Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
1 . KAPITEL
V orsicht, Stufe. Passen Sie bitte auf. Danke.“
Liz nahm das Ticket entgegen, das ihr ein Mann mit Sonnenbrand und Hawaiihemd hinhielt, dann wartete sie geduldig, während die Frau neben ihm in ihrer übervollen Strandtasche hektisch nach ihrer Fahrkarte kramte.
„Du hast sie doch hoffentlich nicht verloren, Mabel? Ich hab dir gesagt, du sollst sie mir geben.“
„Ich hab sie nicht verloren“, erwiderte die Frau gereizt und zog endlich das kleine blaue Kärtchen hervor.
„Danke. Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein.“ Es dauerte noch einige Minuten, bevor sich jeder gesetzt hatte und Liz an ihren eigenen Platz am Ruder treten konnte. „Willkommen an Bord der Fantasie , Ladys und Gentlemen.“
In Gedanken mit mindestens einem Dutzend anderer Dinge beschäftigt, hob Liz zu ihrer Einführung an. Ein lässiges kleines Nicken, und der Mann auf dem Pier löste die Leinen und warf sie auf das Boot. Liz startete den Motor und schaute unauffällig auf ihre Armbanduhr. Schon fünfzehn Minuten hinter dem Fahrplan! Ein letztes Mal ließ sie den Blick über den Strand wandern. Eingeölte Körper lagen ausgestreckt auf den Sonnenliegen und wirkten wie Opferdarbietungen für den Sonnengott. Länger konnte sie nicht mit der Tour warten.
Das Boot schwankte ein wenig, als Liz ablegte und Kurs Richtung Osten einschlug. Auch wenn sie mit den Gedanken meilenweit weg war, lenkte sie das Boot routiniert aufs offene Meer hinaus, ließ die Küste hinter sich. Sie hätte das Boot mit geschlossenen Augen navigieren können. Die leichte Brise spielte mit ihrem Haar und streichelte ihre Wangen warm, obwohl es noch früh am Morgen war. Am Horizont hingen einige harmlose weiße Wölkchen, die Schiffsschrauben wirbelten Gischt auf dem Wasser auf, das genau so blau war, wie die Urlaubsprospekte es versprachen. Selbst nach zehn Jahren nahm Liz nichts davon als selbstverständlich hin, vor allem nicht diese fantastische Art, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In dieser entspannten Atmosphäre lockerten sich alle Muskeln, alle Probleme verschwanden.
Hinter ihr in dem langen schlanken Boot saßen achtzehn Fahrgäste auf gepolsterten Bänken. Schon erklangen die überraschten Ausrufe über die Fischschwärme, die durch den Glasboden des Bootes zu sehen waren. Liz bezweifelte, dass auch nur einer von ihren Passagieren jetzt an die Alltagssorgen dachte, die man zu Hause zurückgelassen hatte.
„Wir kommen gleich am Paraiso-Riff vorbei“, setzte Liz mit ihrer tiefen melodischen Stimme an. „Hier kann man zehn bis fünfzehn Meter tief tauchen. Das Wasser ist klar und die Sicht exzellent, Sie werden also nicht nur Seesterne, Fächerkorallen und Schwämme sehen, sondern auch Schwärme von Pintanos sowie Barsche und Papageienfische. So ein Barsch ist zwar nicht immer unbedingt hübsch anzusehen, aber erstaunlich wandlungsfähig. Barsche werden immer als Weibchen geboren, die erst laichen, dann können sie aber ihr Geschlecht ändern und als voll funktionsfähige Männchen weiterleben.“
Liz setzte Kurs und hielt die Geschwindigkeit bei. Sie beschrieb den eleganten Engelfisch, den scheuen Schweinsfisch und den mit Vorsicht zu genießenden Seeigel. Für ihre Kunden würden diese Informationen sehr nützlich sein, wenn sie gleich beim Palancar-Riff anhielten, um zwei Stunden lang zu schnorcheln.
Liz konnte nicht mehr zählen, wie oft sie diese Tour schon gemacht hatte. Ja, es war zur Routine geworden, aber es war niemals langweilig. Sobald sie auf dem Wasser war, überkam sie immer ein Gefühl von Freiheit … der weite blaue Himmel, das endlose Meer und das leise Tuckern der Maschinen, über die sie die Kontrolle hatte. Das Boot gehörte ihr, wie auch noch drei weitere und das kleine niedrige Ziegelsteingebäude gleich am Strand, in dem ihr Tauchgeschäft untergebracht war. Sie hatte dafür geschwitzt und gearbeitet. Geschwitzt vor allem, als die Rechnungen anfangs noch astronomisch hoch waren und die Einnahmen eher spärlich flossen. Aber sie hatte es geschafft. Zehn Jahre Plackerei und harte Arbeit waren ein kleiner Preis für das, was sie jetzt ihr Eigen nennen konnte. Ihrer Heimat den Rücken zu kehren und alles Vertraute zurückzulassen war ein noch kleinerer Preis für den Seelenfrieden, den sie hier gefunden hatte.
Cozumel, das ursprüngliche mexikanische Eiland in der Karibik, tat dem Seelenfrieden gut und förderte die innere Ausgeglichenheit. Die Insel war jetzt ihr Zuhause, das einzige Zuhause, das zählte. Hier
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