Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shepard Sara
Vom Netzwerk:
waren nicht viele. Sie hatte es nur mit Müh und Not durch Katze mit Hut geschafft. Sie brauchte ihre Mom für die komplizierten Wörter. Sie brauchte ihre Mom für die unterschiedlichen Stimmen. Es tat noch heute entsetzlich weh.
    Die Veranda war still. Der Wind brachte die Blumenampeln mit den Hängepflanzen und die Palmen in Schräglage. Emma starrte mit leerem Blick auf die Terrakottaskulptur der nackten Frau, mit der Travis und seine Freunde gerne Geschlechtsverkehr simulierten. Das war es also. Sie durfte nicht bis zu ihrem Highschool-Abschluss hier bleiben. Sie konnte sich nicht für ein Fotojournalismus-Studium an der USC bewerben … oder wenigstens am Community College. Sie konnte nirgendwo hin. Sie hatte keinen Menschen auf der Welt. Außer …
    Plötzlich stieg vor ihrem inneren Auge wieder das Bild aus dem Video auf. Eine lang vermisste Schwester. Ihr wurde leichter ums Herz. Sie musste sie finden.
    Und ich konnte ihr leider nicht sagen, dass es zu spät war.

3 – Wenn du es auf Facebook liest, muss es die Wahrheit sein
    Eine Stunde später stand Emma in ihrem kleinen Schlafzimmer, in dem ihre Armee-Reisetaschen offen auf dem Boden lagen. Warum mit dem Packen warten? Außerdem hielt sie ihr Handy ans Ohr und sprach mit Alexandra Stokes, ihrer besten Freundin in Henderson.
    »Du könntest doch bei mir einziehen«, bot Alex ihr an, nachdem Emma ihr erzählt hatte, dass Clarice sie nicht mehr bei sich wohnen lassen wollte. »Ich kann mit meiner Mom reden. Vielleicht ist es ja okay für sie.«
    Emma schloss die Augen. Sie war mit Alex letztes Jahr in der Querfeldeinlauf-Mannschaft gewesen. Sie waren beide am ersten Trainingstag auf einem steilen Abhang gestürzt und hatten sich angefreundet, während die Schulkrankenschwester ihre Wunden mit stark brennendem Wasserstoffperoxid desinfizierte. Alex und Emma hatten ihr gesamtes elftes Schuljahr damit verbracht, sich in Casinos zu schleichen und die Stars und ihre Doppelgänger mit Alex’ Canon-Spiegelreflexkamera zu fotografieren, durch Pfandleihhäuser zu schlendern, ohne etwas zu kaufen, und sich am Wochenende am Lake Mead zu sonnen.
    »Das wäre ein bisschen viel verlangt.« Emma nahm einen Stapel Vintage-T-Shirts aus ihrer obersten Kommodenschublade und warf sie in die Reisetasche. Sie hatte ein paar Wochen bei der Familie Stokes gelebt, nachdem Ursula und Steve abrupt nach Florida ausgewandert waren. Emma hatte es dort sehr gut gefallen, aber Ms Stokes war alleinerziehend und hatte auch ohne sie schon alle Hände voll zu tun.
    »Es ist total gemein von Clarice, dich einfach so rauszuwerfen«, sagte Alex. Leises Schmatzen ertönte durch den Hörer; wahrscheinlich mampfte sie gerade ein Stück Karamellschokolade, ihre Lieblingssüßigkeit. »Sie kann doch nicht ernsthaft glauben, dass du ihr Geld geklaut hast.«
    »Na ja, es ging nicht nur darum.« Emma nahm einen Stapel Jeans und warf ihn ebenfalls in die Tasche.
    »Was war denn noch?«, fragte Alex.
    Emma zupfte an einem losen Armee-Aufnäher auf der alten Tasche. »Das kann ich dir jetzt nicht erklären.« Sie wollte Alex nicht von dem Video erzählen, das sie gesehen hatte, sondern es für sich behalten, bis sie herausgefunden hatte, ob es echt war. »Aber ich sage es dir bald, okay?«
    Nachdem Emma aufgelegt hatte, setzte sie sich auf den Teppich und schaute sich um. Sie hatte ihre Drucke von Margaret-Bourke-White- und Annie-Leibowitz-Fotografien von den Wänden genommen und ihre Sammlung klassischer Literatur und Science-Fiction-Thriller aus den Regalen geräumt. Das Zimmer sah jetzt aus wie ein Raum in einem Stundenhotel. Sie starrte in die offene Kommodenschublade, die ihre Lieblingsgegenstände enthielt. Die Sachen, die sie zu jeder neuen Pflegefamilie mitnahm. Da lag die handgestrickte Monsterpuppe, die ihre Klavierlehrerin Mrs Hewes ihr geschenkt hatte, als sie »Für Elise« fehlerfrei spielte, obwohl sie zu Hause kein Klavier zum Üben gehabt hatte. Sie hatte auch ein paar alte Schnitzeljagd-Hinweise von Becky aufgehoben, das Papier war abgegriffen und zerfiel beinahe. Außerdem gab es noch Socktopus, den abgewetzten Stoff-Oktopus, den Becky Emma auf einem Ausflug nach Four Corners gekauft hatte. Ganz unten in der Schublade lagen ihre fünf in Leinen gebundenen Tagebücher. Sie waren mit Gedichten, den Ungesagten Retourkutschen, Listen über die besten Flirtstrategien und Dinge, die sie liebte oder hasste, gefüllt. Außerdem noch mit detaillierten Bewertungen aller Secondhand-Shops der

Weitere Kostenlose Bücher