Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
schnell wie möglich ein großes Glas Wein zu leeren, aber Mom stellt mich zunächst Harrys Verwandten und Bekannten vor. Als ich endlich sitze, tut mir vom vielen Lächeln schon das Gesicht weh, und meine Füße schmerzen von den hohen, engen Schuhen, die bestimmt ein Mann entworfen hat, der als Kind täglich von seiner Mutter geschlagen wurde und der sich jetzt an allen Frauen rächen will.
„Wie geht es dir?“, fragt Angela und setzt sich neben mich.
„Nicht so toll“, gebe ich zu. „Und dir?“
„Matt beichtet deinem Vater gerade, dass er die Feuerwehr verlassen wird“, murmelt sie und spielt nervös mit einer Serviette.
„Oje, da wird er noch getreten, wenn er am Boden liegt.“ Ich blicke zu Matt und Dad hinüber, die mit ernsten Gesichtern beisammensitzen.
„Um ehrlich zu sein, Chastity, wirkt dein Vater gar nicht so furchtbar unglücklich.“
Sie hat recht. Und das ist wahrscheinlich das Deprimierendste von allem. Das oder Trevors Gesicht. Er sitzt mit Jack und Lucy und ihren Kindern an einem Ecktisch und starrt gedankenverloren auf den Salzstreuer. In trübe Gedanken verloren, wie es scheint. Zumindest war er so rücksichts voll, Super-Hayden nicht mitzubringen.
„Dein Bruder will Lehrer werden“, verkündet mein Vater und lässt sich neben mir auf den Stuhl plumpsen. Matt setzt sich etwas eleganter neben Angela.
„Und was hältst du davon, Dad?“, frage ich nach.
Er sieht Matt an. „Ich bin überrascht, das ist alles“, sagt er. „Ich dachte, du liebst deinen Beruf als Feuerwehrmann.“
„Das tue ich auch, Dad. Aber ich möchte es gern als Lehrer versuchen.“
„Schön, schön“, murmelt mein Vater. „Wenn ich eines gelernt habe, dann, dass man einen Mann nicht von der Arbeit fernhalten kann, die er liebt. Stimmt’s, Chas?“
Ich verdrehe die Augen und nehme endlich einen großen Schluck Wein.
„Tja, Matthew, du wirst bestimmt ein toller Lehrer. Und eines Tages auch ein toller Ehemann, wenn ich mich nicht irre“, schiebt Dad lachend hinterher. Ich verschlucke mich und spucke den Wein aus, den ich noch im Mund hatte. Wirklich anmutig.
„Wie bitte?“, frage ich.
Angelas Gesicht ist puterrot. Matt grinst. „Na ja, wir wollen heiraten. Es ist noch nicht ganz offiziell, weil ich noch keinen Ring gekauft habe und so, aber … du kannst dich schon darauf einstellen, Chas. Jetzt ziehen wir erst einmal zusammen.“
„Super!“, keuche ich. „Das ist wirklich super. Toll! Dann mal herzlichen Glückwunsch und diesen ganzen Kram!“
Angela sieht mich betroffen an, und ich bereue meine Worte sofort. „Mist! Nein, tut mir leid, Angie, ich freue mich wirklich, aber …“ Nun fange ich auch noch an zu weinen.„Es ist nur so, dass … Ich werde dich vermissen, Mattie. Und Buttercup wird dich auch vermissen.“
„Wir werden zwei Straßenecken entfernt wohnen“, sagt Matt und legt seinen Arm um Angela. „Und eine bessere Frau als diese hätte ich nicht finden können, oder was meinst du? Du bekommst eine ganz tolle neue Schwägerin, Chas!“
Alle meine Brüder sind dann verheiratet. Alle außer mir. Buhuhu. Ich stehe auf, nehme beide in den Arm, wuschele Matt durchs Haar und klapse ihm auf den Arm, dann gehe ich auf die Toilette, um still vor mich hin zu weinen. Doch mir bleibt dafür nicht viel Zeit, denn kurz darauf klopft mein Vater an die Tür. „Chastity! Deine Mutter will mit meinem Ersatzmann tanzen“, ruft er. „Und sie will dich dabeihaben.“
„Na, toll.“ Ich starre in den Spiegel. Dann greife ich in das Oberteil meines Kleides, rücke den trägerlosen BH zurecht und marschiere aus der Toilette.
Alle Gäste sind um die kleine Tanzfläche versammelt. „Meine Damen und Herren, Ladies and Gentlemen, Mesdames et Messieurs“, verkündet der DJ mit dramatischer Geste, und ich widerstehe dem Drang, mir den Finger in den Hals zu stecken und würgende Geräusche von mir zu geben. „Zum ersten Mal tanzen nun als Mann und Frau … Mr. und Mrs. Harry Thomaston!“
Alle klatschen – selbst Trotzkopf Chastity –, und das glückliche Paar schwebt zur Tanzfläche. Der DJ spielt Norah Jones’ Version des wunderschönen Songs The Nearness of You von Hoagy Carmichael.
Harry grinst glückselig von einem Ohr zum anderen, meine Mutter lächelt ebenso schmachtend zurück und plötzlich dringt ihr Glück durch die dornige, abwehrende Hülle, die ich murrend um mein Herz gelegt habe. Mom hat dieses Glück wirklich verdient!
„Und nun möchten Braut und Bräutigam die
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