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Mein schwarzer Hengst

Mein schwarzer Hengst

Titel: Mein schwarzer Hengst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Schwarz
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geschlossen. Er kämpfte gegen die Tränen an.
    „Dann taten sie das, was sie immer taten, wenn alles vorbei war“, fuhr er fort, und sein Gesicht war wie aus Stein. „Die Älteren nahmen sich die Frauen vor. Junge Mädchen, alte Frauen, das war denen ganz egal. Am begehrtesten war aber meine wunderschöne Mutter. Bei ihr wollte jeder seinen Anteil.“
    Er verstummte, und ich sagte auch nichts. Wenn ein Ju nge so etwas mitansehen musste, empfand er Sex vermutlich als keine so wundervolle Sache.
    „Ich musste zuschauen, die anderen zwangen mich. Dann wollten sie sogar, dass ich es selber tue. Haben mich nackt auf sie draufgeschubst, als sie kaum noch bei Bewuss tsein war. Sie haben gelacht, weil sie dachten, ich hätte eine Erektion, aber das war eben nur mein Ding, das war schon damals ziemlich lang. Ich hab mich so geschämt.“
    Und jetzt schämte ich mich, weil ich seinen Penis so ve rgötterte. Ich hatte als selbstverständlich angenommen, dass Marcus ein sexuelles Raubtier war, das voller männlichem Stolz jedes Weibchen begattete, das sich ihm anbot. Dabei war Marcus Wright ein menschliches Wesen und kein Stück Fleisch. Ich hoffte, dass er mir vergeben konnte.
    „Ich konnte mich losreißen“, erzählte Marcus schließlich, „irgendwie hab ich es geschafft zu fliehen. Sie haben mich wohl auch nicht so wichtig genommen. Dann bin ich bei einer Rebellentruppe gelandet, und die haben mich aufgenommen. Bei den Rebellen gab es viel weniger Kindersoldaten als bei Taylors Mördertruppe, aber auch bei uns kam es vor. Sie hatten ursprünglich vor, mich über die Grenze zu bringen, aber ich dachte gar nicht dran. Ich wollte kämpfen. Die politischen Zusammenhänge verstand ich damals nicht wirklich, und auch heute ist das alles für mich irgendwie unwichtig. Ich wollte meine Familie rächen, das war alles.“
    Er sprach jetzt sehr ruhig, wie in Trance.
    „Der Krieg ging noch drei Jahre. Ich weiß nicht, wie viele Soldaten ich getötet habe. Aber einen werde ich nie vergessen. Er hieß Daniels, Captain Daniels. Als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, war er nur ein Typ mit einem Patronengürtel über den Schultern, der meine Mutter vergewaltigte. Aber dann sah ich ihn wieder, frisch befördert. Er bewachte mit seiner Truppe ein Munitionslager. Meine Jungs und ich waren gut vorbereitet, und wir hatten zwei tolle Scharfschützen, die uns einen gewaltigen Vorteil verschafften. Aber ich war ein Nahkämpfer.“
    „Ja, das hab ich gesehen“, sagte ich, er lächelte mich an wir küssten uns. Dann fuhr er fort.
    „Der Feigling hatte sich hinter seinen Männern versteckt, und als wir ihn schließlich konfrontierten, berief er sich doch ernsthaft auf das Kriegsgefangenenrecht. Dabei wussten wir, dass er reihenweise gefangene Soldaten umgebracht hatte. Sein Name ist in Taylors Prozess in Den Haag oft gefallen, so weit ich weiß. Hab versucht, alle Nachrichten darüber zu lesen, aber viel war das nicht, euch Europäer interessiert das ja nicht so.“
    „Ja“, stimmte ich bitter zu, „ uns wird nur einer vom Pferd erzählt, wie schlimm es doch ist, wenn uns Pferdefleisch serviert wird. Dabei haben die uns vor ein paar Jahren, beim BSE-Skandal, genau dazu geraten. So ein Quatsch ist hundertmal wichtiger als Kriege und Gräueltaten.“
    „Ihr wisst einfach nicht, wie gut es euch geht. Aber das ist kein Vorwurf. Ich würde mich wahrscheinlich auch so ve rhalten.“
    „Was ist passiert mit diesem Captain Daniels?“
    „Ich hab ihm den Schwanz abgeschnitten.“
    Das war dann doch etwas viel, und ich erstarrte. Diese Seite von Marcus kannte ich noch nicht.
    Wir sahen uns in die Augen, und die sanfte Traurigkeit in den seinen beruhigte mich. Marcus empfand keinen Stolz für seine Tat, keinen Triumph. Er hatte aber auch nichts zu bedauern.
    „Getötet hab ich ihn nicht“, sagte Marcus, „das besorgten die anderen. Aber ich hatte meine Aufgabe erfüllt. Der Krieg war ein paar Monate später vorbei, aber ich machte mich schon vorher aus dem Staub. Ich musste das Land verlassen.“
    „Warum denn?“ wunderte ich mich. „Ihr habt doch g ewonnen.“
    „Daniels gehörte zu einer großen, mächtigen Sippe. Und nur weil seine Seite den Bürgerkrieg verloren hatte, hieß das nicht, dass sie plötzlich allen Einfluss verloren hatte. Auße rdem kann es jederzeit wieder zu einem Umsturz kommen, so wahnsinnig stabil ist die Lage nicht. Jedenfalls wissen die, wer ich bin. Und wenn man auch das Töten von Angehörigen vergeben und

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