Magical Mystery
der Karneval vorbei sei, er sei im Augenblick aber trotzdem ganz alleine, also Samstag im Laufe des Tages möglich, aber teuer, »die können auch nicht zaubern«, so ging das immer weiter und im Kreis herum, es hatte ein bisschen was von Ochsenzoll am Nachmittag! Ich zückte irgendwann die Karte, gab ihm eine Anzahlung und legte noch zwanzig Mark in bar für die Meerschweinchenpflege obendrauf. Als ich ging, hielt er Lolek im Arm und streichelte ihn, da wusste ich die beiden Nagerfreaks in guten Händen.
Als ich ins Hotel kam, war es schon halb sieben, und ich ging gleich zu Ferdi, der machte im Jogginganzug auf, weil er zur Entgiftung ein paar Runden laufen wollte, das mache er immer, sagte er. Bei ihm im Bett lag Sigi unter der Decke und tat, als schliefe sie, während Ferdi die nötigen Entscheidungen fällte. Die sahen so aus, dass die ganze Truppe außer Dave und Hans mit dem Zug nach München fahren, Dave und Hans mit dem Auto das Merch mitnehmen und ich in Köln auf die Reparatur des Sprinters warten und damit nachkommen sollte.
»Irgendwie ist das ja schön hippiesk, aber andererseits auch ganz schön doof«, fasste Ferdi den Stand der Dinge zusammen, »jetzt fliegt uns die ganze schöne Magical-Mystery-Sache um die Ohren. Sowas geht doch nur, wenn man irgendwie zusammenbleibt!«
»Bei den Beatles ging auch alles schief«, sagte ich.
»Ja, aber das ist jetzt kein Trost«, sagte Ferdi. »Im Gegenteil.«
Ich ging zur Rezeption, um mein Zimmer um einen Tag zu verlängern. Dann half ich Ferdi, die Leute zusammenzutrommeln, was einige Zeit dauerte. Frierend, übermüdet und sich mit Taschen und Plattenkoffern abmühend, ließen sie sich von Ferdi und mir wie eine verwirrte Schar Hühner in die Straßenbahn treiben, die hier zugleich auch U-Bahn war. Mit der sollten sie zum Hauptbahnhof, Ferdi hatte sich geweigert, Taxis zu bezahlen, »Seid froh, dass ihr nicht zu Fuß nach München laufen müsst!«, hatte er gesagt. Raimund war die ganze Zeit ungewöhnlich schweigsam. Das Einzige, was er hin und wieder sagte, war: »Wir hätten auf die Frankfurter hören sollen!«
44. Die Stimme von Clean Cut 1
Ich legte mich für einige Stunden hin. Als ich aufwachte, schien die Sonne, und durch das Fenster des Fluxis wehte ein warmer Wind den Straßenlärm herein. Ich stand auf, duschte und ging hinunter. Im Fluxi gab’s keinen Kaffee, also ging ich auf die Straße und marschierte Richtung Innenstadt. Es war ein schöner Frühlingstag und die Leute auf der Straße machten einen fröhlichen, aufgeräumten Eindruck, und als ich in den kleineren Straßen der Innenstadt, wo es viele Galerien und Kunstbuchhandlungen und so weiter gab, angekommen war, ging ich in das nächstbeste Kneipen-, Café-, Galeriedingsbums, das mir vor die Füße kam. Kaum hatte ich mich gesetzt und einen Kaffee bekommen, klingelte das Mobiltelefon. Bis ich es aus meiner Jackentasche gepult hatte, hassten mich alle Leute im Laden, sie schüttelten die Köpfe und stöhnten. Was immer auch Raimund sich mit seinem Telefon an Prestigegewinn versprach, hier war es nicht zu kriegen, hier war der Funktelefonbesitzer ganz klar ein Freak, und zwar ein unsympathischer. Ich drückte so schnell es ging den grünen Knopf und hielt mir das Ding ans Ohr.
»Ja?«, sagte ich gedämpft.
»Ist da Raimund Schulte?« Es war eine Männerstimme.
»Nein.«
»Wer ist denn da?«
»Die Frage ist falsch gestellt«, sagte ich leise, es konnten ja alle mithören, in dem Laden hatten sie nicht einmal Musik, nur die elektrische Kaffeemühle, die sie hier parallel zur Espressomaschine betrieben, die machte ab und zu einen entlastenden Krach.
»Ich kann Sie schlecht verstehen, wer spricht denn da?«, sagte der Mann. Seine Stimme kam mir bekannt vor, aber richtig deuten konnte ich sie nicht, der Sound war blechern und es gab immer wieder Aussetzer in der Verbindung.
»Nein, umgekehrt, wer spricht denn da bei Ihnen?!«
»Ich ruf nochmal an«, sagte der Mann und legte auf.
Ich bekam einen Kaffee und trank ihn und irgendwann kam ich drauf: Es war die Stimme von Werner Maier gewesen, die Stimme von Clean Cut 1.
45. Schöne Grüße
Ich versuchte, schnell zu bezahlen und rauszukommen aus dem Café-, Kneipen-, Galeriedings, in dem ich saß, bevor Werner wieder anrief, aber die Frau, die bediente, war eine von der ›Ich-bin-auf-der-Arbeit-und-nicht-auf-der-Flucht‹-Sorte, und je mehr ich herumzappelte und nach ihr winkte und mein Portemonnaie hochhielt und mit den Fingern
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