Lügenbeichte
schwer wie sonst. Er war eine liebe Last, die sie nicht abgeben wollte, nicht an Marina und nicht an Thomas. – Es war nicht zu fassen, Lou war wieder da!
»Wo warst du denn?«, fragte ihn Herr Werner. Lou drehte den Kopf zur Seite, gab keine Antwort.
»Das haben wir ihn auch schon gefragt«, sagte einer der Polizisten. »Er hat uns nur angelächelt, aber nichts gesagt. Nur als wir ihn nach seinem Namen gefragt haben, ob er Lou Herzberg sei, hat er genickt.«
Josi ging mit ihm in die Küche. Sie musste sich auf jeden Schritt konzentrieren, der Bienenstich im Fuß brannte. Thomas und Marina kamen hinter ihr her. Die Polizisten auch. Herr Werner brauchte ein bisschen länger mit seinen Krücken.
»Hast du Durst?«, fragte Josi.
Lou hob den Kopf und sagte: »Ja.«
»Gieß ihm mal ein Glas Wasser ein«, sagte Josi. Marina und Thomas rissen beide gleichzeitig die Schranktür auf. Thomas war ein bisschen schneller und schnappte sich ein Glas, füllte es mit Wasser. Josi spürte die Anspannung in Lous Körper, wie er sich vorbereitete, das Glas entgegenzunehmen, mit letzter Kraft. Er trank alles in einem Zug aus. Wasser rann an seinem Kinn runter und tropfte auf Josis Schulter. »Langsam«, sagte sie. »Schön langsam.« Das nächste Glas stürzte er wieder in eins hinab. Mehr wollte er nicht. Dann stieß er auf und ein Schwall Wasser kam ihm wieder hoch. Es lief Josi den Rücken hinab. Sie bekam eine Gänsehaut.
»Guck mal, was da noch mit rauskommt«, sagte Marina. Josi konnte nicht sehen, was ihr am Rücken klebte.
»Weißer Schaum«, sagte einer der Beamten.
»Wollen wir zusammen in die Badewanne gehen?«, flüsterte Josi Lou ins Ohr.
»Au ja!«, sagte Lou, ohne den Kopf zu heben, aber mit altbekannter Vorfreude.
»Gib ihn mir mal«, sagte Marina und zerrte Lou zu sich.
»Mama«, sagte Lou und klammerte sich an ihren Hals. »Du riechst so gut.«
Marina seufzte, schuckelte ihn ein bisschen, als wäre er noch ein Baby, küsste ihn immer wieder auf die Schläfe, die einzige Stelle im Gesicht, die noch sauber war. Josi war kalt ohne Lou, am Rücken klebte sein Erbrochenes. Herr Werner fragte nach einem Löffel und einer Plastiktüte und kratzte ihr was von dem Zeugs ab.
»Das werde ich im Labor analysieren lassen.«
Marina wischte Lou den Mund ab.
Josi fiel Thomas in die Arme. Ihr war es ganz egal, dass die Beamten und Herr Werner sie anstarrten. Sollten sie doch! Thomas streichelte kurz über ihre Schultern und schob sie von sich.
»Danke«, sagte er zu den Polizisten. »Wir werden mit ihm zu seiner Kinderärztin gehen.«
»Nicht ins Krankenhaus?«, fragte Herr Werner.
»Nein«, sagte Thomas. »Die Kinderärztin kennt ihn seit der Geburt. Und dann schauen wir weiter. Ich glaube, an ihm ist noch alles dran.«
»Prima. Dann ist ja die Familie wieder komplett«, sagte Herr Werner und lächelte. »Ich schaue später noch mal rein.«
Josi spürte Thomas' Zögern. »Wieso?«, fragte er. »Der Fall ist doch jetzt geklärt.«
»Nicht ganz. Wir wüssten schon gern, wo Ihr Herr Sohnemann gewesen ist«, sagte Herr Werner. »Und in Sachen Lilli Sander tappen wir ja auch noch im Dunkeln.« Das Lächeln war im Nu verschwunden. Herr Werner stützte sich auf die Krücken und setzte sich langsam in Bewegung. »Und die Tüte nehmen wir mit«, sagte einer der Polizisten.
»Was für eine Tüte?«, fragte Thomas.
»Er hatte eine Plastiktüte dabei, mit Spielsachen und einem Roboter.«
»Einem Roboter?«
Herr Werner bat den Polizisten, die Tüte zu holen. Der Beamte kam wieder, mit einer abgewetzten Aldi --Plastiktüte. Er trug Gummihandschuhe. In der anderenHand hielt er einen grauen Spielzeugroboter. »Den hatte er dabei, als wir ihn aufgabelten.«
»Das ist nicht sein Roboter«, sagte Thomas sofort.
»Ja«, sagte Josi. »Habe ich auch noch nie gesehen. Seine stehen oben in seinem Zimmer.«
»In der Tüte sind auch noch kleine Figuren und so komische Stöckchen und …« Der Beamte zog mit seiner Gummihand einen roten Riemen aus der Tasche. Ein Schuh hing daran, ein Riemchenstöckelschuh, allerdings ohne Absatz.
»Das ist ja höchst interessant«, sagte Herr Werner und betrachtete den Stöckelschuh, als hätte er so was noch nie in der Hand gehalten, auch nicht mit Absatz.
»Ich will den Roboter wiederhaben«, sagte Lou. Die Beamten warfen Herrn Werner einen fragenden Blick zu.
Herr Werner schüttelte energisch den Kopf. »Nein, mein Junge, der muss erst ins Labor!«
5:57
Es war ein ganz anderes Liegen als
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