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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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etwas Genießbares herauszuangeln, oder sich im Schutz irgendeiner verlassenen Ruine ihre Wunden leckten, noch einmal deutlich einprägen. Dann fiel die Tür, durch die er in jene freudlose Welt hineingespäht hatte, hinter ihm ins Schloß, und er konnte nichts mehr sehen.
    Wieder hörte Peter das klägliche Miauen des schwarz-weißen Kätzchens, aber nun beschwor es keine düsteren Traumbilder mehr herauf, sondern griff ihm unmittelbar ans Herz. Warum nur hatte er zunächst nichts von diesem Kätzchen wissen wollen, fragte Peter sich erstaunt, als er sich ihm zuwandte, aber er konnte sich nicht mehr darauf besinnen. Er wußte nur, daß er es jetzt haben wollte, daß er es bereits liebte.
    «Ach, Nanny, gib es mir doch bitte! Ich möchte es so gern behalten!»
    Nanny kam wieder zurück und setzte die kleine Katze auf sein Bett. Sie kroch sofort auf Peters Brust und legte den Kopf unter sein Kinn — wie das im Lauf der Zeit noch viele andere Katzen tun sollten, als ob sie Peter sofort als einen der Ihrigen erkannten. Und dort kuschelte sie sich zufrieden an ihn und begann so laut zu schnurren, daß das ganze Bett zu vibrieren schien.
    Peter hob den guten Arm, den er noch bewegen konnte, und mit seinen unverletzten Fingern, die aus dem Verband hervorsahen, strich er dem Kätzchen über den Kopf, rieb ihm zärtlich die Backen und kraulte es unterm Kinn, als wisse er instinktiv, wo und wie man eine Katze streicheln mußte, damit sie sich wohl und geborgen fühlte.
    Das schwarz-weiße Kätzchen schnurrte vor Behagen lauter und schmiegte sich noch zärtlicher an Peters Hals, wie ein Geschöpf, das sich vertrauensvoll der Obhut eines angebeteten Wesens überläßt und sich bedingungslos ergibt.
    «Was für ein reizendes kleines Tier», sagte Peters Mutter. «Wie willst du sie denn nennen?»
    Peter dachte einen Augenblick nach und suchte in seinem Gedächtnis nach einem Namen, den er schon immer einer Katze hatte geben wollen, falls er je eine haben sollte, einen Namen, den er fast so gut gekannt haben mußte wie seinen eigenen.
    Er sah seine Mutter fragend an und betrachtete dann wieder das junge Kätzchen, aber auch nicht das leiseste Echo drang aus der Vergangenheit zu ihm, um ihn auf eine Spur zu bringen. Jetzt war er sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt je einen Namen gewußt hatte, den er diesem Kätzchen hätte geben können.
    Doch als die Tür zu jener versunkenen Welt hinter ihm zufiel, überkam ihn ein wunderbares Gefühl der Geborgenheit. Die finsteren Schreckensbilder, die seine Phantasie und seine Angst heraufbeschworen hatten, waren nun für immer von ihm gewichen. Jetzt hatte er gar keine Angst mehr, weder vor dem fremden Krankenhauszimmer, in dem er lag, noch vor dem dumpfen Schmerz in seinen Gliedern und auch nicht vor dem Alleinsein oder vor irgend etwas sonst. Es war, als sei in den vielen Stunden, in denen er geschlafen und den Traum geträumt hatte, auf den er sich nicht mehr zu besinnen vermochte, jedes Gefühl der Angst von ihm genommen worden, als könne er sich nie wieder so fürchten wie bisher. Und er wußte, daß er in seinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen war.
    Aus diesem Gefühl der Unschuld und des Wohlbehagens heraus sagte er nun: «Ach, Mammie, ist sie nicht süß? Sieh doch nur, wie zärtlich sie ist! Ich glaube, ich werde sie nennen, weil sie diesen komischen kleinen Fleck unter der Nase hat. Und darf sie bitte bei mir schlafen?»
    Und lächelnd blickte er zu den vielen Menschen auf, die plötzlich alle an seinem Bett standen.

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