diesen vertrauten Gegenständen eingesperrt. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als das Haus verlassen zu können, ohne dass seine Welt wie ein Kartenhaus zusammenfiel. Er wünschte sich, auch da draußen seine Gefühle artikulieren zu können und einfach nur cool zu sein.
    Ein Track war gerade zu Ende, als er in den zwei Sekunden der digitalen Stille hörte, wie seine Tür geöffnet wurde. Er hielt seine Augen geschlossen und wartete, bis der nächste Song in seinen Ohren explodierte. Wer immer sein Zimmer betrat, sollte sich gefälligst wieder verziehen. Für eine hoffnungsvolle Sekunde stellte er sich vor, dass es nicht seine Eltern waren. Klar, die Vorstellung war völlig bescheuert, aber falls Alice tatsächlich hier aufkreuzen würde, könnte sie vielleicht verstehen, wer er wirklich war. Und dann würden die Karten neu gemischt.
    Er öffnete die Augen. Es waren nicht seine Eltern. Er brauchte ein, zwei Sekunden, um zu kapieren, dass da ein Mann in seinem Zimmer stand. Ben wusste nicht, wer er war, und konnte sich auch keinen Reim auf seinen Gesichtsausdruck machen: Es war so etwas wie Bedauern – die Miene eines Mannes, der eine schlechte Nachricht zu überbringen hat.
    Ihre Augen begegneten sich. Irritiert griff Ben zu seinem Kopfhörer. Doch gleichzeitig hob der Fremde seinen Arm, und Ben – den Hörer noch auf, die Lautstärke bis zum Anschlag aufgedreht – spürte einen harten Schlag auf den Kopf.
    Es war das Letzte, was Ben Hatto noch fühlte, weil er gerade mehr oder weniger der einzige Vertreter einer statistischen Untergruppe geworden war: siebzehnjährige Jungs, die zu Hause von einem professionellen Killer erschossen werden.
    Der Mörder ging die Treppe hinunter und an der Küche vorbei, wo Pamela Hatto

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