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Mathilde Möhring

Mathilde Möhring

Titel: Mathilde Möhring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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einen andern Fuß, und Woldenstein hört auf, ein Nest zu sein, und wird eine Stadt, und vielleicht ziehen sie hier mal eine Division zusammen und machen ein Kavalleriemanöver, und wenn der General bei uns wohnt, so hast du den Kronenorden weg, du weißt nicht wie...«
    Hugo bückte sich, um einen Rittersporn zu pflücken und Thilden in den Gürtel zu stecken.
    »Und sieh, Hugo, so mußt du's anfangen. All dies kleine Zeug, was ihr da immer durchsprecht, damit zwingst du's nicht: das kann jeder. Aber immer auf dem Auskiek, immer sehen, was so dem Ganzen zugute kommt, damit zwingst du's, und das is, was ich die ›Ideen‹ genannt habe. Die Welt kann nicht jeder auf einen höhren Fleck bringen, aber Woldenstein so weit zu bringen, daß es alle Woche mal in der Zeitung steht und daß die Menschen erfahren, ›es gibt einen Ort, der heißt Woldenstein‹ – ja, Hugo,
das
ist möglich, und das ist in deine Hand gegeben...«
    »Oder in deine«, lächelte Hugo. »Aber du hast recht, wir wollen's versuchen.«
     
Dreizehntes Kapitel
     
    In dieser Weise gingen die Unterhaltungen, die Thilde mit Hugo führte, wenn dieser vom Rathaus in seine Wohnung zurückkehrte. Gegen den Herbst hin ward auch die Ampel jeden Abend herabgelassen und ein Unschlitt-Licht hineingesetzt, was so wunderbar leuchtete, daß niemand vorüberging, der nicht einen Blick hinein getan hätte. »Die Berliner haben doch einen Schick für so was.« Rebecca Silberstein drang in den Vater, auch dergleichen anzuschaffen. Er war aber dagegen. »Rebecca, wenn er kommt (ich sage nicht wer), dann sollst du haben die Ampel, und nicht Rosa sollst du haben, du sollst sie haben in Rubin und sollst haben, wenn du schläfst, einen himmlischen Glanz.«
    Rebecca war unzufrieden über dies Hinausschieben, aber sie war beinah die einzig Unzufriedne in der Stadt, alle andren freuten sich über ihr neues Stadtoberhaupt, und Silberstein, der viel las und immer sehr gebildet sprach, sagte: »Er hat die Iniative. Das Initative hat jeder, aber die Iniative, das ist es, was den höhren Menschen von dem niedren unterscheidet.«
    Isenthal, der immer widersprach, widersprach auch in diesem Fall. Aber Silberstein ereiferte sich heftig und sagte: »Sage nichts, Isenthal, oder du tust ein Unrecht und bringst es auf deinen Kopf. Ist er nicht wie Nathan? Ist er nicht der Mann, der die drei Ringe hat? Ist er nicht gerecht und sieht doch aus wie ein Apostel? Und seine Frau Gemahlin, eine sehr gebildete Frau, hat gesprochen von der Dreieinigkeit, und der Papst in Rom und Luther und Moses, die müßten aufgehn in
einem
. Und dies sei Preußen. Und sie sei gesegnet wegen der Einheit. Das hat sie gesagt, und ich sage dir: Moses bleibt, Moses hat die Priorität.«
    Alles ging gut. Nur der Landrat verhielt sich kühl, und es war ganz ersichtlich, daß er weder von der »Iniative«, die sein eignes Licht in den Schatten stellte, sonderlich erbaut war noch von Hugos Nathanschaft und seiner Gleichberechtigung der drei Konfessionen. Es kamen Begegnungen vor, in denen Hugo »geschnitten« wurde, besonders auch von der Frau Landrätin, die Tänzerin erst in Agram und dann in Wien gewesen war und sich die Festigung des christlich Germanischen zur Lebensaufgabe gestellt hatte.
    Hugo war mehr als einmal in bittre Verlegenheit geraten und hatte sich auf seinen Spaziergängen im Garten, die bis in den Spätherbst hinein fortgesetzt wurden, mehr als einmal gegen Thilde darüber ausgesprochen.
    »Du verstehst es nicht«, sagte Thilde und nahm eine Beurré grise vom Baum. »Sieh, Hugo, die Beurré grise ist noch hart, und du mußt sie vier Wochen auf Stroh legen, eh sie schmeckt. Aber noch eh die vier Wochen um sind, hab ich dir den Landrat weich gemacht. Er ist ein sehr guter Herr und eigentlich liebenswürdig von Natur, und das müßte nicht mit rechten Dingen zugehn, wenn
der
nicht zu bekehren wäre. Wer eine Tänzerin heiratet, hat immer ein weiches Herz.«
    Hugo seufzte, denn er litt unter der Gegnerschaft und sah kein Ende davon. Aber er hatte Thilden unterschätzt, und die vier Wochen waren noch nicht um und die Birne noch nicht präsentiert, als Hugo, Ende November, von einer Kreistagssitzung heimkam und von der Liebenswürdigkeit des Landrats nicht genug erzählen konnte.
    Thilde sagte kein Wort, und Hugo sah erst einigermaßen klar in der Sache, als er am selben Abend Silberstein in der Ressource traf.
    »Haben Sie schon gelesen, Herr Großmann?« sagte er zwinkernd, und als Hugo verneinte, gab er

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