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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Temperaturanzeige des Kühlschranks etwas in ihrem Gesicht zu erkennen.
    »Wie meinst du das?«
    Maria ließ sich etwas Zeit mit ihrer Antwort.
    »Ach, herrje, wie soll ich das schon meinen?«
    Sie ließ sich zurückfallen, sodass er ihren Körper erschreckt auffangen musste.
    »Du hockst hier mitten in der Nacht mit einer wirklich geilen Tussi auf dem Schoß in der Küche eurer wirklich geilen Wohnung in einem endgeilen Stadtviertel. Du hast einen Job, der dich, wenn auch nicht immer, so doch meistens, zufrieden nach Hause kommen lässt. Weiterhin bist du bis ins hohe Alter und darüber hinaus abgesichert, sowohl materiell als auch emotional, wie ich dir als unmittelbar Beteiligte gerne versichere. Deine zukünftige Frau, die du in ein paar Wochen heiraten willst, ist wohlhabend und liebt dich so sehr, dass es ihr in manchen Minuten zum Weinen wehtut. Außerdem freut sie sich wie blöd auf jeden weiteren Tag mit dir.«
    Wieder schaukelte sie auf seinem Schoß hin und her.
    »Aber natürlich hast du recht, dass mit diesem blöden Geburtstag dein Leben vorbei sein wird. Willst du nicht aus Angst vor dem herannahenden Tod lieber gleich aus dem Fenster springen?«
    Die Worte ihres letzten Satzes hatten einen ungewöhnlich harten Klang entfaltet.
    »Oh Gott, Maria, was bin ich für ein Idiot«, murmelte Lenz. »Was bin ich nur …«
    »Lass stecken, Paul«, unterbrach sie ihn, nun wieder deutlich sanfter.
    »Du hast wirklich allen Grund, sauer auf mich zu sein«, gestand er ihr freimütig zu.
    »Ach, komm. Über so einer Selbstmitleidsorgie stehe ich doch kilometerweit drüber.«
    Wieder warf er ihr einen irritierten Blick zu.
    »Wie …?«
    »Das verstehst du jetzt nicht, was? Dabei ist es ganz leicht zu erklären: Ich mach das nicht zum ersten Mal durch. Man könnte sagen, dass ich mit so was schon eine gewisse Routine habe.«
    »Mit …?«
    »Genau, mit dem. Der hat sich auch so angestellt, als dieser Tag näher gerückt ist. Du glaubst nicht, wie mich das damals genervt hat, und wenn ich nicht dich und unsere Treffen in Fritzlar gehabt hätte, wäre ich vermutlich durchgedreht und hätte ihn umgebracht. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass der Oberbürgermeister der Stadt Kassel mit seiner Scheißangst vor diesem ominösen Tag nicht alleine auf der Welt war. Obwohl …«
    Sie fing an zu grinsen.
    »… ich dir so was nun wirklich nicht zugetraut hätte. Ich dachte heute Morgen noch, dass es eher wegen unserer Hochzeit sein könnte.«
    Lenz griff nach ihr und nahm sie fest in seine Arme.
    »Nein, Maria, deswegen ist es wirklich nicht. Darauf freue ich mich wie irre.«
    »Und was ist mit dem Geburtstag, der nach deiner Ansicht dein Leben beenden wird?«
    Er schluckte wieder.
    »Zu erwarten, dass ich mich wie irre darauf freue, wäre vielleicht ein wenig viel verlangt, was meinst du?«
    »Das stimmt. Aber du könntest versuchen, das alles in der richtigen und vor allem angemessenen Relation zu sehen, Paul. Mit 50 ist man heutzutage mitten im Leben und landet nicht von einem Tag auf den anderen auf dem Abstellgleis.«
    Sie zog ihn zu sich heran und küsste seinen Hals.
    »Außerdem gibt es da so gewisse Situationen, in denen es wirklich nicht auffällt, dass du sozusagen dem Tod geweiht bist.«
    Damit streifte Maria, die einen von seinen Schlafanzügen trug, mit der linken Hand über seinen nackten Oberschenkel und fuhr daran so weit nach oben, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.
    »Ich weiß überhaupt nicht, was du meinst«, gab er ebenso scheinheilig wie gepresst von sich.
    »Na, dann pass mal gut auf.«

2
     
    Hideo Asami stopfte sich den letzten Bissen in den Mund, kaute lustlos darauf herum und würgte den Fischbrocken nahezu unzerkleinert hinunter. Der deutlich übergewichtige Mann stand auf, stellte seinen Teller in die Spüle und zog sich die ehemals weiße Schürze über den Kopf.
    Fisch, Fisch und immer wieder Fisch. Es hing der beleibten Küchenhilfe zum Hals heraus, dass er Abend für Abend die Reste dessen zu sich nehmen musste, was die Gäste des gut angesehenen, piekfeinen und entsprechend teuren japanischen Restaurants in der Kasseler Innenstadt übrig gelassen hatten, aber der kulinarische Geschmack der deutschen Besucher reduzierte sich beim Besuch des ›Tokyo Temple‹ nun einmal auf Sushi und Sashimi. Hideo, der in der Küstenmetropole Yokohama geboren und aufgewachsen war, hatte nichts gegen Fisch, schon als Kind war er die Grundlage der Ernährung für den mittlerweile 36-jährigen Mann

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