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Mathilde Möhring

Mathilde Möhring

Titel: Mathilde Möhring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mal damit scheitern, es kann auch mal schiefgehn.«
    »Gewiß. Alles kann mal schiefgehn, und die sich dadurch einschüchtern lassen, die sitzen still und tun gar nichts. Schiefgehn; ich würde warten, bis es soweit ist. Bis dahin aber würde ich mich freun, wenn einer für mich sorgt. Silberstein, der so schrecklich gebildet ist, spricht immer von deiner Iniative.«
    »Ja. Und es ist mir mitunter sehr fatal, wenigstens wenn du dabei bist. Aber ich bitte dich, habe nicht zuviel.«
     
Vierzehntes Kapitel
     
    Seit dem Artikel in der Hartungschen hatte sich Hugos Stellung in Woldenstein und Umgegend noch erheblich verbessert. Auch der katholische Lehrer war gewonnen, nachdem auf Thildens Anregung eine Gehaltszulage beantragt und bewilligt war. Thilde freute sich ihrer Errungenschaften und gab ihrer Freude auch dadurch Ausdruck, daß sie sich modisch kleidete, wobei Silberstein, der oft nach Posen und Breslau fuhr, mit Rat und Tat helfen mußte. Die Ressource leitete Beziehungen ein, und ein Erscheinen im landrätlichen Hause war in hohem Maße wahrscheinlich. Es setzte sich mehr und mehr die Meinung fest, daß sie sehr klug sei und immer wisse, was in der Welt los sei. Selbst Isenthal gab zu, »sie höre das Gras wachsen«, und sagte huldigend: »Sie hat was von unsre Leut.«
    Im ganzen ließ sie sich all das aber nicht anfechten und blieb nüchtern und überlegend, und nur darin zeigte sich ein kleiner Unterschied, daß sie sich zu einer gewissen Koketterie bequemte und auf Hugo einen gewissen Frauenreiz ausüben wollte. Sie ging darin so weit, daß sie die Ampel vom Flur her in das Schlafzimmer nahm und zu Hugo bemerkte: »Draußen im Flur hat sie nun ihre Schuldigkeit getan. Schade, daß das Rosa wie gar nichts aussieht; es müßte Rubinglas sein. Man kriegt dann so rote Backen. Die gute Schmädicke! Was wohl Mutter sagen würde...«
    »Ja«, sagte Hugo, »die würde sich freun über dich. Und ich habe mir's auch überlegt, ob wir sie nicht zum Fest einladen sollen.«
    »Nein, Hugo, dazu haben wir's denn doch noch nicht. Und sie müßte doch Zweiter fahren oder wenigstens von Bromberg aus. Und dann, es geht auch überhaupt nicht. Wir müssen für sie sorgen, natürlich müssen wir das, denn sie is doch [eine] gute alte Frau und immer allein und bloß die Runtschen um sich her, was kein Vergnügen ist...«
    »Nein«, bestätigte Hugo, dem bei dem bloßen Namen der alte Schrecken wiederkam.
    »Die Runtschen und die Schmädicke, die nicht viel besser ist. Aber einladen hierher geht nicht. Wir packen ihr eine Kiste, Schinken, Eier, Butter, und legen ihr vier oder sechs Pakete Thorner Kakaschinchen bei und einen schwarzen Muff, den sie sich schon lange gewünscht hat, und Gummistiefel mit Pelz, und wenn sie das auspackt, dann freut sie sich viel mehr, als wenn wir sie hier mit in die Ressource nehmen. Und überhaupt, es geht nicht. Der Landrat kann dasein oder die gnäd'ge Frau. Und nu denke dir einen Bostontisch und Mutter mit der Landrätin zusammen. Ich glaube, Mutter kann gar nicht Boston; sie hat, seit Vaterns Tod, immer nur Patience gelegt. Nein, dazu ist mir Mutter zu schade, daß sie sie hier auslachen. Und dann, Hugo, auch unsretwegen. Wir sind doch nu, was man in Büchern und Zeitungen so die ›obren Zehntausend‹ nennt, obschon Woldenstein bloß dreitausendfünfhundert hat, und was der Adel auf dem Lande ist, das sind die Honoratioren in der Stadt. Und das sind wir. Also es geht nicht. Ich denke, wir warten, bis ein Jahr um ist, und dann nimmst du Urlaub, und dann besuchen wir Muttern und können dann auch sehn, was aus Rybinski geworden ist.«
    Hugo war mit allem einverstanden. Er hatte das mit der Alten auch nur so gesagt, weil er Thilden eine Freude machen wollte. Zugleich dachte er an ein Weihnachtsgeschenk; er fand Rubinglas auch hübscher.
     
    Die Woche zwischen Weihnacht und Neujahr verging in Saus und Braus. Der Landrat, der während der letzten vier Wochen im Reichstag gewesen war, kam zurück, und eine Festlichkeit drängte die andre. Am Weihnachtsabend war erst Aufbau für die armen Kinder aller Konfessionen, wobei Thilde, die Landrätin und Rebecca Silberstein die Leitung übernahmen, am Silvesterabend war Theateraufführung in der Ressource, wo erst »Monsieur Herkules« und dann »Das Schwert des Damokles« gespielt wurde. Hugo hätte gern mitgespielt, mußte aber verzichten, weil es sich nicht passe. Silberstein gab den Buchbindermeister Kleister und erfuhr, daß sein Spiel an Döring

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