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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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zerschlagen und halbtot, wie er war, in letzter Minute zusammengerappelt und es irgendwie fertiggebracht hatte, seinem brutalen Gegner den Todesstoß zu versetzen. Sein Vater war doch bestimmt nicht dabei gewesen. Es war so schwer, das alles zu begreifen.
    Vorsichtig hob Peter seine linke Pfote hoch und bemerkte zu seiner großen Überraschung, daß sich an ihrem Ende keine scharfen krummen Krallen mehr befanden, sondern fünf rosige Finger. Verdutzt bewegte er sie und berührte dann damit das Fell seiner verletzten rechten Vorderpfote. Aber es war gar kein Fell, was er da spürte, sondern irgendein Gewebe, das sich ganz steif und zugleich etwas rauh anfühlte und das ihm irgendwie bekannt vorkam — er konnte sich bloß noch nicht darauf besinnen, was das wohl sein mochte.
    Und dann fiel es ihm ein: Es war ein fester Gipsverband!
    Jetzt wußte er mit Bestimmtheit, daß er kein Kater mehr war, sondern von Kopf bis Fuß ein Junge. Wie das aufgestaute Wasser einer Schleuse sich tosend in Kaskaden ergießt, sobald die Tore geöffnet werden, drangen die Erinnerungen nun auf ihn ein: an die Schotten-Nanny und an den Morgen, an dem er mit ihr auf den Cavendish Square zuging; an das gestreifte Kätzchen, das sich am Parkrand sonnte; wie er plötzlich über die Straße gelaufen war und Nanny entsetzt aufschrie, und an das Knirschen der Wagenräder und an den heftigen Stoß, als er dann den Unfall erlitt. Und daraufhin brach Peter in Tränen aus und schrie und weinte so jämmerlich, als wollte ihm das Herz brechen.
    Er weinte aus vielen Gründen, die er sich aber alle nicht recht zu erklären vermochte; denn seine Trennung von Jennie Baldrin und der Welt, in der sie lebte; das Bewußtsein, eine geliebte Freundin unwiederbringlich verloren zu haben; ein Gefühl der Angst, das nun durch die Erinnerung an so viel Mißgeschick, das ihm zugestoßen war, heraufbeschworen wurde; der Schreck, als er feststellte, daß er in Gips lag und so viele Verbände trug — alles das vermengte sich zu einem einzigen großen Kummer. Vor allem aber weinte er vielleicht deshalb, weil er jetzt zum erstenmal in seinem Leben mit der abgrundtiefen Traurigkeit Bekanntschaft machte, die einen Menschen überkommt, wenn er aus einem schmerzlich-schönen Traum erwacht und feststellen muß, daß er zusehends verblaßt und die geliebte Gefährtin aus diesem Traum für immer entschwunden ist. Denn gerade das — so schien es Peter jetzt, nachdem er endgültig wieder in seine alte Haut geschlüpft war — hatte Jennies wahres Wesen und ihre besondere Bedeutung ausgemacht, daß sie nämlich nur als ein Produkt seiner Phantasie existiert hatte, und er wußte jetzt, daß der lange Traum, in dem sie mit ihm zusammen so tapfer und kameradschaftlich zahlreiche Abenteuer bestanden hatte, nun ausgeträumt war und er Jennie nie Wiedersehen würde.
    Unter den vier Erwachsenen in Peters Krankenzimmer entstand plötzlich eine kleine Bewegung, und durch seine Tränen hindurch sah Peter, daß die Schotten-Nanny das Zimmer betreten hatte, und als sie näherkam, sah er auch, daß sie etwas im Arm trug, was heftig zappelte: ein schwarz-weißes, sehr mageres junges Kätzchen, das kaum erst entwöhnt sein konnte, mit drei weißen Pfoten und einer schwarzen und einem drolligen dunklen Fleck direkt über dem rosigen Mäulchen, als hätte die kleine Katze ihre winzige Nase gerade in ein Tintenfaß gesteckt.
    Nanny beugte sich über ihn, um ihm das Kätzchen in den Arm zu legen, und sagte: «Da, mein armes kleines Häschen! Greine doch nicht so! Schau mal, ist diese kleine Pussiekatz nicht niedlich? Die ist ganz allein für dich, und du darfst sie auch für immer behalten!»
    Aber Peter wandte nur den Kopf ab und rief: «Nimm sie weg! Ich will sie nicht haben. Ich will Jennie Baldrin. Jennie, Jennie!» und er weinte nur um so lauter.
    Jetzt kniete seine Mutter an seinem Bett nieder, nahm ihn behutsam in die Arme und flüsterte ihm zärtlich zu:
    «Komm, komm, mein Liebling. Weine doch nicht so heftig, mein Liebstes. Was möchtest du gern haben? Hattest du nicht eben irgendeinen Namen genannt? Sag doch deiner Mammie, was du gern haben willst, und hab keine Angst mehr, denn hier bist du ganz sicher, Peterlein, so sicher wie in Abrahams Schoß. Und es gibt nichts, was ich nicht tim würde, damit du nur wieder froh und wieder ganz gesund und kräftig wirst! Komm, beruhige dich doch, mein Liebling, jetzt tut dir bestimmt nichts mehr weh...» Und zärtlich strich sie ihm über die Stirn

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