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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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schon lag. »Und du wirst eine wunderbare Mutter werden.«
    »Das hoffe ich.« Sie lachte atemlos, und es klang jung und unsicher. »Ich habe nicht viele Vorbilder, an denen ich mich orientieren könnte.«
    Caleb dachte an seine Mutter, die ihn verlassen hatte, und an seinen Vater, der seinen Kummer und Groll im Alkohol ertränkt hatte.
    »Ich auch nicht«, entgegnete er trocken.
    Doch Maggies Freude ließ keinen Raum für Zweifel.
    »Oh, deine Familie!«, rief sie. »Wir müssen es ihnen erzählen.«
    Er spürte den Stachel der Angst. »Noch nicht.«
    »Doch«, beharrte sie. »Jetzt. Ich bin so glücklich. Ich will, dass sie sich auch freuen.«
    »Maggie …«
    »Alles wird gut«, sagte sie. »Alles ist wunderbar. Was soll denn schon passieren?«
     

[home]
    16
     
    Die Anspannung in der Höhle war so deutlich spürbar wie der Dampf und der Gestank nach Schwefel. Blaues, magisches Licht floss über die feuchtkalten Wände und kräuselte sich auf der Wasseroberfläche.
    Conn hatte um Lucys willen das Licht herbeigezaubert, damit sie im Dunkeln nicht stolperte. Ihre Augen waren nicht wie Selkie-Augen dazu geeignet, unter der Erde zu sehen.
    Was auch immer er im Turm zu ihr gesagt hatte: Sie gehörte nicht hierher.
    Conn bemühte sich gewissenhaft um einen nichtssagenden Gesichtsausdruck und noch gewissenhafter um Konzentration. Lucy hatte sich das Recht verdient, bei seinen Wächtern zu stehen. Und die ganze, unangenehme Wahrheit war, dass er sie und ihre Kraft vielleicht noch brauchen würde.
    Die Kinder der See hatten keine Macht über diese Pforte zur Hölle, die von rivalisierenden Elementen geformt worden war: von Erde und Feuer. Conn und seine Wächter konnten einen ganzen Spalt zwischen den Kontinentalplatten nicht einfach verschließen. Aber sie konnten ihn versiegeln, indem sie mit Hilfe von Magie eine Art Propfen hineintrieben, so wie früher die Bauern ihre Steinhäuser mit Lehm abgedichtet hatten.
    Wenn Conn nur ihrer aller Kräfte vereinigen könnte. Er sah sich im Kreis um. Selkies waren von Natur aus Einzelgänger. Es fiel ihnen nicht leicht zusammenzuarbeiten. Selbst hier, selbst jetzt wichen die Energien vor seinem Zugriff zurück und stoben in alle Richtungen davon, wie Fische in einem Netz.
    Mit Bedacht öffnete Conn die geballten Fäuste und ließ seine Gedanken unter die trübe Wasseroberfläche des Tümpels treiben. Er schickte seinen Geist auf Wanderschaft mit der warmen, blubbernden Strömung, die in unergründliche Tiefen wirbelte, und zog seine Wächter wie eine Ankerkette im Dunkeln hinter sich her.
    Schweiß strömte ihm übers Gesicht. Brausen erfüllte seine Ohren, seinen Kopf, während sein Geist durch das schmeichelnde Wasser, durch die mineralischen Ablagerungen hinabsank.
    Seine Augen brannten, ebenso seine Lungen. Sein Geist setzte seinen Abstieg fort, während sein Körper am Rande des Tümpels wie festgewurzelt verharrte. Die Gegenwart der Wächter zerrte an ihm wie Bojen an einer Leine. Lucy schwebte über ihm wie Sonnenlicht auf dem Wasser.
    Er musste noch tiefer gehen, um die Pforte zu versiegeln.
    Hinab
durch das kochend heiße Wasser, wo die blaugrünen Algen blühten.
Hinab,
dorthin, wo die Hitze alles Leben tötete und nichts mehr gedieh, atmete, sich regte, wo nur noch Steine waren und das Wasser, das durch den Fels sickerte.
    Conns Schläfen klopften. Er war zu lange in seinem Turm gewesen, im hellen Licht, an der kalten Luft. Der Druck der Tiefen zerquetschte seine Brust. Seine Zweifel wurden wie Sediment aufgewühlt und vernebelten seinen Geist.
    Und dennoch drängte er weiter, drang er hinab, durch winzige Spalten im Fels, auf der Suche nach dem leuchtenden, geschmolzenen Faden, dem Riss in der Welt, dem Zünglein an der Waage von Erde und Feuer.
    Er konnte nicht atmen.
    Das Brüllen in seinen Ohren war nicht mehr Wasser, sondern Feuer. Rauch und Dunkel machten ihn blind. Vibrationen schüttelten ihn wie der Lärm einer sich nähernden Armee auf der Straße oder das Beben eines brennenden Hauses, bevor es unter den Flammen einstürzte.
    Man hatte ihn bemerkt.
    Jemand kam.
    Gau.
    Spürte er, nur einen Moment lang, Lucy über ihm zittern?
    »Mein Lord Conn.«
Die Stimme war in Conns Kopf, Gaus Stimme, ohne dass Lippen oder eine Zunge die Worte geformt hätten, und doch erkannte er sie wieder. Atemlos, wenn man Worte ohne Luft so beschreiben konnte. Der Dämonlord musste herbeigeeilt sein, um ihn abzufangen.
»Welche Überraschung.«
    Conns Wut loderte in einem flammenden

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