MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
Befehl zu widersprechen. Das Glas fühlte sich heiß an unter ihren Fingern. Beinahe wäre sie zurückgeschreckt, doch der intensive Blick des Fremden hielt sie gefangen. Eine Hitzewelle durchzuckte ihren Körper, verbrannte die unnütze Hülle, bis nur noch ihr Verstand zurückblieb der sich, ausgerechnet jetzt, auf das lange zurückliegende, beinahe vergessene Schullatein aus ihrer Vergangenheit besann, bevor auch ihr Geist Feuer fing.
Victor Amarto.
Victor a marto.
Victor vom Mars.
Markus Cremer
Archibald Leech und die Invasion vom Mars
»Es war wieder eines dieser Abenteuer, an denen Archibald Leach Gefallen fand. In früheren Publikationen berichtete ich bereits, wie wir die Entführung von Jules Verne aufklärten oder wie wir 1851 die Weltausstellung in London retteten. Diesmal nahm unser Abenteuer größere Dimensionen an. Kosmische Ausmaße, um genau zu sein. Bei all diesen Ausflügen wurde ich nie um Zustimmung gefragt. Weder vorher, noch nachher. Aber der Reihe nach. Mein Name ist Sarah Goldberg und ich arbeite jetzt seit einigen Jahren mit Archibald zusammen. Warum? Sein Aussehen ist es nicht, soviel kann ich sagen. Neben seiner unbestrittenen Klugheit und Ausstrahlung fasziniert mich jedoch seine außerordentliche Verwegenheit. Obwohl wahre Tapferkeit Angst voraussetzt. Archibald ist hingegen buchstäblich angstfrei. Ein interessantes Talent, allerdings bringt dieser glatzköpfige Schmock mich damit entweder in Rage, oder in Gefahr. Wie auch immer. Ich bin es der Nachwelt und besonders den verbohrten Schmierfinken des »Great British Empire Times« schuldig, unsere Erlebnisse möglichst genau zu beschreiben.«
Persönliches Vorwort von Sarah Goldberg zur zehnten Auflage ihres autobiographischen Romans: »Die Abenteuer des Archibald Leach«.
Ein Heer aus Kerzen erhellte den Innenraum der vollbesetzten St . Paul‘s Cathedral im Herzen Londons. Sarah Goldberg stand neben Archibald Leach in einer der hinteren Reihen. Ihr weites Kleid hatte sie auf Empfehlung einer Schneiderin im East-End gekauft. Die enge Corsage bereitete ihr allerdings zunehmend Atembeschwerden. Zu allem Überfluss warteten sie bereits seit über einer Stunde auf das Erscheinen der mächtigen Monarchin Queen Viktoria. Ihre Stimmung wurde zusätzlich durch die Tatsache gedämpft, dass Archibald kein Wort zu ihrer Erscheinung geäußert hatte. Er redete über seine Erforschung des Vogelflugs und schien eher am rötlichen Dreck auf den Bodenfliesen interessiert zu sein. Sie stützte sich mit der linken Hand auf, was ein schepperndes Geräusch erzeugt. Archibald hob eine Augenbraue.
»Verzeihung«, murmelte sie und verfluchte sich dafür, nicht an ihre Prothese gedacht zu haben. Das Resultat einer verunglückten Erfindung. Zum Glück hatte sie von ihrem Vater mechanischen Ersatz erhalten.
»Werte Sarah«, flüsterte ihr Archibald ins Ohr, »die Vorzüge der Monarchie kann ich begreifen, aber diese Art der Unterhaltung wird doch etwas ... fad. Ich verfüge leider nicht über die Geduld unseres geschätzten Mister Paxton. « Er deutete auf den im Querschiff wartenden Mann.
»Er soll für seine Verdienste den Ritterschlag kriegen, also haben Sie Geduld«, gab sie zischend zurück.
»Ich hatte bereits Geduld, als ich mich zu dieser aberwitzigen Aktion habe überreden lassen. «
»Der Ritterschlag durch unsere Queen ist nicht lächerlich«, entgegnete Sarah gereizt. Hinter ihr bat eine ältere Frau um Ruhe.
»Wenn ich ihn erhalte, mag es stimmen«, erwiderte Archibald, »wenn dieser Architekt Paxton ihn für diesen Glaspalast erhält, ist es erbarmungswürdig. «
»Der Kristallpalast der Weltausstellung hat Ihnen auch gefallen«, erinnerte ihn Sarah.
Die Flügeltore der St . Paul‘s Cathedral schwangen auf und die Queen schritt schwungvoll den Mittelgang entlang. Mitglieder des Leibregiments schritten der Königin voran. Ihre hohen Bärenfellmützen verdeckten Sarah die Sicht auf die Monarchin. Ihr Blick fiel auf einen alten Mann, der eine Reihe weiter vorne stand. Seine Haltung hatte etwas Bedrohliches, wie sie fand. Er schien sich in seinen weiten Roben zu verbergen. Sie rückte ihre Brille zurecht, konnte aber nichts erkennen.
»Archibald«, flüsterte sie und stieß ihren Begleiter sanft an, »Da vorne der Mann sieht sonderbar aus, oder? «
»In der Tat«, gab Archibald zu. »Dieser Buckel erscheint nicht natürlich. «
»Weil er Kanten hat«, sagte Sarah und kniff die Augen zusammen. »Außer dem dichten
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