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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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und küßte ihn auf die tränennassen Augen.
    Eine Sekunde lang kam es Peter so vor, als sei Jennie zu ihm zurückgekehrt und habe ihn auf die Augen geküßt, wie sie es so oft getan hatte; und wieder überwältigte ihn das Gefühl, sie sei irgendwo in der Nähe, überall spürte er ihre Gegenwart, die Ausstrahlung ihrer so tapferen und liebevollen kleinen Seele, was ihn über ihren Verlust, den er so heftig beweint hatte, etwas hinwegtröstete. Ja, das war alles, was von ihr übriggeblieben war, und er zweifelte nun nicht mehr daran, daß die treue Gefährtin seiner Abenteuer nie mehr zu ihm zurückkehren würde. Noch einmal sah er sie leibhaftig vor sich, ihren geschmeidigen, aber zugleich so straffen kleinen Körper mit dem seidenweichen, gestreiften Fell, die weißen Füße mit den verräterischen dunklen Ballen, die ihre vornehme Abstammung bezeugten, ihre anmutige Haltung und ihre blitzschnellen Bewegungen, den kleinen aristokratischen Kopf, ihre leuchtenden Augen und den eigentümlich liebreizenden Gesichtsausdruck — alles das sollte er jetzt ein letztes Mal in sich aufnehmen, bevor Jennies Gestalt für immer seinen Blicken entschwand, und was dann zurückblieb, war keine Erinnerung, kein Traum, sondern nur das wunderbar tröstliche und beglückende Gefühl, wieder daheim zu sein und sich geborgen zu wissen.
    Jetzt tat ihm auch wirklich nichts mehr weh, nicht einmal die Erkenntnis, daß er Jennie verloren hatte, denn ihm war, als sei sie so innig mit ihm verschmolzen, daß er ihre Nähe immer spüren würde, wie auch jetzt, während seine Mutter ihn liebevoll in den Armen wiegte und ihre weiche wohlduftende Wange an die seine schmiegte und er in dem sanften Kuß auf seine Augenlider und in ihrer zärtlich-besorgten Miene noch Jennies Liebkosung zu spüren vermeinte und Jennies Blick auf sich ruhen fühlte.
    Und dann geschah etwas höchst Merkwürdiges, obwohl es, wenn man es recht bedenkt, vielleicht gar nicht so merkwürdig war. Das schwarzweiße Kätzchen, das Nanny im Arm hielt und von dem er nichts hatte wissen wollen, stieß einen kleinen Schrei aus, und Peter hörte ihn und verstand auch, was er bedeutete.
    Er konnte zwar nicht verstehen, was sie eigentlich sagte, denn seit seiner Rückverwandlung hatte er die Katzensprache so gründlich vergessen, als hätte er nie auch nur eine Ahnung davon gehabt; aber der sehnsüchtige Unterton dieses kläglichen Miauens entging ihm nicht, denn diesen Jammerschrei der obdachlosen, ungeliebten und zwangsläufig verwahrlosten Katzen kannte er nur zu gut. Es war der Schrei eines einsamen Herzens, das ihn anflehte, er möge es an das seine nehmen und es wärmen und gut zu ihm sein.
    Die ganze Not, Sehnsucht und Verlassenheit, die er selbst so lange Zeit empfunden hatte, schwang darin mit, und quälende Erinnerungen an so manches Ungemach, das er selbst als Kater erlitten hatte, und an viele düstere Straßen, in denen er obdachlos umhergeirrt war, stiegen wieder in ihm auf.
    Dieses klägliche Miauen klang so, als flehe das Kätzchen ihn an, es vor den Schrecken zu bewahren, die er am eigenen Leib erfahren hatte, vor der entsetzlichen Angst, die einen überkam, wenn man sich als kleines hilfloses Wesen einer bösen feindlichen Welt von gewalttätigen Riesen ausgesetzt sah, einer Verzweiflung, die noch ärger war als Hunger und Durst und in der man sich so brennend wünschte, dazuzugehören und geliebt zu werden, von irgend jemand, dem man mehr bedeutete als jedes andere Lebewesen. Es war der Schrei der Einsamen, von denen niemand etwas wissen wollte, der Außenseiter, die das steinerne Herz der erbarmungslosen großen Stadt verstoßen hatte.
    In diesem Augenblick sah Peter die schmutzigen holprigen Straßen mit dem vielen Unrat in den Rinnsteinen deutlich vor sich, hörte er wieder das ohrenbetäubende Gebrüll und Getöse des Straßenlärms, den Krach der zerschmetternden alten Blumentöpfe oder Flaschen, die nach einem geworfen wurden, und empfand aufs neue die panische Angst eines Wesens, das überall weggejagt wird und beständig vor irgend etwas auf der Flucht ist. Es war, als hätte der Jammerschrei des heimatlosen Kätzchens es ihm ermöglicht, noch einen letzten Blick in jene andere Welt zu werfen, die er nun für immer verlassen hatte; als sollte er sich den traurigen Anblick der vierfüßigen kleinen Geschöpfe, die dort lautlos von einer Deckung zur anderen durch die Straßen huschten, sich vor den hohen Müllkästen auf die Hinterbeine stellten, um irgend

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