Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
„In einer halben Stunde beginnt die Lesung. Wir haben vorher noch ein Live-Interview mit Radio Berlin. Tut mir leid …“
Ich nicke, lasse mein Aufnahmegerät laufen und mache noch rasch einige Fotos.
„Haben Sie eigentlich was dagegen, wenn man Sie als Macho bezeichnet?“, frage ich ganz nebenbei, während ich versuche, Pauer mit Seifried im Hintergrund aufs Bild zu bringen.
„Stört es Sie, als Emanze bezeichnet zu werden?“, fragt er zurück. Der Typ ist in den letzten Wochen durch sämtliche Talkshows getourt. Der hat auch mit Frauen zu tun gehabt, die ihn nicht von vornherein lieben.
Ich lächle. „Momentan finde ich es richtig toll. – Und wie ist das bei Ihnen?“
Er grinst. „Mir würde es gar nichts ausmachen, Sie später an der Hotelbar zu treffen.“
Was war das jetzt? Anmache, wie Frauen sie mögen? Träum schön, Kleiner! Aber das sage ich natürlich nicht. Ich grinse bloß zurück.
Wahrscheinlich gehört das alles ohnehin nur zu seinem Public-Relations-Programm, überlege ich, als ich in der U-Bahn, eingekeilt zwischen zwei lautstark telefonierenden Männern, Richtung Praterstern fahre. Wobei ich mir sicher bin, dass diese Seifried da einiges mitzureden hat. Ob er das Buch überhaupt selbst geschrieben hat? Das wird schon stimmen. Er war ja immerhin so eine Art von Journalist. Wenn auch bei einem ziemlich kleinen Privatsender in Berlin. Hat offenbar sogar ein Jahr in Wien Publizistik studiert. Habe ich zumindest der Pressemappe entnommen. Ob es, wenn er in Italien unterwegs ist, eine Pressemappe gibt, in der steht, dass er die Universität von Bologna besucht hat? Habe ich auch. Für eine halbe Stunde. Letztes Jahr. Als ich mit Oskar auf einem wunderschönen Italientrip war. Die Verlagschefin versteht sicher eine Menge von Marketing. Muss sie auch, wenn sie bei Alpha Books Karriere gemacht hat. Dafür reicht es nicht, Bücher zu mögen und vielleicht etwas Einschlägiges studiert zu haben. Bei „Alpha“ geht es um Bestseller: Die drucken mystische Geschichten über versunkene Reiche mit edlen starken Männern und wunderschönen Frauen. Knallharte Weltverschwörungsthriller, gewürzt mit jeder Menge Erotik. Oder was sie eben dafür halten. Und eben „Sei ein MANN!“. Das Buch zur Rettung der Männerwelt.
Mein Telefon läutet. Ich ignoriere es. Mir reichen die beiden neben mir, die noch immer lautstark in ihre Handys quatschen. Ich bin wieder einmal viel zu spät dran. Ich habe Jana versprochen, bei „frauen. com“ vorbeizuschauen, quasi als Gegenprogramm zum blonden Liebling der Massen. Ich hätte vor fast einer Stunde dort sein sollen.
Ein interkultureller Frauenclub in einem Haus gleich beim Praterstern. „Nicht nur für Junge“, hat mir Jana versichert. So als ob ich mich das fragen würde. Farah Seifried ist zehn Jahre jünger als ich und Chefin eines Großverlags. Thomas Pauer ist Mega-Bestsellerautor und zwei Jahre jünger als ich. Und? Ich habe keinen besonderen Bezug zu Zahlen. Oskar hat mich gestern gefragt, wie ich meinen fünfzigsten Geburtstag feiern möchte. Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht fahren wir ins Veneto. Oder wir feiern, wie auch sonst, mit meiner Freundin Vesna, ihren Zwillingen und vielleicht ein paar guten Freunden. „Willst du nichts Besonderes machen?“, hat er gefragt.
„An diesem Tag werde ich bloß um einen weiteren Tag älter“, habe ich ihm versichert und er hat mich angesehen, als würde er es nicht glauben.
Ich renne die Stufen von der U-Bahn nach oben, vielleicht erwische ich Jana ja noch. Mein Telefon läutet schon wieder. Diesmal schaue ich zumindest aufs Display. Vesna.
„Hat dich Grinse-Autor gekidnappt?“, fragt sie anstelle einer Begrüßung.
„Warum Grinse-Autor? Warum gekidnappt?“
„Du siehst nicht, wie der auf den Plakaten schaut? Wie Grinse-Katze mit blauen Augen. Oder besser: Kater. Sonst er wäre beleidigt. Will ja richtiger Mann sein. Und gekidnappt, weil du bist verschollen. Jana hat gefragt, was passiert ist. Du gehst nicht ans Telefon. Du bist nicht zu Treffen gekommen.“
„Da waren Hunderte von hysterischen Pauer-Fans, das hat einfach länger gedauert.“
„Und wie ist er?“
„Das willst du wirklich wissen?“
„Alle wollen wissen.“
„Alle sind nicht du.“
„Jetzt redest du schon wie Jana. Die ärgert sich, wenn man über sein Buch überhaupt redet. Sagt, man darf so Unsinn keine Bühne geben.“
„Also: Er ist der Typ Skilehrer auf Deutsch.“
„Darunter ich
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