Madam Baeurin
dahier, und die tugendhafte Jungfrau Rosalie Scheuflein, Rechtsratstochter aus München. Erstes Aufgebot.«
So.
Gewiß und wahr auch noch!
Wie ein Ruck geht's durch die ganze Gemeinde.
Wie hat das geheißen? – Scheuflein! – Rechtsratstochter! – Und aus München! Ja, heiratet der jetzt wirklich die Städtische? – Die Sommerfrischlerin? – Die Tochter von der alten hochmütigen Stadtmadam, von der Adligen?
Vorbei ist's mit aller Andacht und Sammlung; ein Flüstern und Murmeln geht durch die Reihen der Betenden – Ellenbogen stoßen sich, und die Blicke aller suchen die Kirchenstühle des Schiermoserhofs.
Aber weder bei den Mannsleuten noch bei den weiblichen Angehörigen des Hofes bewegt sich ein Mundwinkel, ein Auge – eine Miene.
Starr geradeaus schaut der Alte und sein Sohn, demütig gesenkt sind die Blicke der Großmutter, der Bäuerin, der Töchter und Mägde.
Und die Hochzeiterin selber ist gar nicht zu sehen.
Sie kniet hinter dem barocken Gitter über dem Hochaltar neben den frommen Frauen der Mädchenschule und blickt hinunter zu Franz.
Manchmal schielt eine von den armen Schulschwestern zu ihr hin – sonst bleibt sie ganz unbemerkt – bis nach der Kirche.
Da können es die Weibsleute der Gemeinde kaum erwarten, bis der Herr Pfarrer endlich sein Ite missa est gesungen und seinen Weihbrunn über sie gesprengt hat; sie rennen aus der Kirche wie die Geißen aus dem Stall und fangen draußen an zu schnattern wie eine Herde Gänse.
Hei, da geht's!
»Ja, was is denn jetz dös? Was hat jetz der hochwürdige Herr da verkünd't? Der Schiermoserfranzl heirat't! Jetz in der adventinga Zeit! Und a Stadtmadam heirat't er! – Ja hat jetz oana so epps aa scho g'hört!«
So ist die Red der einen.
Die Gegenred der andern aber ist die: »Ja Narr, ja Narr! So epps muaß der alt Schiermoser no auf seine alten Tag derleben und sie! – Heirat't der Bua a Stadtfrailein! – – Ja ja. Bals die Leut gar z'guat geht, nachher werdns übermütig! – Nachher taugt eahna das rechte und guate Sach nimmer. – Nachher müassens auf d' Himmelsloater steign! – Aber insa Herrgott laßt d' Baam net bis in Himmel wachsen! Der find't seine Leut scho! Und dee aa!«
Und eine Alte meint: »Jetz in heilinga Advent! Da hat er g'wiß epps ang'fangt, der Franzl! Gleichsehng tuats eahm scho, dem Hallodri! Is alleweil schon a solchener gwen!«
Worauf wieder eine andere jammernd ihre Meinung zum besten gibt: »Es is nur grad schad um den schön'n Bauernhof! Denn lang werds net dauern, nachher schwimmt er dahinab. Wia wird denn a Stadterin an Bauernhof dahaltn kinna! Wia wird denn a solchene fertig werdn!«
Aber die Reisertalerin sagt mit ihrem frömmsten Augenaufschlag: »Ah! Net fertig werdn, moanst, tuats! Die wird g'wiß und sicherlich fertig! Mit'm Haus und mit'm Hof und mit'n Sach! Und mit eahm selber aa – mit dem Deppn! – Aber es g'hört eahm net anderscht. Eahm net und die Altn aa net! Die hättn a andere Hochzeiterin aa no finden kinna als wia so a Stadtflugga. Gibt rechtschaffene Bauerndeandln grad g'nua da umanand!«
So geht das Mühlrad bei den Weibsleuten.
Und bei den Männern?
Oh! Mög keiner sagen, daß die still wären über diese Heirat! Die habens genauso notwendig wie die Weiber!
Nur daß sie nicht auf der Straße stehen bleiben wie diese, sondern den Postwirt und den obern Wirt, den Huber- und den Unterwirt heimsuchen.
Und auch sie haben Erbarmnis mit dem schönen Hof und fragen, wer wohl unter dieser neuen Herrschaft das Essen koche und den Stall richte und die Erdäpfel stecke und einernte? Und der Nachbar des Schiermoser läßt auch seine Meinung laut werden: »Mir kann si leicht denka, wia's kemma werd: Heut werdns mei Alte holn zum Brotbacka und zum Butterausrührn – und morgn mi zum Kaibeziahng. Denn die Stadtmadam mit ihrane seidigen Nerven fallt ja gwiß und sicherlich augenblickli in d' Ohnmacht und kriagt d' Kränk, bal a Kuah kalbet! O mei, o mei. Der arme Franzl. Aber wem net z'raten is, dem is aa net z'helfa.«
»Ja ja.«
Und dabei ist aus dem Alten kein Sterbenswörtl darüber herauszukriegen, wie er über die Heirat seines Sohnes denkt!
Er schmunzelt nur, trinkt gemach seine Halbe Bier, raucht seine Sonntagszigarre und macht sich danach wieder auf den Weg hinüber zum Pfarrhof, wo sein Sohn und Rosalie das Stuhlfest feiern.
Derweil stehen bei der Leitnerkramerin so an die zehn Bäuerinnen und hecheln das Brautpaar so gründlich durch, daß auch nicht ein guter Faden an ihm
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