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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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dämliche Hollywood-Schmonzette angesehen habt. War’s schön romantisch?«
    Jan blickte ihn kühl an. »Das war keine Hollywood-Schmonzette, sondern
Contact
mit Jodie Foster. Wegen diesem Film habe ich überhaupt erst angefangen, Astrophysik zu studieren. Ich habe ihn mindestes schon zwanzigmal gesehen und finde ihn immer noch gut. Absoluter Kult, wie du wüsstest, wenn du dich nur eine Spur fürs Kino interessieren würdest. Außerdem ist Daniel kein bisschen nichtsnutzig, sondern im Gegenteil sehr intelligent und amüsant.«
    Das Radioteleskop hatte seinen Schwenk beendet und die Warnleuchten erloschen. Die Signalanlage gab ein erneutes Klingeln von sich, Zeichen dafür, dass die Drehung geglückt und der Bewegungsvorgang abgeschlossen war.
    »Seid ihr euch näher gekommen?«, witzelte Enders, während er seine Armbanduhr nach den großen Ziffern an der Wand stellte.
    »Besteht etwa Grund zur Eifersucht?«
    Jan murmelte leise etwas, das wie
Idiot
klang und wandte sich wieder ihren Monitoren zu.
    Er fragte sich, warum er seinen vorlauten Mund nicht halten konnte, spürte er doch schon seit geraumer Zeit, dass sie mehr für ihn empfand als bloße Freundschaft. So ganz unberührt ließ ihn die Geschichte nicht. Er war auch nicht mehr der Jüngste, besaß einen Lehrstuhl am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und war überzeugter Familienvater. Dieses kleine Glück wollte er nicht dadurch aufs Spiel setzen, indem er mit einer Studentin ein Verhältnis anfing. Das Tragische war nur, dass Jan gleichermaßen klug wie hübsch war. Nein,
hübsch
war nicht das richtige Wort, entschied er. Sie war schön. Eine wahre Schönheit, die von tiefer innerer Ruhe erfüllt zu sein schien und von einem solchen Vertrauen in die Erfüllung des eigenen Schicksals, dass sie ihm manchmal vorkam wie ein Licht, das niemals zu verlöschen schien.
Gott
, wie hatte er sich früher danach gesehnt, in dem notorisch männerübersättigten Studienzweig der Astrophysik mal einer Frau über den Weg zu laufen, mochte sie auch noch so unattraktiv sein. Von einer Erscheinung wie Jan Zietlow hatte er nicht einmal zu träumen gewagt. Was ihm an ihr, abgesehen von ihrem Äußeren, am meisten gefiel, war die Unbefangenheit, mit der sie sich neuen Herausforderungen stellte. Sie verfügte über eine ganz und gar natürliche Art, mathematische Fragen anzugehen. Jan brauchte niemals über ein abstraktes Rechenproblem nachzudenken. Sie
fühlte
die Lösung, so wie jeder Mensch schon bei seiner Geburt spürt, wo oben und unten ist. Sie rechnete völlig intuitiv, so dass man fast auf den Gedanken hätte kommen können, dass sie über ein zusätzliches Sinnesorgan verfügte. Kein Wunder, dass sie Angebote von Forschungseinrichtungen aus aller Welt bekam. Dass sie sich für Effelsberg und Bonn, und damit für ihn entschieden hatte, war etwas, was er lange nicht verstanden hatte.
    Er trank den letzten Rest Kaffee und sah dem Tanz der Schneeflocken zu. Welch eine Ironie. Endlich war er am Ziel seiner Träume angelangt, hatte seinen Beruf, oder besser gesagt seine Berufung, gefunden, endlich besaß er den Job, von dem er immer geträumt hatte, war verheiratet und hatte zwei wunderbare Kinder, da trat diese Studentin in sein Leben. Diese wundersame, begehrenswerte Erscheinung. Eine Frau, so tief und rätselhaft wie der Nachthimmel selbst. Und ausgerechnet diese Frau hatte sich, wie es schien, heftig in ihn verliebt. Wäre er nur ein paar Jahre jünger und ungebunden, es hätte das Paradies sein können.
    Die Welt war einfach nicht perfekt. Perfektion gab es nur da draußen im Weltraum. Dort, wo sich aus riesigen, vielfarbigen Nebeln neue Sterne bildeten und Pulsare wie Leuchtfeuer in der Nacht glühten. Das war der Ort, an den er sich in letzter Zeit immer öfter träumte.
    »Es tut mir leid, wenn ich etwas gesagt habe, das dich verletzt hat«, murmelte er. »Ich weiß auch nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Es ist alles so kompliziert.«
    »Kompliziert? Wovon redest du?« Ihr Blick ruhte weiterhin auf dem Monitor.
    Marten räusperte sich. Er war irritiert. Wusste sie wirklich nicht, wovon er sprach, oder tat sie nur so? Nein, entschied er, sie wusste ganz genau, was hier ablief, sie wollte ihn nur aus der Reserve locken, wollte, dass er den ersten Schritt machte. Hätte er doch nur den Mund gehalten. Doch jetzt, wo er schon mal damit angefangen hatte, machte es keinen Sinn, länger um den heißen Brei herumzureden. »Ach komm schon, Jan. Ich

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