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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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zur Hausbar. Blieb mit klopfendem Herzen stehen.
    »Lucy?«
    Sie saß aufrecht auf der Couch. Ihre Augen waren weit aufgerissen und glänzten in der Dunkelheit.
    Ärgerlich versuchte er, seine Absicht, sein schlechtes Gewissen zu verschleiern. Er hasste es, wenn sie ihn beim Trinken beobachtete. »Warum zum Henker bist du noch auf? Du solltest im Bett liegen.«
    »Sollte ich«, sagte sie. Es war unmöglich, ihrem Tonfall anzuhören, ob sie eine Frage stellte oder ihm zustimmte.
    Bart machte ein finsteres Gesicht. »Was ist denn los mit dir?«
    Sie sah aus, als würde sie ernsthaft darüber nachdenken. »Ich weiß nicht.«
    Er machte widerstrebend einen Schritt nach vorn. Sie wirkte … verändert. Blasser vielleicht, obwohl man das im Dunkeln schlecht beurteilen konnte. Sie roch, als hätte sie nach der Schule im Garten gearbeitet. Es war ein stechender, frischer Geruch wie von Sommergras. »Bist du krank oder so was?«
    »Ich könnte krank sein.«
    Seine eigene Unfähigkeit stieß ihm gallig auf.
    Er hatte nie gewusst, was er mit ihr, seinem jüngsten Kind, seiner einzigen Tochter, anfangen sollte. Wenn Alice geblieben wäre, wäre das vielleicht anders gewesen. Besser. Er hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Eine Menge Dinge wären besser gewesen.
    Er rieb seine Nase. »Hast du etwas gegessen?«
    »Nein.«
    Er wartete darauf, dass sie sich bewegte, dass sie sich von der Couch erhob, dass sie aufsprang und ihnen beiden etwas zu essen holte, wie sie es normalerweise tat.
    Er wollte, dass sie ins Bett ging, ihm aus dem Weg, aus den Augen. Er brauchte einen Drink, verdammt.
    Aber sie hörte nicht auf, ihn aus großen Puppenaugen, die nicht blinzelten, anzusehen. Festgewachsen auf seinem Platz auf der Couch.
    Mist.
    Bart stampfte in die Küche und verbrannte sich die Hand am Deckel des Schmortopfes, als er in zwei Suppenteller schöpfte, was auch immer sie heute Vormittag gekocht hatte. Chili, vermutete er.
    Er hielt ihr einen Teller hin. »Komm schon. Iss das.«
    Sie wartete, bis er seinen Löffel eintauchte und zum Mund führte, dann tat sie es ihm nach.
    Sie aßen schweigend. Er wusste nicht, was er zu ihr sagen sollte. Das hatte er noch nie gewusst.
    Sie stellte den leeren Teller auf ihrem Schoß ab. Wenigstens war an ihrem Appetit nichts auszusetzen.
    »Okay.« Bart stand auf. »Ich gehe jetzt schlafen.«
    Seine Tochter blickte ihn ausdruckslos an.
    »Ich muss früh wieder raus«, erklärte er.
    Das musste sie doch wissen. Ging er nicht jeden Morgen aus dem Haus, noch bevor sie aufwachte?
    Er war erleichtert, als sie nickte.
    »Ich sollte ins Bett gehen«, sagte sie. »Ich könnte krank sein.«
     
    Etwas war nicht in Ordnung.
    Diese Erkenntnis sickerte durch den Nebel in Lucys Gehirn. Mit trüben Augen hob sie den Kopf und strengte sich an, im Dunkeln etwas zu sehen. Sie blinzelte. Ihr Bett stand am falschen Platz.
    Ihr Bett … Ihr Zimmer … Ihr Magen schlug einen Purzelbaum. Nichts war in Ordnung.
    Seit langer, langer Zeit war nichts mehr in Ordnung gewesen.
    Aber ihr Verstand zog sich vor diesem Gedanken zurück, so wie ein Kind lernt, die Hand von einer Kerze oder Herdplatte zurückzuziehen. Wenn man sich der Gefahr nicht aussetzte, konnte man sich nicht die Finger verbrennen.
    Ihr Körper war steif und schwach, als wäre sie zu lange in derselben Position gelegen oder krank. Sie hatte geschlafen. Geträumt, wie sie als kleines Mädchen geträumt hatte, von der Stimme ihrer Mutter. Der Stimme ihrer Mutter und dem Meer. Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre er mit Stroh ausgestopft.
    Was war passiert? War sie krank? Wo war sie?
    Wo war Conn?
    Sie hatte einen fauligen Geschmack im Mund. Sie konnte etwas Speichel auf der Zunge sammeln und versuchte, zu schlucken. Zu denken. Die Luft war schwül und roch nach dem Inneren eines Spinds oder des Schranks unter der Treppe. Moderig. Abgestanden. Sie hatte das Gefühl, unter Wasser zu sein. Als ob sie nicht atmen könnte. Die Decke lastete auf ihr wie ein Sargdeckel.
    Die Matratze neigte sich. Wasser klatschte an die Wand neben ihrem Bett. Die Purzelbäume ihres Magens ergaben plötzlich einen schrecklichen Sinn.
    Sie war auf einem Schiff.
    Angst wand sich in ihr wie eine große fette Schlange. Ein
Schiff.
Das den Launen des Windes und des Wassers ausgeliefert war. Auf Gedeih und Verderb ihren eigenen Ängsten.
    Ihr Herz raste. Ihre Zähne klapperten.
    Knarz, knarz.
Von oben.
    Sie presste die Knöchel auf den Mund. Sie hasste das Wasser. Ihr würde schlecht

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