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Mann der 1000 Namen

Mann der 1000 Namen

Titel: Mann der 1000 Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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seiner eigenen Lügen. Später sprach er oft voll Zynismus darüber, wie schwierig es doch für die Reichen war, Gerechtigkeit zu erlangen.
    Bei verschiedenen anderen Gelegenheiten hatte er ebenfalls mit schnellen Sprüngen oder Verdrehungen des Geistes und Körpers reagiert. Schnell deshalb, weil ihm solche Dinge nie lange nachhingen. Selbst jetzt, während seiner blitzartigen Halbdrehung, erinnerte er sich an frühere, ähnliche Bedrohungen, doch gleich darauf wurde ihm bewußt, daß die Gestalten zu seiner Linken gar nicht so nackt waren, wie es ihm zuerst schien. Sie trugen minimale Kleidungsstücke, die einen Teil ihrer Magengegend bedeckten.
    Eine zweite, geradezu einschneidende Erkenntnis kam. Sie war so brennend, daß sie ihn tief im Innern schmerzte, so durchdringend, daß sie nur mit jenen Augenblicken des zornigsten Hasses verglichen werden konnte, die sein so rasch verletztes Wesen in der Vergangenheit so manches Mal empfunden hatte: die Erkenntnis, daß es ihm in diesem Fall auch durch einen Gerichtsprozeß nicht gelingen würde, jene Befriedigung zu erlangen, die ihn immer dann erfüllte, wenn er es einem solchen – wie er es nannte – Drecksack zeigen konnte.
    Ein wenig später, nach diversen Gedanken, einige völlig neuer Art, nach nicht weniger als dreißig Sekunden des unbequemen Kauerns und der uneingestandenen Angst, machte er sich zögernd in eine Richtung auf, die ihn von diesen Fremden wegführen würde.
    Obwohl er flink war, rannte er nicht wirklich. Etwas in ihm weigerte sich zu fliehen, sich in eine falsche Richtung abzusetzen. Es war fast, als hemme eine innere Schranke jeden seiner Schritte. Nach weniger als einer Minute, als er bemerkte, daß die anderen sich nicht beeilten, wurde sein Lauf langsamer.
    Er bewegte sich nun etwa parallel mit dem Kamm. Es war ihm klar, daß er nur über einen weiteren Hügel zum Schiff zurückkehren konnte, denn die Wilden – er hatte inzwischen festgestellt, daß sie etwas Speerähnliches mit sich führten, was auf ihre niedrige Kulturstufe hinwies – vermochten ihm ohne weiteres den Weg abzuschneiden, wenn er jenen nehmen sollte, den er gekommen war.
    Irgendwie gab seine Entdeckung ihrer Primitivität den Ereignissen für ihn eine ungefährliche Note. Seine Umgebung schien ihm nun geradezu friedlich, nur sein Raumanzug behinderte ihn.
    Kaum war ihm dieser Gedanke gekommen, schlüpfte er schon im Gehen aus ihm heraus. Da sah er eine zweite Gruppe der Halbnackten, kaum hundert Meter entfernt, sich ihm aus einer Schlucht nähern. Auch sie trugen Speere.
    Jetzt begann er zu laufen, auf eine überwucherte Wildnis zu, da ihm nun auch der zweite Hügel versperrt war.
    Das Ganze ist lächerlich, dachte er.
    Er rannte und stürzte in ein verborgenes Wasserloch. Nur mit Mühe vermochte er sich daraus zu befreien. Inzwischen hatten beide Gruppen aufgeholt. Die nächste war kaum noch fünfundzwanzig Meter entfernt.
    Sein Herz schien stillzustehen, als er ihre Gesichter sah.
    Es waren Menschen!
    Doch nicht allein das lähmte ihn einen Herzschlag lang. Irgendwie ähnelten ihre Züge den seinen. Die Mittendianer waren nicht ganz weiß, sondern schienen einer Mischung fast aller Erdenrassen entsprungen. Wie er, wie er so oft stolz betonte. Seine Urgroßmutter war Halbindianerin gewesen, eine Frau von unbeschreiblicher Schönheit. Sein Großvater heiratete ein bildhübsches Mädchen, in deren Adern chinesisches und hawaiianisches Blut floß. Stevens Vater wiederum hatte sich eine Frau deutsch-russischer Abstammung genommen, mit schwarzem Haar und unverleugbar spanischem Einschlag.
    Keuchend rannte er nun den nächsten Hügel empor, der ihm unendlich steil vorkam. Jetzt erst dämmerte ihm, wie dumm es gewesen war, alleine loszugehen. Normalerweise kamen ihm solche Gedanken überhaupt nicht. Er tat, was und wann er es wollte. Ruf doch um Hilfe, drängte etwas in ihm.
    Etwas weiter öffnete er die Lippen, die vom Keuchen ohnehin offenstanden, und stieß einen kaum hörbaren Ruf aus. Er erreichte damit nichts weiter, als die Erinnerung heraufzubeschwören, wie er sich einmal in der obersten Etage des fünfstöckigen New Yorker Herrenhaus der Masters eingesperrt hatte. Diese Etage diente der Aufbewahrung von unbenutzten Möbeln, und nur zwei der Räume waren von Dienstboten bewohnt.
    Keiner verstand damals, wie er sich überhaupt in einer der Rumpelkammern hatte einsperren können, dann dazu gehörte ein Schlüssel, der von innen umgedreht werden mußte. Schließlich sollte

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