Machine Gun Preacher -: Die wahre Geschichte eines Predigers, der bis zum Äußersten geht, um Kinder zu retten. (German Edition)
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Krieg und Frieden
Rebellen und Gottes Schutz
Im hohen Gras des Südsudan lauert der Tod. Von einer Sekunde auf die nächste wird die öde Landschaft überrannt: Hunderte Rebellen greifen an. „Lord’s Resistance Army“ – „Widerstandsarmee des Herrn“ – nennen sie sich. Kurz: LRA. Seit Jahrzehnten überfallen sie arglose Dörfer, töten, vergewaltigen und zerstümmeln Menschen. Sie entführen Kinder, die sie zum Töten und anderen Grausamkeiten zwingen. Alles, was sich ihnen in den Weg stellt, walzen sie nieder.
Kaum einer versucht, sie zu stoppen. Regierungsbeamte oder Hilfsorganisationen wie CARE und das Rote Kreuz bleiben den Krisengebieten lieber fern. Die Dorfbewohner sind sich selbst überlassen. Ständig leben sie in Angst. Friedliche Nächte im Busch kennen sie nicht.
Sobald die Hitze des Tages einer sanften Abendbrise weicht, wandern die Kinder vom Land in die Stadt. Schon von Weitem hört man sie kommen.
„Bleibt zusammen!“, rufen sie ihren Freunden, Brüdern und Schwestern zu.
Es dämmert. Mit den letzten Sonnenstrahlen taucht am Horizont ein wirbelndes Durcheinander von farbenfrohen Kleidern auf, umrahmt von den dunklen Weiten des afrikanischen Himmels. Einige Kleidungsstücke sind kaum mehr als Lumpen. Aber sie heben sich hell ab von den verschrammten Holztüren, die sich Abend für Abend öffnen, um den Kindern Zuflucht zu gewähren: in einem Schulraum oder im Garten eines Krankenhauses.
Ein Lied in der Nacht
Kinder sind und bleiben Kinder. Die Luft ist erfüllt von Lachen. Spielkameraden spielen Fangen, bis es zu voll wird im Raum. Strahlende Gesichter und funkelnde Augen zeigen wenig Anzeichen von Furcht. Für eine weitere Nacht sind sie in Sicherheit. Routine schleicht sich ein. Jeder Abend wird ein Abenteuer und jede Nacht ein Spaß. Erwachsene sind nicht anwesend. Aufpasser oder Wächter gibt es nicht. Die Kinder behalten sich gegenseitig im Auge.
Eine kleine, aber zuversichtliche Stimme beginnt zu singen, klar und glockenhell in der Nacht – auf Englisch mit einem klingenden afrikanischen Akzent:
Steh niemals fern von Gott,
Steh niemals fern – Halleluja!
Steh niemals fern von Gott,
Steh niemals fern.
Sofort stimmen andere mit ein. Jeder kennt dieses Lied. Und die volle afrikanische Harmonie, die sich im Laufe der Jahre an die einfache Melodie des Westens angepasst hat, erfüllt den Raum. Es gibt eine Leitstimme in dem Chorus, die den Text hin und her pendeln und von der Wand abprallen lässt. Der Rhythmus ist energiegeladen. Voller Leben. Kleine Hände beginnen zu klatschen, einige im Takt und andere dazwischen. Im Raum wird es dunkel – Strom gibt es nicht. Doch das Lied setzt sich fort bis weit in die Nacht hinein. Schließlich legen sich die Kinder zum Schlafen nieder.
Beim ersten Licht des nächsten Morgens rollen einige ihre dünnen Schlafmatten zusammen und machen sich auf den langen Fußmarsch zurück in ihre Dörfer. Andere bleiben einfach in der Stadt. Sie verbringen den Tag auf der Straße und betteln um Essen, bis die Dämmerung einsetzt und sie wieder ihren Schlafplatz aufsuchen.
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Der Kampf um Sicherheit
Als ich nach Afrika zurückkehrte, glaubte ich, ich könnte den Menschen dort – vor allem den Kindern – am besten helfen, indem ich Medikamente und medizinische Hilfe an Orte brachte, wo diese nicht verfügbar waren. Doch bald merkte ich, was die Kinder noch dringender brauchten: Schutz. Sie brauchten eine Oase des Friedens inmitten eines entsetzlichen, nicht enden wollenden Bürgerkrieges. Diese Oase ist nun das Kinderdorf der Shekinah Fellowship.
Der Kampf um seine Sicherheit dauert an. Vor dem Schutzzaun um die Anlage gibt es immer noch gelegentlich Schusswechsel. Immer, wenn ich in dieses Gebiet reise, rechne ich damit, aus dem Hinterhalt überfallen zu werden. Mehr als einmal habe ich erlebt, wie bei meinem Auto die Windschutzscheibe und das Seitenfenster zu Bruch gingen. Fahrzeuge wurden in die Luft gesprengt, einmal auch ein Transporter mit Lebensmitteln für das Waisenhaus. Die LRA schießt auf alles, was ihr vor die Flinte kommt.
Allerdings sind die Rebellen es nicht gewöhnt, dass zurückgeschossen wird. Sie überfallen arglose Bürger, die sich nicht wehren können. Wenn sie es dann aber mit einem Trupp bewaffneter Soldaten zu tun bekommen, die auch noch über ausreichend Munition verfügen, sind sie verblüfft. Genau das erwartet sie, wenn sie uns unterwegs angreifen.
In der Anfangsphase wurden meine Soldaten und ich im
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