MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
A marto repatrio
Die Augen des Mannes glichen schwarzen Tümpeln, unendlich tief, geheimnisvoll und gefährlich. Ein sardonisches Grinsen zierte sein kantiges Gesicht, überdeckte seine unbestreitbare Attraktivität, ließ ihn allwissend und ein wenig bösartig erscheinen. Gleichzeitig nahm ein rötlicher Schimmer auf den hohen Wangenknochen seinen Zügen die inhärente Strenge, ausgedrückt durch ein unbeugsames, beinahe rechteckiges Kinn. ‚Ich kenne dich und all deine Sünden’, flüsterte sein leicht geöffneter, unproportional breiter Mund einem unbedachten Beobachter zu. ‚Vor mir kannst du nichts verbergen.’ Einzig das enge Jackett in einem auffälligen Türkiston, das seine breiten Schultern bedeckte, lockerte das düstere Bild ein wenig auf, auch wenn der Schnitt nichts glich, was die Londoner Gesellschaft des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts je zu Gesicht bekommen hatte.
Victor Amarto stand auf einer schmalen, goldenen Plakette unter dem barock wirkenden Gemälde. Keine Erklärung was diesen Mann auszeichnete, oder warum sein Porträt ausgerechnet in diesem engen, überfüllten Vorzimmer eines heruntergekommenen Hauses in Marylebone hing.
Allerdings könnte jeder unwissende Mensch, der über die Schwelle dieses erwürdigen Domizils schritt, sich genauso gut fragen, was Lucinda Granville, einzige Tochter des vermögenden Waffenexporteurs Marcus Granville, an einem solchen Ort verloren hatte. In diesem Moment interessierte niemanden die Antwort auf diese Frage mehr als Lucinda Granville selbst.
Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich eine Strähne ihres pechschwarzen Haares aus der Stirn und stellte dabei erfreut fest, dass ihre Finger kaum zitterten. Wenn ihre ohnehin blassen Züge noch ein wenig bleicher wirkten als gewöhnlich, so schien es ihrer Zofe Lissy, die händeringend neben ihr saß, nicht aufzufallen. Unermüdlich brabbelte das Mädchen vor sich hin, versuchte ihre Herrin dazu zu bringen, in das luxuriöse Stadthaus ihres Vaters in Mayfair zurückzukehren, bevor der gnädige Herr ihre Abwesenheit bemerkte.
„ Er wird böse mit Ihnen sein“, wimmerte sie gerade, grub ihre schmalen, weißen Finger tief in die Falten des einfachen, dunkelgrünen Überwurfs, der ihre zierliche Form bedeckte. Auch wenn sie es niemals zugeben würde. Sie beneidete die junge Frau um ihre schlanke, feingliedrige Figur. Ihr Vater wurde niemals müde zu erwähnen, dass Lucinda seit ihrem zweiten Lebensjahr niemand mehr als fragil oder zierlich beschrieben hatte. Vorzugsweise dann, wenn sie ein Abendessen für seine Geschäftspartner ausrichtete und er wieder einmal zu tief ins Glas geschaut hatte. Eine gute Pointe interessierte Marcus Granville stets mehr, als der Stolz seines einzigen Kindes.
„ Sie werden sich wieder streiten und diesmal wird er mich bestimmt vor die Tür setzen!“
‚ Wenn sie nicht so eine loyale Seele wäre, hätte ich das schon längst selber getan.’ Lucinda unterdrückte mühsam ein entnervtes Stöhnen. „Das wird er nicht“, versuchte sie das aufgebrachte Mädchen zu beruhigen. „Er wird nichts von unserem Besuch hier erfahren. Gleich fahren wir zu Rebeccas Haus zurück und er wird denken, wir waren den ganzen Vormittag lang dort.“
Lissy wirkte nicht wirklich überzeugt, unterließ aber jeden weiteren Kommentar, als ein strafender Blick aus den eisblauen Augen ihrer Herrin sie unvorbereitet traf. Sichtlich bestürzt wandte sie sich ab und schwieg fortan. Lucindas Mundwinkel hoben sich, doch keine Freude zeigte sich in den eisigen Tiefen. Oft reichte ein missbilligender, durchdringender Blick aus, um selbst gestandene Männer nervös zu machen. Ihr entging kaum etwas. Sie bemerkte jede Lüge, die diese ihrem leichtgläubigen Vater auftischten. Gemeinsam mit ihrer gefürchteten spitzen Zunge und ihrer exzentrischen Art, machte sie diese Tatsache zu einem unbequemen, für den alten Herren unverzichtbaren, wenn auch nicht offiziell benannten Geschäftspartner.
„ Wärest du als Mann geboren, so würde dir die Welt zu Füßen liegen.“
Die bitteren Abschiedsworte ihres einstigen Verlobten, Andrew Stewart, kamen ihr erneut in den Sinn. Dafür, dass er ein erfolgreicher amerikanischer Waffenhändler war und den Ruf eines knallharten Verhandlungsgenies besaß, hatte er ein erstaunlich dünnes Fell, wenn es um private Angelegenheiten ging.
„ Wer will schon ein Weib haben, das mehr Mann als Frau ist?“
‚ Wer will schon einen weinerlichen Versager
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