Machtrausch
sogar im zweistelligen Bereich!« Die Konferenzteilnehmer folgten dem roten Leuchtpunkt des Laserpointers zu den Säulen mit den Marktanteilen der Alpenrepublik und registrierten, dass hierzu augenscheinlich auch Österreich zählte, obwohl Glock das Land mit keiner Silbe erwähnte. An zwei Stellen im Raum kicherte es verhalten. Kroupa sah verärgert drein und versuchte Glock mit einem seiner bekannten Wilhelm-Busch-Zitate den Angriffsschwung zu nehmen:
»Mein lieber Glock: › Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut …‹ Sie vergessen die sagenhaft hohe Gewinnmarge, die wir im letzten Jahr erwirtschaftet haben !« Sein Kontrahent ignorierte den kleinen Reim und das vereinzelte Grinsen im Raum.
»Nächste Seite bitte .« Diesmal sah man Säulen in abnehmender Größe und der Stratege fuhr fort:
»Hier sehen Sie die Vertriebseffizienz der Landesgesellschaften in abfallender Reihenfolge. Wir haben je Land die Vertriebskosten ins Verhältnis zum Umsatz gesetzt, so dass man sieht, wie viel Euro Umsatz der Einsatz eines Euros im Vertrieb bringt .« Glock hatte diese detaillierten Analyse-Folien mit dem Vergleich der Länder bewusst nicht im Hauptteil seines Vortrages gezeigt, um keine der Landesleitungen vor dem Finanzchef an den Pranger zu stellen. Dies hätte die Zustimmung zu seinem Effizienzprogramm gefährdet, die dann ja ohnehin ausgeblieben war. Glock fuhr fort:
»Was deutlich auffällt beim Vergleich der beiden Grafiken, ist, dass jene Länder mit der heute bereits höchsten Vertriebseffizienz nicht nur die wenigsten Marktanteile verloren, sondern, im Gegenteil, vereinzelt sogar Marktanteile dazugewonnen haben – wie beispielsweise Eng-land!« Am heftigen Nicken des englischen Kollegen, Peter Frey, erkannte Glock einen potentiellen Unterstützer, der sich nur noch nicht aus der Deckung wagte.
»Meine Damen und Herren: Vertriebseffizienz – leider zu häufig mit plumpem Personalabbau gleichgesetzt – und Markterfolge schließen sich also keineswegs aus, sondern bedingen sich sogar gegenseitig !« Strategische Pause und Spannung im Saal, was nun kommen würde. Mit seiner Zustimmung vorher zum Österreich-Plan hatte er die Schlacht aus Sicht der Teilnehmer ohnehin verloren, egal wie unwiderlegbar seine Ausführungen jetzt auch sein mochten.
»Ich schlage daher wie gesagt die Annahme der Idee von Herrn Kroupa vor und halte es für ein gutes Zeichen, dass mit seiner Person jemand aus Ihrem Kreis der Landesleitungen die Federführung des Programms übernehmen will. Zusätzlich empfehle ich – in Anbetracht der gerade dargelegten Fakten – neben Österreich und Italien noch einen zusätzlichen Landeschef in das Ausarbeitungsteam aufzunehmen; den Chef eines Landes, das bereits in der Praxis bewiesen hat, dass man erfolgreich Marktanteile gewinnen kann, ohne die Kosten explo-dieren zu lassen: England! Und zweitens: Ich empfehle, die Zeit für die Ausarbeitung des Alternativplanes von acht auf vier Wochen zu halbieren, da wir rein rechnerisch jeden Monat 0,1% Marktanteil verlieren. Wir müssen jetzt vor allem schnell handeln! Und drittens biete ich an, persönlich in der Arbeitsgruppe unter der Federführung von Herrn Kroupa mitzuarbeiten und meine bisherigen Überlegungen und Erkenntnisse aktiv einzubringen. Ich schlage vor, dies heute als Beschluss zu verabschieden .« Noch bevor Glock sich setzen konnte, ergriff jetzt für alle überraschend Nagelschneider das Wort und kam damit Kroupa zuvor, den es sichtlich zu einer Erwiderung drängte und der sich kaum auf dem Stuhl halten konnte.
»Ich denke«, fing der CFO gewohnt bedächtig und mit leiser Stimme an, »wir haben heute einige sehr treffende Analysen unserer Situation gesehen. Wir alle sind es dieser Firma schuldig, jetzt schnell und mit Augenmaß zu handeln. Ich meine, wir alle können dem vorliegenden Vorschlag zum weiteren Vorgehen, wie von unserem Herrn Dr. Glock gerade dargelegt, ohne Einschränkungen zustimmen. Ich bitte Sie, Herr Kroupa, diesem Kreis spätestens in einem Monat den überarbeiteten Plan vorzulegen. Sind alle einverstanden ?« Er blickte kurz in die Runde. Kroupa blieb nur noch übrig, zu nicken. Ein langes, blondes Haar löste sich dabei von seinem Mittelscheitel und landete auf dem dunklen Besprechungstisch. Der mit Haaren nicht mehr allzu üppig gesegnete Österreicher betrachtete es wehmütig. Der Finanzchef der Schuegraf AG fuhr unterdessen fort:
»Ich bedanke mich bei allen Anwesenden für
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