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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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1
    Benimm dich normal, was auch immer das heißt. Normal. So wie alle anderen. Nicht merkwürdig. Nicht wie ein Spinner. Einfach wie ein weiterer, harmloser Parkbesucher.
    Es war ein wunderschöner Tag, ein fantastisches Juniwochenende, so strahlend, dass man blinzeln musste, so mild, dass man kaum die Luft spürte. Auf dem Spielplatz herrschte ein wildes Durcheinander. Kinder kreischten und juchzten, Eltern riefen ihnen mahnende Worte zu, sämtliche Spielgeräte waren im Einsatz, kreisten und schwirrten wie bunte Turbinen, brachten die fröhliche Stimmung im Park auf Hochtouren.
    Audrey. So haben sie das Mädchen genannt. Du beobachtest sie, teilst mit ihr einen Moment unschuldigen Vergnügens, eine unverdorbene Freude, die noch nichts ahnt von der Grausamkeit der Welt.
    Manchmal fühle ich genau wie du. Als wäre ich noch ganz klein. Ein Kind, gefangen im Körper eines Erwachsenen.
    Audrey. Sie trug einen rosafarbenen Overall und eine lustig gepunktete Mütze. Ihre winzige Stirn runzelte sich konzentriert, während sie mit ihren Händchen Sand hochschaufelte und dann zusah, wie er ihr durch die Finger rann.
    Wir haben eine innere Verbindung, Audrey. Ich kann es spüren.
    Audrey. Sie blickte sich um, schaute hinauf in den Himmel,
zu den anderen Kindern im Sandkasten, zu ihrer Mutter, und eine Bandbreite von Gefühlen huschte über ihr kleines Gesichtchen, während sie langsam die Welt um sich herum entdeckte.
    »Audrey.« Ihren Namen laut auszusprechen, war riskant. Jemand konnte es hören.
    Wag bloß nicht, ihr zu nahe zu kommen. Ihre Mutter sitzt gleich daneben. Sie wird es bemerken. Sie wird mir am Gesicht ansehen, was ich für dich fühle.
    »Komm, meine Süße.« Ihre Mutter schloss sie in die Arme und hob sie hoch. »Sammy! Jason! Jason, bring Sammy mit. Auf geht’s, Jungs.« Die beiden Jungen, ein paar Jahre älter als das Mädchen, spielten drüben bei den Schaukeln. Sie sprangen mitten in der Luft ab und landeten mit großspurigen Gesten. Die Mutter ging den Jungen voraus, auf dem Arm immer noch Audrey - die kleine Audrey -, und so verließen sie den Spielplatz.
    Ich folge dir, Audrey. Wir werden uns schon bald wiedersehen.

2
    Mary Cutlers Kopf schnellte vom Kissen hoch. Der Reflex einer Mutter. Sie hatte einen unruhigen Schlaf, seit Sammy vor sieben Jahren geboren worden war. Vielleicht hatte irgendeine minimale Verschiebung in der Statik des Hauses, ein leises Knarren der Balken oder Dielen, ausgelöst durch
Druck- oder Temperaturschwankungen, sie geweckt. Sicher etwas ganz Harmloses.
    Ihr Blick fiel auf die Uhr neben dem Bett. Es war zehn nach zwei. Bald musste Frank nach Hause kommen, wahrscheinlich wie gewohnt nach Alkohol und Zigaretten stinkend, vielleicht sogar nach Parfüm. Plötzlich aufflackernde Wut riss sie kurzzeitig aus ihrer schläfrigen Benommenheit. Sie fragte sich, ob sie wohl die Energie besaß, ihn zur Rede zu stellen.
    Dann fielen ihr die Augen wieder zu. Sie gab der Erschöpfung nach. Und während sie noch mit halbem mütterlichem Ohr auf die Geräusche der Umgebung lauschte, barg sie ihr Gesicht wieder im kühlen, weichen Kissen und versank im Dämmer -
    Sie riss die Augen auf. Ihr Körper war vor Anspannung erstarrt. Ein kaltes und unheimliches Gefühl kroch in ihr hoch. Ihre Beine glitten aus dem Bett. Sie ließ die Pantoffeln links liegen und eilte mit bloßen Füßen über den Teppichboden. Panik schnürte ihr die Kehle zu, während sie den Flur hinunterhastete und die Tür aufstieß, hinter der ihr kleiner Sammy ausgestreckt auf seiner Bettdecke schlief.
    Sie hetzte quer durch die Küche auf Audreys Schlafzimmer zu und spürte, wie ihr ein kühler Luftzug entgegenwehte. Ihre Schritte beschleunigten sich, bis sie fast rannte. Und noch bevor sie das leere Bettchen entdeckte, mit der weit zurückgeschlagenen Decke, fiel ihr Blick auf das offene Fenster. Es war fest geschlossen gewesen, als sie ihre Tochter vor Stunden zu Bett gebracht hatte.
    Sie konnte sich selbst nicht schreien hören.
     
     
    Als Detective Vic Carruthers in seinem Sedan um die Ecke bog, stieß er ein verärgertes Grunzen aus. Um den Streifenwagen,
der kurz vor Carruthers eingetroffen war, hatte sich bereits eine kleine Schar von Nachbarn versammelt. Nur die übliche Neugier angesichts eines Polizeieinsatzes? Oder hatte die Nachricht bereits die Runde gemacht?
    Es war jetzt fünf Stunden her, dass die zweijährige Audrey Cutler aus dem Wohnhaus ihrer Familie verschleppt worden war - man hatte sie gegen zwei

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