Mark Brandis - Testakte Kolibri
ihn zu mir heran. »Kümmern Sie sich nicht um diese Wilden! Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Glück.«
Burowski fügte sich widerstrebend; er schien nicht recht zu wissen, ob er weiterwüten oder lachen sollte. Schließlich entschied er sich für das letztere und ließ sich von uns allen die Hand drücken.
Der Champagner wurde gebracht. Ich füllte gerade die Gläser, als draußen ein Transporter vorfuhr. Gleich darauf polterte Vidal herein.
»Brandis, lassen Sie alles stehen und liegen!« Sein Gesicht verriet nichts Gutes.
»Was ist los?«
Er setzte ein paarmal an. »Vargas!«
Wir sprangen auf. »Wo – wie?«
»Die alte Geschichte – auf Tiefe Zwo-Fünf. Und das schlimmste ist, daß er anfängt durchzudrehen.«
»Wann ist es passiert?«
»Gerade eben. Der ganze Verkehr ist auf Ihr Büro geschaltet.«
»Fahren Sie mich rüber!«
Während der Transporter über den Platz raste, erkundigte ich mich: »Was ist in dieser Angelegenheit bereits unternommen worden?«
»Bis wir drüben sind, muß seine genaue Position geortet sein.«
Wind war aufgekommen. Die weiße Brandung schäumte und tobte. Und irgendwo in der Tiefe des Ozeans saß Manuel Vargas mit der Nummer Neun in der tödlichen Falle.
In meinem Büro schwirrten die Gespräche bereits hin und her. Ich sagte den Tower-Leuten, sie sollten sich vorerst heraushalten, und schaltete mich ein.
»Hier spricht Brandis. Wie gut können Sie mich hören, Vargas? Kommen!«
»Brandis, holen Sie mich raus!« Die Verständigung war ausgezeichnet, wenn Vargas trotzdem schwer zu verstehen war, so lag das an seiner Aufregung. »Ich sitze fest. Kommen!«
»Nun mal ruhig, Vargas, ganz ruhig! Und keine Unbesonnenheiten!« Meine panische Angst war mir eingefallen. »Und nun versuchen Sie zu zünden. Haben Sie es versucht? Kommen!«
»Es springt nicht an, Sir. Es springt einfach nicht an. Ich habe es schon zigmal versucht. Es springt nicht an. Kommen!«
»Wie ist Ihre gegenwärtige Tiefe? Kommen!«
»Zwo-Sieben. Meine gegenwärtige Tiefe beträgt Zwo-Sieben. Kommen!«
Ich wandte mich an Vidal.
»Haben Sie die Position jetzt?«
»Sofort, Sir.«
»Und dann muß ich das Flottenkommando Pacific haben.«
Ich ging erneut auf Sendung.
»Vargas, Sie haben noch ein Sicherheitsminimum von dreihundert Metern, Vargas. Wir überlegen gerade, wie wir Sie aus der Patsche holen. Aber zuerst kommt es auf Sie an. Wenn Sie jetzt durchdrehen, ist alles verloren. Sie dürfen auf keinen Fall die Nerven verlieren. Nur nicht die Nerven verlieren, Vargas! Lassen Sie um Himmels willen die Finger vom Alarmstarter! Haben Sie mich verstanden? Kommen!«
»Ich habe verstanden, Sir. Aber das Schiff bricht auseinander. Ich bin jetzt gleich auf Zwo-Acht.« Die Verständigung wurde undeutlicher. Vargas‘ Stimme überschrie sich. »Ich glaube, ich habe Wasser im Schiff! Es läuft mir übers Gesicht. Ja, ja, es ist Wasser! Kommen!«
»Vargas, hören Sie mir gut zu! Das ist kein Wasser. Wischen Sie sich den Schweiß ab! Das ist kein Wasser – verstehen Sie! Augenblick!«
Vidal hatte mir die Position gegeben. Ich atmete auf.
»Da bin ich wieder, Vargas. Ich erhalte soeben Ihre Position. Danach beträgt die Meerestiefe bei Ihnen knapp dreitausend Meter. Also kein Grund zur Beunruhigung. Es ist alles in Ordnung. Sie lassen sich jetzt durchsinken und warten ab. Ihr Kolibri hält das aus. Ich weiß, daß er das aushält. Ich habe das selbst ausprobiert. Sie legen sich auf den Meeresgrund und unternehmen vorerst nichts. Alles weitere, was getan werden muß, wird von mir veranlaßt. Haben Sie das mitbekommen, Vargas? Kommen!«
»Ja, ja, ich habe das mitbekommen. Aber lange kann das nicht gutgehen. Kommen!«
»Tun Sie, was ich sage! Ich melde mich wieder, sobald ich kann. Bis dahin Ende.«
Stafford hatte inzwischen die Marine in der Leitung. Obwohl die Klimaanlage Kühle und Frische in den Raum pumpte, war ich naß vor Schweiß, während ich mit dem Flottenkommando Pacific sprach. Im Anschluß an dieses Gespräch rief ich noch einmal die Nummer Neun .
»Vargas, kommen!«
»Ich höre, Brandis. Was tun Sie, um mich hier rauszuholen? Kommen!«
»In einer knappen Stunde ist alles vorbei. Ein U-Boot nimmt Ihren Kolibri auf den Haken und schleppt ihn ein – überhaupt kein Problem. Behalten Sie den Kopf oben und denken Sie an angenehme Dinge! Ich fahre jetzt rüber zum Tower. Dort habe ich mehr Möglichkeiten. Ich melde mich, sobald ich drüben bin. Einstweilen Ende.«
Ich schaltete mich aus und
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