Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen
also meine ganze Jugend noch einmal durchlebt, auch den Augenblick, als ich zehn Jahre nach meinen zwei
Enttäuschungen in der Liebe mit dreißig gemerkt habe, dass für mich der Zug abgefahren war. Dass ich für immer ein »alter
Knabe« bleiben würde. Das war an jenem Tag, als mein bester Freund aus Kindertagenheiratete. Er und seine Verlobte, ein wirklich nettes Mädchen, hatten mich eingeladen. Ihre Gesichter strahlten vor Glück.
In diesem Augenblick begriff ich, dass dieses Glück nicht für mich bestimmt war.
Am Tag ihrer Hochzeit – und nachdem ich zum zweiten Mal darauf verzichtet hatte, mich in Liebe mit einer jungen Frau zu vereinen,
die mich eigentlich mochte, aber einige Hundert Kilometer von meinem Dorf entfernt lebte – brach das Alter über mich herein.
Ich fühlte mich schrecklich alt und verbraucht, völlig fehl am Platz zwischen all den jungen Paaren mit ihren Kindern, die
überall herumsprangen. Ich musste zu Hause den Hof übernehmen und mich um Mutter, den kleinen Bruder und meine Schwestern
kümmern. Mein Vater war gerade gestorben, und mein Bruder war mit dreizehn Jahren Halbwaise geworden.
Das hatte ich meinem Vater versprochen. Ich hatte ihm ein Versprechen gegeben: dass ich in seine Fußstapfen treten und seiner
Hände Arbeit auf den Feldern fortführen würde.
In jener Nacht sagte ich mir, dass ich niemals Frau und Kinder haben würde. Ich fühlte mich, als hätte man mir alle Kraft
aus dem Körper gesogen. Ich war zutiefst bedrückt.
Von dem Tag an habe ich nicht mehr genug Kraft aufgebracht, mir vorzustellen, dass ich vielleicht doch noch jemanden finden
könnte, und so ist es dann auch gekommen. Ich habe mich niemals gebunden, also geheiratet.
Zum Glück fand ich Trost bei der fröhlichen Schar meiner Geschwister, meinen Schwestern, die ebenfalls ledig geblieben sind,
und der Familie, die sich durch die Heirat meiner Brüder und die Geburt ihrer Kinder stets vergrößerte.
Die Arbeit auf dem Hof hat mich daran gehindert, zu viel zu grübeln. Wenn die Hände zu tun haben, hat der Hutablageplatz Pause.
Doch die erste »Freundin« von damals, als ich noch nicht zwanzig war, habe ich nie vergessen. Auf sie habe ich immer gewartet
und sie insgeheim bis heute geliebt. Das ist die Wahrheit. Für sie wäre ich hundert Jahre alt geworden, ich hätte weiter auf
sie gewartet, und sei es nur, um eine Stunde mit ihr zusammenzusein, sobald sie wieder frei gewesen wäre. Dann hätte ich ihr
endlich alles sagen können, doch sie ist vor ihrem Mann gestorben … Vielleicht hätten wir es so gemacht wie diese Leute heute, die sich noch mit über achtzig auf die Liebe einlassen.
Ich saß neben ihr, nur wir zwei. Ich hatte immer Angst, dass sie vor mir stirbt. Seltsamerweise hat mir dieser Augenblick
der Wahrheit Frieden geschenkt.
Ich habe überlegt, ob ich sie um Verzeihung bitte, aber wofür denn eigentlich?
Dann kamen die Leichenbestatter und legten sie in ihren Sarg. Während der Beerdigung setzte mein Verstand richtig aus. Dabei
fühlte ich keinen Schmerz. Sie hatte das schöne Leben gehabt, das sie verdient und das sie sich ausgesucht hatte. Das habe
ich respektiert. Ich habe ihr Leiden während der langen Krankheit in mir getragen. Glücklicherweise hat mich niemand gebeten,
während des Totenamtes ein Gebet zu sprechen.
Dann fuhr ich wieder heim.
Am nächsten Tag habe ich mein Leben wieder aufgenommen, ohne noch einmal mit jemandem über die Sache zu reden.
Die Uhr
Unsere Pendeluhr mit ihren schweren gusseisernen Gewichten ist ein noch älteres Baujahr, als ich es bin. Ich war nicht dabei,
als sie ihren ersten Schlag getan hat, doch sie war Zeugin bei meiner Geburt. Die Dorfhebamme hat an ihren Zeigern die Zeit
abgelesen, als ich in dem Haus auf die Welt kam, in dem ich heute noch lebe. Die Uhr ist ein altes Erbstück von unseren Urgroßeltern,
vielleicht sogar noch älter. Sie hat mein Leben geregelt und geht nach Ortszeit. Françoise, meine Schwester, die 1937 geboren
ist, zieht sie jede Woche auf und schimpft dabei jedes Mal:
»Sag bloß nicht, dass schon wieder eine Woche um ist, altes Mädel!«
Sie zeigt uns die Zeit an und teilt unsere Sieben-Tage-Woche ein, die, die gerade vorüber ist und die, die vor uns liegt.
Die Zeit vergeht und wird immer weniger, andererseits merkt man das nicht so stark, wenn man sich nach der Sonnenzeit richtet.
Unsere Uhr könnte einiges erzählen über die Vergänglichkeit des Lebens, die uns
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