Manchmal muss es eben Mord sein
unterwegs war – ein Zeichen, dass sie nicht tätig werden sollte?
Am besten besprach sie die Angelegenheit mit Ludwig. Andererseits traute sie sich kaum, ihm zu berichten, dass es jetzt auch mit Windisch Probleme gab. Aber was sollte sie denn machen, wenn der sich als so schwere Enttäuschung entpuppte?
»Was soll ich denn jetzt tun?«, schluchzte Jenny.
Elfie nahm die Brille ab und legte behutsam einen Arm um Jennys Schultern.
»Sie sind ja völlig durch den Wind. Wahrscheinlich haben Sie auch noch nichts gegessen.«
Resolut winkte Elfie den Ober herbei. »Zweimal Hühnersuppe bitte.«
Dann wandte sie sich wieder Jenny zu. »Jetzt stärken wir uns erst einmal. Dann sieht die Welt schon ganz anders aus.«
Jenny sah sie zweifelnd an.
»Es ist ja kein Wunder, dass Sie so schlecht beieinander sind«, fuhr Elfie fort. »Zuerst die Probleme mit Frau Schicketantz. Ich weiß, wie Ihnen das zugesetzt hat. Und kaum sind die aus der Welt, verdreht Ihnen dieser Windisch den Kopf. Das wäre für jeden von uns ein bisschen viel auf einmal.«
Elfie musterte Jenny nachdenklich. »Haben Sie schon einmal daran gedacht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen?«
»Wer soll mir schon helfen?«, murmelte Jenny. »Vielleicht irgend so ein Psychoheini?«
»Ich kenne jemanden, der Ihnen guttun würde, einen Therapeuten, der wirklich etwas von seinem Beruf versteht. Sein Vater hat mir in einer schweren Lebenskrise sehr geholfen, und Rüdiger ist genau wie er: einfühlsam, dabei voller Überzeugungskraft und menschlicher Wärme.«
Jenny hob den Kopf und sah Elfie ungläubig an. »Sie hatten eine schwere Lebenskrise? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Sie wirken immer so ruhig und ausgeglichen.«
»Ach, Jenny, im Leben eines jeden Menschen gibt es Schicksalsschläge, die er bewältigen muss. So oder so. Wie wäre es, wenn ich Sie einmal mitnähme zu einer Gruppenstunde mit Rüdiger? Zwar sind meist alle Plätze besetzt, aber Rüdiger würde für Sie sicher eine Ausnahme machen und Ihnen helfen.«
»Eine Gruppe, der ich was aus meinem Leben erzählen muss? Das kann ich nicht. Das will ich auch nicht. Das ist nichts für mich. Ganz bestimmt nicht.« Jenny schüttelte sich.
Elfie versuchte es weiter: »Ich könnte mit Rüdiger sprechen. Vielleicht kann er ein Einzelgespräch mit Ihnen führen, das Ihnen in Ihrer jetzigen Situation weiterhilft.«
Jenny zuckte die Achseln. »Wenn Sie meinen, kann ich das ja mal versuchen.«
13 Alex stand schon mit einem Bein vor der Haustür, als Lydia sie zurückrief, damit sie die Pralinenschachtel für Amadeus aus dem Schrank holte.
»Amadeus braucht unbedingt sein Morgenleckerli, und ich komme so schlecht da oben dran. Thea ist noch nicht da, und Hubertus ist ja schon zur Universität gefahren, so dass er mir nicht helfen kann. Sonst hätte ich ihn natürlich gebeten.«
Natürlich hätte sie Hubertus gebeten! Wie sie ihn ja um jede Kleinigkeit bat. Nur damit er Zeit mit ihr verbrachte. Und wie waren die Pralinen da oben in den Schrank gekommen – geflogen vielleicht? Lydia hatte sie doch selbst dorthin verbannt, damit Amadeus der Schokoladenduft nicht dauernd in die Nase stieg und er daraufhin den kostbaren Schrank zerkratzte.
Schnell verließ Alex das Haus und fuhr davon, bevor Lydia noch weitere Aufgaben für sie einfielen. Wie oft hatte sich Alex in den letzten Tagen nach ihren eigenen vier Wänden zurückgesehnt, nach der Wohnung in der Nähe des Kommissariats, in der jetzt eine junge Kollegin lebte, die vermutlich jeden Morgen pünktlich zum Dienst erschien, während sie mal wieder im Stau stand. Alex schlug mit der Hand aufs Lenkrad, aber dadurch löste der Stau sich natürlich auch nicht auf. Warum hatte sie Huberts Drängen nurnachgegeben? Na ja, an ihm lag es nicht, dass sie ihren Einzug bereute. Im Gegenteil, er war ja selbst am Boden zerstört, weil Tante Lydia ihre Zweisamkeit zunichtemachte. Manchmal tat er ihr richtig leid, weil er von seiner Tante so selbstverständlich in Anspruch genommen wurde und für gemeinsame Zeit mit Alex fast nur die Nächte übrig blieben.
Alex lächelte in sich hinein. Zumindest die Nächte waren wunderbar. Allerdings waren auch die gezählt, denn bald würde Hubert seine große Forschungsreise antreten und dann bliebe sie mit Amadeus und Tante Lydia allein. Ohne Hubert, wie sollte sie das nur überstehen?
Bei dem Gedanken daran stöhnte Alex vor Wut auf, schlug mit beiden Fäusten aufs Lenkrad und – wundersamerweise setzte sich
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