Lulu
Töüfäl, Kräuzpataliohn …
LULU
Ich bitte dich, schweig doch!
DR. HILTI
Beim Töüfäl, äs ischt nämliach tas ärschte Mol tas iach miet einäm Mädachän gähä. Tu kchanscht miar gloubän. Sakchärmänt, iach hätä miar tas gahnz andärsch gädahcht!
LULU
Bist du verheiratet?
DR. HILTI
Hiemäl, Hagäl, worum meinscht tu, iach sei värheurotet? – Nein, iach biien Prifot-Tozänt; iach läsä Philossoffie ahn där Unifärsität. Sakchärmänt, iach bien nämliach ous einär oltän Basler Bodriziär-Fomiliä; iach ärhielt als Studänt nur zwoi Frankchen Toschängält und tas kchohntä iach bessär anwänden als füar Mädachän.
LULU
Deshalb warst du nie bei einer Frau?
DR. HILTI
Äbän ja! Äbän! Abär iach brouchä äs itzt; iach habä miach heutä Obänd värsprochän miet oinär Basler Bodriziärsdochtär. Sie ischt hiär Kchindärmädchön.
LULU
Ist deine Braut hübsch?
DR. HILTI
Ja, sie hat zwoi Millionän. – Iach bien sähr gespahnt, wia äs miach dunkchän wird.
LULU (ihr Haar zurückwerfend)
Ich habe wirklich Glück! (Sie erbebt sich und nimmt die Lampe.) Wenn es Ihnen also recht ist, Herr Privatdozent …? (Sie führt Dr. Hilti in ihre Kammer.)
DIE GESCHWITZ (zieht einen kleinen schwarzen Revolver aus ihrer Tasche und hält ihn sich gegen die Stirn)
… Komm, komm – Geliebter!
DR. HILTI (reißt von innen die Tür auf und stürzt heraus)
O verreckchte Chaib – do lit Eine drin!
LULU (die Lampe in der Hand, hält ihn am Ärmel)
Bleib bei mir!
DR. HILTI
Ä Todtnige! – Ä Liach?
LULU
Bleib bei mir, bleib bei mir!
DR. HILTI (sich losmachend)
Ä Liach lit do in – Himmel, Stärne, Chaib!
LULU
Bleib bei mir!
DR. HILTI
Wo got’s do usse? (Die Geschwitz erblickend.) Und das isch de Tüfel!
LULU
Ich bitte dich, bleib!
DR. HILTI
Chaibe, verchaibeti Chaiberei – O du ewige Hagel! – (Durch die Mitte ab.)
LULU
Bleib! – Bleib! (Sie stürzt ihm nach.)
DIE GESCHWITZ (allein, lässt den Revolver sinken)
Lieber erhängen! – Wenn sie mich heute in meinem Blute liegen sieht, weint sie mir keine Träne nach. Ich war ihr immer nur das gefügige Werkzeug, das sich zu den schwierigsten Arbeiten gebrauchen ließ. Sie hat mich vom ersten Tage an aus tiefster Seele verabscheut. – Springe ich nicht lieber von der Brücke hinunter? Was mag kälter sein, das Wasser oder ihr Herz? – Ich würde träumen, bis ich ertrunken bin. – – Lieber erhängen! – – Erstechen? – Hm, es kommt nichts dabei heraus. – – Wie oft träumte mir, dass sie mich küsst! Noch eine Minute nur; da klopft eine Eule ans Fenster, und ich erwache. – – Lieber erhängen! Nicht ins Wasser; das Wasser ist zu rein für mich. (Plötzlich auffahrend.) Da! – Da! Da ist es! – Rasch noch, bevor sie kommt! (Sie nimmt den Plaidriemen von der Wand, steigt auf den Sessel, befestigt den Riemen an einem Haken, der im Türpfosten steckt, legt sich den Riemen um den Hals, stößt mit den Füßen den Stuhl um und fällt zur Erde.) – – Verfluchtes Leben! – Verfluchtes Leben! – – Wenn es mir noch bevorstände? – Lass mich einmal nur zu deinem Herzen sprechen, mein Engel! Aber du bist kalt! – Ich soll noch nicht fort! Ich soll vielleicht auch einmal glücklich gewesen sein. – Höre auf ihn, Lulu; ich soll noch nicht fort! – (Sie schleppt sich vor Lulus Bild, sinkt in die Knie und faltet die Hände.) Mein angebeteter Engel! Mein Lieb! Mein Stern! – Erbarm’ dich mein, erbarm’ dich mein, erbarm’ dich mein!
(Lulu öffnet die Türe und lässt JACK eintreten. Er ist ein Mann von gedrungener Figur, von elastischen Bewegungen, blassem Gesicht, entzündeten Augen, hochgezogenen, starken Brauen, hängendem Schnurrbart, dünnem Knebelbart, zottigen Favorits und feuerroten Händen mit vernagten Fingernägeln. Sein Blick ist auf den Boden geheftet. Er trägt dunklen Überrock und kleinen runden Filzhut.)
JACK (die Geschwitz bemerkend)
Wer ist das?
LULU
Das ist meine Schwester, Herr. Sie ist verrückt. Ich weiß nicht, wie ich sie loswerden soll.
JACK
Du scheinst einen schönen Mund zu haben.
LULU
Den hab’ ich von meiner Mutter.
JACK
Danach sieht er aus. – Wie viel willst du? – Viel Geld hab’ ich nicht übrig.
LULU
Wollen Sie denn nicht die ganze Nacht hierbleiben?
JACK
Nein, ich habe keine Zeit. Ich muss nach Haus.
LULU
Sie können doch morgen zu Hause sagen, Sie hätten den letzten Omnibus verpasst und hätten bei
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