Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen
Backhaus zugemacht.
[376]
Also, will hier einer stehlen,
Muß er durch den Schlot sich quälen. –
Ratsch!! – Da kommen die zwei Knaben
Durch den Schornstein, schwarz wie Raben.
[377]
Puff!! – Sie fallen in die Kist',
Wo das Mehl darinnen ist.
Da! Nun sind sie alle beide
Rund herum so weiß wie Kreide.
[378]
Aber schon mit viel Vergnügen
Sehen sie die Brezeln liegen.
Knacks!! – Da bricht der Stuhl entzwei;
[379]
Schwapp!! – Da liegen sie im Brei.
Ganz von Kuchenteig umhüllt
Stehn sie da als Jammerbild. –
[380]
Gleich erscheint der Meister Bäcker
Und bemerkt die Zuckerlecker.
Eins, zwei, drei! – eh' man's gedacht,
Sind zwei Brote draus gemacht.
[381]
In dem Ofen glüht es noch –
Ruff!! – damit ins Ofenloch!
Ruff!! – man zieht sie aus der Glut –
Denn nun sind sie braun und gut. –
[382]
– Jeder denkt: »Die sind perdü!«
Aber nein! – noch leben sie! –
Knusper, knasper! – wie zwei Mäuse
Fressen sie durch das Gehäuse;
[383]
Und der Meister Bäcker schrie:
»Ach herrje! da laufen sie!!« –
Dieses war der sechste Streich,
Doch der letzte folgt sogleich.
Letzter Streich
Max und Moritz, wehe euch!
Jetzt kommt euer letzter Streich! –
Wozu müssen auch die beiden
Löcher in die Säcke schneiden?? –
[384]
– Seht, da trägt der Bauer Mecke
Einen seiner Maltersäcke. –
Aber kaum daß er von hinnen,
Fängt das Korn schon an zu rinnen.
[385]
Und verwundert steht und spricht er:
»Zapperment! Dat Ding werd lichter!«
Hei! Da sieht er voller Freude
Max und Moritz im Getreide.
[386]
Rabs!! – in seinen großen Sack
Schaufelt er das Lumpenpack.
Max und Moritz wird es schwüle,
Denn nun geht es nach der Mühle. –
[387]
»Meister Müller, he, heran!
Mahl' er das, so schnell er kann!«
»Her damit!« – Und in den Trichter
Schüttelt er die Bösewichter. –
[388]
Rickeracke! Rickeracke!
Geht die Mühle mit Geknacke.
Hier kann man sie noch erblicken
Fein geschroten und in Stücken.
[389]
Doch sogleich verzehret sie
Meister Müllers Federvieh. –
Schluß
Als man dies im Dorf erfuhr,
War von Trauer keine Spur. –
– Witwe Bolte, mild und weich,
Sprach: »Sieh da, ich dacht es gleich!« –
– »Ja ja ja!« rief Meister Böck –
»Bosheit ist kein Lebenszweck!« –
– Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
»Dies ist wieder ein Exempel!« –
– »Freilich!« meint der Zuckerbäcker,
»Warum ist der Mensch so lecker?!« –
– Selbst der gute Onkel Fritze
Sprach: »Das kommt von dumme Witze!« –
– Doch der brave Bauersmann
Dachte: »Wat geiht meck dat an?!« –
– Kurz, im ganzen Dorf herum
Ging ein freudiges Gebrumm:
»Gott sei Dank! Nun ist's vorbei
Mit der Übeltäterei!!«
[390]
Impressum
Wilhelm Busch: Max und Moritz. Eine Bubengeschichte in sieben Streichen
Buchausgabe:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, bearbeitet und Herausgegeben v. Friedrich Bohne, Hamburg: Standard-Verlag, 1959.
Entstanden 1864. Erstdruck: München (Braun und Schneider) 1865.
Contumax GmbH & Co. KG
ISBN 978-3-86951-103-0
http://www.contumax.de/ebooks/
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