Mark Brandis - Verrat auf der Venus (Weltraumpartisanen) (German Edition)
um einen höheren Offizier, der für einen Piloten eingesprungen war, den man nicht ins Vertrauen ziehen wollte. Die Verschwörung gegen den General schien auf hoher Ebene stattzufinden.
Ich gab an Stroganow zurück: »Besser hart gelandet als überhaupt nicht, Lieutenant. Von dieser Besprechung hängen eine Menge Dinge ab.«
Drüben kam ein Mann im Raumanzug zum Vorschein. Etwas mißtrauisch setzte er seine Füße auf den staubigen Mondboden. Nach ein paar Schritten grüßte er zu uns herüber. Sein Gesicht war nicht zu erkennen; im Helmfenster spiegelte sich die Umgebung.
Er entdeckte Major Bjelowskis Fußspuren im Staub und folgte ihnen. Nachdem er im Observatorium entschwunden war, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder den Radarschirmen zu.
Aus einem mir unerklärlichen Grunde fühlte ich mich beunruhigt. Selbst meine Handflächen waren feucht. Aber auf den Radarschirmen zeichnete sich nichts Bedrohliches ab.
Es fiel mir schwer, daran zu glauben, daß jetzt, in diesen Minuten, drüben im Observatorium Informationen ausgetauscht wurden, die möglicherweise dazu beitragen konnten den Lauf der Geschichte zu verändern, daß in dieser menschenverlassenen, verpesteten Einöde Entscheidungen fielen, deren Auswirkungen von kosmischer Reichweite sein mußten. Aber die Reinigende Flamme , rot auf blauem Grund, die auf dem anderen Raumschiff prangte, war eine Realität.
Ich dachte zurück an die Tage der Machtergreifung, und meine Unruhe wuchs. Die alten Bilder fielen mir ein: Laser-Batterien, die jeden Widerstand niederbrannten; Abhörwagen in den Straßen, die jedes Gespräch, das in den Häusern geführt wurde, registrierten; schwerbewaffnete Brandstifter , die jeden Kritiker des Regimes sofort verhafteten; Tom Collins, der Fernsehkommentator, mein bester Freund, mit einer Anode im Hirn, die ihn zu einer willenlosen Marionette machte; die triumphalen Ansprachen des Generals und die plötzliche Unterwürfigkeit des gestürzten letzten Präsidenten der EAAU, Dr. Samuel Hirschmanns.
Die Reinigende Flamme war das Symbol der totalen Macht, wie sie die Menschheit noch nicht erlebt hatte, einer Macht, die die absolute Unterwerfung aller Menschen unter einen Willen und unter ein Programm forderte. Verglichen mit Smith, dem General aus Texas, waren alle Diktatoren der Vergangenheit harmlose Dilettanten. Ihre Macht hatte mehr oder minder immer nur auf den Bajonetten geruht. Smith jedoch übte seine Herrschaft zu gleichen Maßen mit den nackten Waffen der Unterdrückung wie mit den Mitteln der Wissenschaft aus.
Ich hatte sie nicht vergessen, die ferngesteuerten, auf dem Funkweg fanatisierten Soldaten der Tödlichen Garde , die sich sehenden Auges in ein Meer von Flammen stürzten, nur weil ein Befehl es so wollte. Alle Einzelheiten des nächtlichen Gefechtes hatten sich mir eingeprägt, das der Befreiung des Präsidenten aus dem saharischen Konzentrationslager vorausging, jenes Präsidenten, den man den Unbestechlichen genannt hatte, bis eine unmenschliche Operation ihn zum Diener des verhaßten Regimes machte.
Ich dachte an meine Verhaftung und an die langen Verhöre in den alten Kasematten auf der Asinara, an den Versuch der Mächtigen, mich für sie zu gewinnen oder aber zu zerbrechen, und an mein Aufatmen nach gelungener Flucht.
Die Unabhängigkeitserklärung der Venus unter dem befreiten Präsidenten Hirschmann war ein erster Akt der Opposition gewesen. Das änderte aber nichts daran, daß der General heute den halben Erdball beherrschte, und seine militärische Macht von Tag zu Tag zunahm. Lediglich die Vernichtung des gesamten Delta-Programms hatte ihn bislang daran gehindert, den Raumkrieg gegen die VOR zu riskieren.
Ich versuchte, mir einzureden, daß es der Anblick der Reinigenden Flamme war, was meine Unruhe heraufbeschwor, aber sehr überzeugend geriet dieser Versuch nicht. Immerhin hatte man versucht, mich zu entführen oder zu ermorden, und niemand konnte mir weismachen, daß es zwischen dem Attentat und diesem Flug keinen Zusammenhang gäbe. Freilich, welcher Art dieser Zusammenhang war, das konnte ich nicht ergründen.
Später wurde mir gesagt, daß ich in dieser Zeit des Wartens einen völlig kühlen und beherrschten Eindruck gemacht hatte; ich selbst erinnere mich nur meiner Unruhe und der Tatsache, daß ich vor Aufregung und Angst schwitzte.
»Sir«, erkundigte sich Lieutenant Ibaka, »meinen Sie, daß es noch lange dauern kann?«
Ich sah auf die Uhr. Seit der Landung des Kurierschiffes 608 war
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