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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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sich lustig über Bella.
    »Ich würde sie gerne mitnehmen.«
    »Ich habe schon von
Schiffskatzen gehört. Aber nicht von Schiffshunden.«
    »Sie ist sehr klein.«
    »Sie geht nicht als Katze
durch«, lacht Morgan. »Außerdem bist du sowieso zu groß für einen
Schiffsjungen. Sie müssen in die Takelage klet tern wie kleine Affen - hast
du je einen Affen gesehen, Tom? Soldat ist eher was für dich. Sei ehrlich: wie
der Vater, so der Sohn - du hast nicht hinten gestanden, als Gott die Fäuste
verteilt hat.«
    »Als o«, sagt Kat. »Mal sehen,
ob wir das richtig verstehen. Eines Tages zieht mein Bruder Tom los und
prügelt sich. Als  Strafe schleicht sich sein Vater von hinten an ihn an und
schlägt ihn womit auch immer, das aber jedenfalls schwer und vermutlich scharf
ist, und dann, als er hinfällt, sticht er ihm fast das Auge aus, gibt sich
große Mühe, ihm in die Rippen zu treten, prügelt ihn mit einem Brett, das
gerade zur Hand ist, zerschlägt ihm das Gesicht, sodass ich ihn kaum erkennen
würde, wäre ich nicht seine leibliche Schwester: Und mein Ehemann sagt, die
Lösung ist, Soldat zu werden, Thomas, zieh los und finde jemanden, den du
nicht kennst, stich ihm sein Auge aus, tritt ihm in die Rippen, töte ihn sogar und lass dich dafür
bezahlen.«
    »Ist doch besser«, sagt
Morgan, »als sich am Fluss zu prügeln, wovon niemand etwas hat. Sieh ihn dir an
- wenn es nach mir ginge, würde ich einen Krieg ausrufen, nur um ihn
anzustellen.«
    Morgan zieht seinen Geldbeutel
heraus. Er legt Münzen hin: klimper, klimper, klimper - verführerisch langsam.
    Er berührt sein Jochbein. Es
ist geprellt, intakt: aber so kalt.
    »Hör zu«, sagt Kat, »wir sind
hier aufgewachsen, bestimmt gibt es Leute, die Tom helfen würden ...«
    Morgan wirft ihr einen Blick
zu. Der sagt sehr deutlich: Glaubst du wirklich, dass es viele Leute gibt, die
es sich mit Walter Cromwell verderben wollen? Die wollen, dass er ihnen die
Tür eintritt? Und sie sagt, als hätte er seinen Gedanken laut ausgesprochen:
»Nein. Vielleicht nicht. Vielleicht, Tom, wäree es wirklich am besten, meinst
du nicht auch?«
    Er steht auf. Sie sagt:
»Morgan, sieh ihn dir an. Er sollte nicht heute Abend aufbrechen.«
    »Sollte ich doch. In einer
Stunde hat er einen sitzen, und dann kommt er wieder. Er würde sogar das Haus
in Brand stecken, wenn er glaubt, ich bin drin.«
    »Hast du alles, was du für die
Reise brauchst?«
    Er möchte sich zu Kat umdrehen
und sagen: nein.
    Aber sie hat ihr Gesicht
abgewendet, und sie weint. Sie weint nicht um ihn, denn niemand, glaubt er,
wird je um ihn weinen, dazu hat Gott ihn nicht geschaffen. Sie weint um ihre
Vorstellung davon, wie das Leben sein sollte: Sonntags nach der Kirche, alle
Schwestern, Schwägerinnen, Ehefrauen küssen und umarmen sich, geben den eigenen
und den Kindern der anderen Klapse und streicheln zugleich liebevoll ihre
kleinen runden Köpfe, die Frauen vergleichen ihre Babys und reichen sie herum,
und die Männer finden sich zusammen und reden über die Geschäfte, Wolle, Garn,
Stoffbahnen, Schiffsladungen, die verdammten Flamen, Fischereirechte,
Bierbrauen, Jahresumsatz, ein guter Tipp zur rechten Zeit, eine Hand wäscht die
andere, eine kleine Vergünstigung, ein kleiner Vorschuss, mein Anwalt sagt...
So sollte es sein, wenn man mit Morgan Williams verheiratet ist, die
Williamsens sind schließlich eine wichtige Familie in Putney... Aber es ist
nie so gekommen. Walter hat alles verdorben.
    Vorsichtig, steif richtet er
sich auf. Inzwischen tut ihm jeder Teil seines Körpers weh. Nicht so schlimm,
wie es morgen wehtun wird; am dritten Tag werden die Prellungen sichtbar und
man muss die Fragen der Leute beantworten, die wissen wollen, woher man sie
hat. Aber bis dahin wird er weit weg sein und vermutlich wird niemand Auskunft
verlangen, weil ihn niemand kennt oder sich Gedanken um ihn macht. Die Leute
werden denken, dass es normal bei ihm ist, die Spuren einer Prügelei im Gesicht
zu tragen.
    Er nimmt das Geld. Er sagt: »Hwyl, Morgan Williams. Diolch
am yr arian.« Danke für das Geld. »Gofalwch am Katheryn. Gofalwch am eich busnes. Wela i
chi eto rhywbryd. Pob Iwc.« Kümmere dich um meine Schwester. Kümmere dich um dein
Geschäft. Irgendwann sehen wir uns wieder.
    Morgan Williams starrt ihn an.
    Er grinst beinahe, würde es
tun, wenn sein Gesicht nicht davon aufreißen würde. All die Tage, die er damit
verbracht hat, in den verschiedenen Haushalten der Williamsens herumzulungern:
Haben sie etwa

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