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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Film.
    Sie erschauerte.
    Er nickte. »Du brauchtest etwas zu essen. Flüssigkeit.«
    Der Raum schwankte noch immer. Es drehte ihr den Magen um. Vor Nervosität? Oder war sie seekrank?
    »Wie lange war ich bewusstlos?«
    Conn antwortete nicht.
    »Wie lange?«, wiederholte sie. Stunden?
Tage?
    Was hatte er mit ihr getan? Für sie? Unter der Decke – irgendetwas Schwerem und Warmem aus Fell – war sie fast nackt.
    Sie sah, dass er in der fast völligen Finsternis herumhantierte. Ein Streichholz kratzte und flammte auf. Warmes, gelbes, ehrliches Licht trat an die Stelle des gespenstischen, blauen Glühens. Wie dumm, sich unter diesen Umständen von einer Lampe aufmuntern zu lassen, aber das vertraute Licht tröstete sie irgendwie.
    Bis sie erkennen konnte, wie ihre Kabine aussah.
    Heiliger Strohsack.
    Es hatte den Anschein, als wäre ein Orkan durch den Raum gefegt oder eine Bombe darin explodiert. Zerbrochenes Geschirr, Bootskissen, Landkarten und Zeitschriften lagen wie Leichen nach einem Schiffbruch verstreut herum. Eine leere Kaffeemaschine und eine zerborstene Flasche rollten gemeinsam unter dem Tisch umher. Rotwein, schwarz wie Blut in der halbdunklen Kabine, bildete eine Pfütze auf dem Boden. Der säuerliche Obstgeruch in der schwülen, stehenden Luft stieg ihr zu Kopf und verursachte ihr Übelkeit.
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Sie wünschte sich eine Zahnbürste.
    Mit einer Hand stellte Conn einen Stuhl wieder auf. Sein Kopf streifte die niedrige Kabinendecke. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte er. »Dieses Schiff wurde gebaut, um Stürmen standzuhalten. Der Schaden ist weniger gravierend, als es aussieht.«
    Sie spürte einen Anflug von Empörung, was unter den gegebenen Umständen vollkommen lächerlich war. Als würde sie sich über einen zu spät gekommenen Schüler aufregen, während das Klassenzimmer in Flammen stand. »Ich wollte mich nicht entschuldigen. Ich habe ja gar nichts getan.«
    Eine Augenbraue schnellte nach oben. »Wer denn dann?«
    »Äh.« Sie starrte ihn verdutzt an. »Ich war
bewusstlos
. Ich habe nicht darum gebeten, hierherzukommen. Du musst mich wieder nach Hause bringen.«
    Er stellte einen zweiten Stuhl auf und rückte ihn einladend zurecht. »Komm. Setz dich.«
    Lucy sah misstrauisch auf den Stuhl und dann in sein Gesicht. Sie wollte ihm nicht zu nahe sein, aber wenn sie auf dem Bett sitzen blieb, würde er das vielleicht falsch verstehen.
    Eine heiße Welle färbte ihr Gesicht puterrot. Als hätte die Tatsache, dass sie sich mitten im Schulgarten von ihm hatte flachlegen lassen, ihn nicht schon davon überzeugt, dass sie eine Schlampe war.
    Sie krallte die Finger in die Decke aus weichem Fell. »Warum?«
    Conn hob den Blick von ihren Händen zu ihrem Gesicht. »Es wird eine Weile dauern, dir alles zu erklären. Ich will, dass du es bequem hast.«
    »Dann gib mir meine Kleider wieder.«
    Etwas flackerte in seinen Augen auf und war schon wieder fort, bevor sie es identifizieren konnte. »Sie sind nicht hier.«
    »Wo sind sie dann?«
    »Ich habe sie anderweitig gebraucht.«
    Sie wollte sich nicht einmal vorstellen, welche Verwendung er für Frauenkleider haben mochte.
    »Du hast versprochen, mich nach Hause zu bringen«, sagte sie.
    Bevor sie Sex zwischen Kürbissen gehabt hatten. Doch daran wollte sie auch nicht denken. Das würde sie natürlich mit keiner Silbe erwähnen.
    Und er tat das besser auch nicht.
    »Ich sagte …« Seine Stimme war kühl und klar. »Ich würde dich dahin bringen, wo du hinmusst.«
    Sie starrte ihn frustriert an. »Was für ein Mann bist du eigentlich?«
    »Ich bin kein Mann.« Er zögerte. »Ich sollte wohl besser sagen: kein Mensch.«
    Der Boden unter ihren Füßen geriet ins Wanken. Die ganze Welt geriet ins Wanken. Einen Augenblick lang befand sie sich wieder im Dunkeln, das Blut dröhnte in ihrem Kopf, und das Chaos tobte um sie her.
    Sie holte tief Luft, um ihren Geist zur Ruhe zu bringen, und fühlte, wie alles in ihr wieder an seinen richtigen Platz zurückglitt.
    In der Kabine war es still. In dem Schweigen hörte sie das Rauschen und Gurgeln des Wassers um den Schiffsrumpf und das Knarren der Takelage über Deck.
    »Vielleicht sollten wir uns beide setzen«, schlug er vor.
    Lucy zwang sich zu schlucken. Wenigstens konnte er ihr nicht zu Leibe rücken, während sie am Tisch saßen. Sie rutschte an den äußersten Rand der Matratze; nur widerstrebend wollte sie das glatte Fell loslassen. Nicht, dass sie den Leuten

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