Malloreon 3 - Dämon von Karanda
wallten. Aus diesem Höllentor erklang gräßliches Gewimmere und Geheul, aber auch ein mißtönender Lobgesang.
»Und nun rufe ich den König der Hölle selbst!« brüllte der alte Mann und hob seinen krummen Stab. Die brandende Kraft seines Willens war ungeheuerlich. Der Flammenwall am Himmel schien die Sonne auszulöschen und ihren Schein durch seinen eigenen, grauenvollen zu ersetzen. Aus dem Tor erklang ein Pfeifen, das zu einem Brüllen anschwoll. Die Flammen teilten sich, und ein gewaltiger Tornado brauste zwischen den zwei Pfeilern hindurch. Immer schneller wirbelte er, und sein tiefes Schwarz wurde immer heller und schließlich zu eisigem Weiß. Schwerfällig näherte sich diese ungeheure Wolke über dem See und besann feste Form anzunehmen. Zunächst sah sie aus wie ein riesiger Schneegeist mit hohlen Augen und klaffendem Rachen. Sie war Hunderte von Fuß hoch, und ihr Atem fegte wie ein Schneesturm über die der Panik nahe Menge vor dem Altar.
»Ihr habt Eis gekostet!« rief Belgarath. »Kostet nun Feuer! Eure Verehrung des falschen Dämonenherrschers hat den König der Hölle beleidigt, darum wird er euch jetzt in ewigen Flammen rösten!« Wieder schwang er den Stab. Ein tiefrotes Glühen leuchtete in der Mitte der wallenden weißen Gestalt auf, die sich bereits dem Ufer des Sees näherte. Das rußige rote Glühen breitete sich aus, immer schneller, bis nur noch die Umrisse der Erscheinung in einem gleichmäßig breiten Streifen weiß waren. Dann hob die geisterhafte Gestalt aus Flammen und wirbelndem Eis ihre hundert Fuß langen Arme und brüllte erderschütternd. Das Eis schien zu zersplittern, und die Gestalt war ganz eine Kreatur des Feuers. Flammen schossen aus Mund und Nase, und Dampf stieg aus dem See auf, während sie sich über die letzten paar Meter vor dem Ufer bewegte.
Sie legte eine gigantische Hand mit der Innenfläche nach oben auf den Altar. Ruhig stieg Belgarath auf diese brennende Hand, und die Erscheinung hob ihn in die Luft.
»Ungläubige!« donnerte er mit gewaltiger Stimme. »Spürt nun den Zorn des Königs der Hölle über eure Abtrünnigkeit!«
Ein schreckliches Stöhnen erhob sich aus der Menge der Karandeser, gefolgt von Schreckensschreien, als der Feuergeist die andere Flammenhand nach den Menschenmassen ausstreckte. Da ergriffen alle panikerfüllt und schreiend die Flucht. Irgendwie, wahrscheinlich, weil Belgarath sich so auf die riesige Erscheinung konzentrierte, die er erschaffen hatte, gelang es dem Grolim sich seinem Bann zu entziehen und von der Plattform zu springen.
Doch Garion wartete schon auf ihn. Er streckte den Arm aus und hielt den Fliehenden auf, indem er die Hand auf dessen Brust drückte, während er mit der anderen ausholte und sie auf die Schläfe des Tätowierten schmetterte.
Der Grolim sackte zusammen. Garion fand das irgendwie außerordentlich befriedigend.
22
W elches Schiff möchtest du denn stehlen?« fragte Silk, als Garion den bewußtlosen Grolim auf den Pier legte.
»Warum fragst du mich?« Garion fühlte sich bei Silks Worten unbehaglich.
»Weil ihr, du und Durnik, diejenigen seid, die es segeln müssen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man ein Boot durchs Wasser bewegt, ohne daß es umkippt.«
»Kentert«, berichtigte Garion abwesend und betrachtete die verschiedenen Schiffe, die am Pier vertäut waren. »Was?«
»Bei einem Schiff heißt es ›kentern‹, Silk. Ein Karren kann umkippen.« »Aber es bedeutet doch das gleiche, oder nicht?« »In etwa, ja.«
»Warum dann das Getue? Wie wäre es mit dem dort?« Der kleine Drasnier deutete auf ein breitbauchiges Schiff, auf dessen Bug ein Augenpaar gemalt war.
»Nicht genügend Freibord…« Auf Silks fragenden Blick erklärte er: »Senkrechte Höhe über der Wasseroberfläche. Die Pferde sind schwer, also wird jedes Schiff, welches wir auch nehmen, tief eintauchen.« Silk zuckte die Schultern. »Der Fachmann bist du. Du klingst schon fast wie Barak oder Greldik.« Plötzlich grinste er. »Weißt du, Garion, ein Schiff habe ich bisher noch nie gestohlen. Das ist eine echte Herausforderung.« »Ich wünschte, du würdest ein anderes Wort als ›stehlen‹ benutzen. Könnten wir nicht einfach sagen, wir leihen uns das Schiff aus?« »Hast du vor, es zurückzubringen, wenn wir es nicht mehr brauchen?« »Nein, eigentlich nicht.«
»Dann ist das richtige Wort ›stehlen‹. Du bist der Fachmann, was Schiffe und Segeln betrifft. Ich bin der Fachmann, wenn es um Diebstahl geht.« Sie
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