Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
geht eben nicht allen Frauen um den Egotrip!“
Ich atme durch. Ich muss mich auf so einen Schwachsinn nicht einlassen. Möglichst ruhig sage ich: „Sei so gut und fotografier einfach. Okay? Mach deinen Job. Sonst muss ich dich bitten zu gehen.“
„Ist doch typisch! Genau so, wie er schreibt: Frauen glauben, alles bestimmen zu können, und sind dabei auch noch wehleidig.“ Er grinst. „Kann es sein, dass du zu wenig Sex hast?“
Ich hole tief Luft. „Ich fürchte, du hast Wichtigeres zu tun, als mit einer kinderlosen Emanze hier auf den neuen Messias zu warten. Also: Tut mir leid, ich brauche dich nicht bei diesem Interview.“
Der Chef der Fotoredaktion starrt mich fassungslos an, Mund halb offen, jetzt muss ich mir ein Grinsen verkneifen. Ist schon ganz schön, manchmal ein wenig Macht auszuüben.
„Das hat ein Nachspiel“, sagt er dann. „Ich bin der Leiter der Fotoredaktion …“
„Und das ist meine Reportage.“ Ich sage es ganz ruhig, sehe mich um. Wo ist die Verlagsfrau? Wäre dumm, wenn man mich hängen ließe. Ganz besonders nach diesem Auftritt. Als ich mich wieder zum Fotografen umdrehe, ist er verschwunden. Auch recht. Zu wenig Sex. Kinderlose Emanze. Man packt es nicht. Ist es jetzt schon ein Makel, keine Kinder zu haben? Ich habe Gismo, meine Katze. Schon ziemlich betagt inzwischen, aber gut drauf. Lässt sich nicht vergleichen, klar. Und ich habe Oskar. Samt Liebesleben. Keine Klagen diesbezüglich. Auch wenn wir natürlich älter werden und nicht immer so viel Zeit ist. Und überhaupt: Kann es nicht einfach so sein, dass wir alle leben dürfen, wie es uns passt?
Jemand tippt mir auf die Schulter. Ich zucke zusammen. Dieser idiotische Fotograf … ich werde ihm … aber es ist eine junge Frau, die mich ansieht: mehr als eins achtzig groß, schlank, mit kurzen dunklen Haaren und einem ärmellosen Kleid, das bei ihr wirkt, als wäre es ein Designerstück. Ist es ja vielleicht auch.
„Frau Valensky? Frau Seifried hat gesagt, ich soll Sie abholen, ich bin aus der Presseabteilung von Alpha Books.“
Ein Bodyguard, den der Verlag offenbar zum Schutz seines Bestsellerautors angeheuert hat, lotst uns an den Fans vorbei. Die paar Kritikerinnen mit ihren Transparenten stehen noch immer etwas abseits, niemand nimmt Notiz von ihnen. Scheint allerdings so, als wären sie daran gewöhnt. Wir folgen dem muskelbepackten Mannsbild, er ist gegen zwei Meter. Offenbar stehen sie in diesem Verlag auf Größe. Mein Oskar hätte mit seinen eins dreiundneunzig gute Chancen, als ihr Anwalt anzuheuern. Freilich würde er niemals ein T-Shirt tragen, auf dem „Sei ein MANN!“ steht. Außer im Fasching. Hat er nicht notwendig. – Oder täusche ich mich? Haben Männer wirklich das Gefühl, endlich wieder Stärke zeigen zu müssen? Oskar ist stark. Wenn auch anders. Zum Glück. – Reicht ihm das?
Hintereingang. Backstage. Eine Reihe von schmucklosen Türen. Die Pressefrau klopft an eine von ihnen, öffnet sie, ohne auf Antwort zu warten, bittet mich, einzutreten. Der Bodyguard bleibt draußen. Muskeln allein sind eben doch zu wenig, um mitreden zu können.
Künstlergarderobe, der obligate Spiegel mit Lampen und einem Stuhl davor. Bitte? Thomas Pauer ist Autor und kein Schauspieler. Na gut. Eigens gestylte Autorengarderoben dürfte es nicht geben. Er sitzt ohnehin nicht vor dem Spiegel, sondern in einer kleinen Besprechungsecke. Drei Ledersessel, in der Mitte ein Tischchen. Wohlerzogen steht er auf. Er ist kleiner, als ich gedacht habe. Auf den Pressebildern wirkt er wie ein Hüne, aber er dürfte nicht viel größer sein als ich. Die Frau neben ihm sieht kurz auf, nickt mir zu und tippt weiter in ihren Laptop.
Die schicke junge Frau aus der Presseabteilung stellt uns einander vor und entschuldigt sich dann, es gäbe eine Reihe von Terminen und Anfragen zu koordinieren. Natürlich ist Thomas Pauer ein Typ, den viele attraktiv finden. Ende vierzig, muskulös, blonde, nicht ganz kurz geschnittene Haare, blaue Augen, voller Mund, kantiges Gesicht, leicht gebräunt. Mir ist er irgendwie zu hübsch. Erinnert mich an die Typen aus der Fernsehwerbung. – Würde ich diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen? Vielleicht eine Tube Zahnpasta. Seine Zähne sind wirklich weiß, fast etwas zu weiß und ebenmäßig. Er lächelt und ich lächle zurück. Das also ist der neue Retter der Männlichkeit. Knistern tut da gar nichts. Null Sexappeal, stelle ich fest. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
„Guten
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