Macabros 008: Die Geister-Höhlen
sich aus seinem
geheimnisvollen Zwischenreich.
»Mir wird angst und bange. Bis ich eine eigene Fahne hier
habe, werden andere gekommen sein, die Marlos ihr eigen
nennen.«
Ein Seufzen erklang in ihm. »Aber niemand wird davon
erfahren, denn niemand wird sie sehen.«
»Dann muß einer riesige Tomaten auf den Augen haben.
Wenn der nächste Luxuskreuzer hier vorbeizieht, werden ein paar
hundert Touristen jauchzen vor Entzücken ob des
weißsandigen Palmenstrandes vor der felsigen
Küste.«
»Sie werden Dunst und Nebel sehen, die über den Wassern
schweben«, sagte die telepathische Stimme in ihm. »Sie
werden nicht mehr sehen als das Paar, das Marlos eben wieder
verlassen hat. Sie sehen nur noch das Meer. Sie schwimmen auf dem
Wasser und halten alles für einen Traum. Es gibt das Diesseits
und das Jenseits, das Reich dazwischen, die Welt der Dimensionen und
eine sichtbare und eine unsichtbare Wirklichkeit. Mit all diesen
Welten wirst du zu tun haben, Björn. Marlos gehört der
unsichtbaren Wirklichkeit an. Niemand wird die Insel sehen
können, der sie nicht sehen will. Nur der, der davon weiß.
Das bist du, und jene, denen du den Weg zeigst. Dir wurde viel
geschenkt – und dir ging doch gleich viel verloren. Molochos
tobt. Haarscharf hat er seinen Sieg verschenkt. Das Geheimnis ging
verloren – aber nicht für alle Zeiten. Ich bin auch noch
da.«
»Das ist tröstlich.«
»Wenn es meine schwachen Kräfte zulassen, werde ich bei
Gelegenheit hin und wieder einmal einen Blick dahin riskieren, wo sie
jetzt sind, die Geister von Marlos, die dir entwischt sind.
Vielleicht raunt mir der eine oder andere in einer schwachen Stunde
etwas zu. Man kann nie wissen, Björn…«
*
Hellmark zog das Flugzeug herum.
Tief jagte er über dem Wasserspiegel. Der Trimaran lag unter
ihm. Er konnte das Paar sehen. Andrew Langdon und Julia Barry, die
eben erwacht war und offensichtlich noch nicht ganz mit der neuen
Wirklichkeit zurechtkam.
Langdon winkte dem Piloten zu, der in seiner Kanzel deutlich zu
sehen war, und von dem er nicht wußte, daß es der Mann
war, der ihn aus der Höhle begleitet hatte.
Julia drückte schnell den BH ihres Bikinis an sich.
»Unverschämtheit!« rief sie. »Ich sage dir, der
Bursche zieht nur deshalb so tief seine Kreise, weil er gemerkt hat,
daß ich oben ohne bin. Wieso bin ich eigentlich oben
ohne?« wunderte sie sich.
»Du hast ein Sonnenbad genommen, meine Liebe. Ganz ohne
allerdings hast du’s nicht riskiert!« Langdon lachte.
Irgendwie gedankenverloren blickte Julia an sich herab, auf ihren
BH, den sie dann doch wieder herabnahm, als das Flugzeug nicht mehr
zurückkehrte. Sie konnte nicht wissen, was ein konstruktiver
Geist, der zu Kraft wurde, alles vermochte. Er konnte mehr als nur
einen von Dämonen zerschundenen Trimaran wieder flicken.
*
Björn Hellmark behielt recht, als er sagte, daß der
Dämonenherrscher Molochos seine Wut und Enttäuschung an
denen auslassen würde, die versagt hatten.
Nicht nur Cyril, der Dämonendiener, bekam das zu spüren.
Er wurde in die niederste Rangordnung der Geister
zurückgestoßen.
Auch Morton Clinchs Schicksal erfüllte sich.
Dickson-Clinch begegnete dem Clinch, der eigentlich – nach
der Zusage von Molochos und seines Dieners – längst unter
der Erde hätte sein müssen, weil er in seiner
ursprünglichen Wohnung einen Herzschlag erlitten hatte.
Der Mann, der aussah wie Morton Clinch sprach ihn an. Und er
verlangte seine Seele zurück.
Das war zuviel für Dickson-Clinch. Er, der aussah wie
Reginald Dickson, verlor den Verstand. Er lief zur Polizei, sagte,
daß er gar nicht der Dickson sei, den er darstellte. Er sei in
Wirklichkeit jener Morton Clinch.
Die Polizei glaubte ihm nicht.
»Aber ich bin Clinch. Der andere kann nicht Clinch
sein.« Seine Erinnerung an das Dasein, an die Erfahrungen und
die Geschäfte Reginald Dicksons schwanden immer mehr. Er dachte,
fühlte und handelte wie Morton Clinch. Aber er sah weiterhin wie
Reginald Dickson aus.
Ein Psychiater sorgte für seine Einweisung in eine
geschlossene Anstalt. Dort tobt Clinch, der aussieht wie Dickson, er
verflucht Molochos und dessen Dämonenwelt. Er trägt nun
öfter eine Zwangsjacke, denn man muß ihn vor sich selbst
schützen.
Man soll sich nicht einlassen mit denen, die aus einem finsteren
Reich auf diese Welt kommen. Sie führen nichts Gutes im
Sinn…
ENDE
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