Der Riss im Raum
Zu diesem Buch:
W er »Die Zeitfalte« gelesen hat, kennt die Hauptdarsteller von »Der Riß im Raum« bereits:
Margaret (»Meg«) Murry, die sich für häßlich hält, weil sie eine Brille trägt und mausbraunes Haar hat. Ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und ihr manchmal etwas überschäumendes Temperament bringen sie gelegentlich in Schwierigkeiten. Wenn es darauf ankommt, kann Meg für ihre zwölf Jahre überaus tapfer und zäh sein – Eigenschaften, die sie in gefährlichen Situationen oft unter Beweis stellen mußte.
Ihr Bruder Charles Wallace ist ein ganz außergewöhnlicher Sechsjähriger. Er ist klein und zart und wirkt mit seinem Babygesicht noch jünger. Wer ihn nicht kennt, hält ihn für zurückgeblieben, dabei stimmt eher das Gegenteil: Man müßte meinen, daß er mit geradezu übersinnlichen Begabungen ausgestattet ist. Wie sonst ließe sich erklären, daß seine Intelligenz die vieler Erwachsenen übertrifft, und daß er Zusammenhänge ahnt, die man sich mit bloßem »gesundem Menschenverstand« nicht zusammenreimen kann?
Die Zwillinge, Dennys und Sandy, sind da wesentlich handfester. Aufrecht und aufrichtig bis zur Grobheit, stehen sie mit beiden Beinen fest in der Wirklichkeit. Daher können sie ihren jüngeren Bruder nicht so gut verstehen wie Meg, die zu Charles Wallace eine sehr innige Beziehung hat.
Herr und Frau Murry, ihre Eltern, sind bedeutende Wissenschaftler. Sie haben sich aufs Land zurückgezogen, um unbehelligt vom Getriebe der sogenannten Fachwelt ihrer Forschungsarbeit nachzugehen. Herrn Murry gelingt das freilich nur selten. Immer wieder wird er als Berater ins Weiße Haus geholt oder zu Projekten berufen, die »top secret« sind.
Zur Familie gehört auch Fortinbras, eine Mischung von Windhund und Setter.
Und da ist noch Megs Freund, der hochaufgeschossene Calvin O’Keefe mit dem feuerroten Haar und den vielen Sommersprossen. Cal kommt aus einer Familie, in der nichts stimmt; aber das tut seiner Lebensfreude und seinem Tatendrang keinen Abbruch.
Im Buch »Die Zeitfalte« wird erzählt, wie Meg, Charles und Calvin von drei außerirdischen Wesen durch Zeit und Raum gewirbelt werden, um Herrn Murry aus der Gewalt zu retten, in die »ES« ihn gebracht hat. Nun sind sie alle wieder gesund und munter zurück auf der Erde – oder doch nicht ganz so gesund und munter?
Charles Wallace und die Drachen
»I m Gemüsegarten der Zwillinge sind Drachen.«
Meg Murry war soeben aus der Schule gekommen; ihr Kopf steckte im Kühlschrank, wo sie nach Eßbarem forschte. Überrascht blickte sie ihren sechsjährigen Bruder an. »Was sagst du da?«
»Im Gemüsegarten der Zwillinge sind Drachen. Vielmehr: dort waren sie. Jetzt dürften sie auf der oberen Wiese sein.«
Meg erwiderte nichts darauf. Es war nie ratsam, auf eine ungewöhnliche Bemerkung von Charles Wallace mit einer vorschnellen Antwort zu reagieren. Sie wandte sich wieder dem Kühlschrank zu. »Ach ja, Tomaten und Kopfsalat. Und ich hatte schon gehofft, es gibt zur Abwechslung einmal etwas atemberaubend Neues.«
»Meg, hörst du mir überhaupt zu?«
»Natürlich höre ich dir zu. Hm, ich nehme doch lieber Leberwurst und Streichkäse.«
Sie holte außerdem eine frische Milchpackung aus dem Kühlschrank und stellte alles auf den Tisch.
Charles Wallace wartete geduldig.
Bei seinem Anblick wurde sie wider Willen ärgerlich: Der Riß in den Blue Jeans, gleich über dem Knie, war brandneu. Das Hemd hatte satte Schmutzspuren, und die Beule unter dem linken Auge nahm allmählich eine dunkle Färbung an.
»Also, wann haben die Großen dich denn heute erwischt?« schnaubte Meg. »Erst auf dem Schulhof oder gleich als du aus dem Bus kamst?«
»Meg, du hörst mir nicht zu.«
»Tut mir leid, aber ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Jetzt bist du knapp zwei Monate in der Schule, und keine einzige Woche vergeht, ohne daß dich jemand windelweich prügelt. Kein Wunder, wenn du zum Beispiel überall erzählst, daß in unserem Garten angeblich Drachen herumspazieren.«
»Tu ich doch gar nicht. Hältst du mich denn für blöd? Außerdem habe ich die Drachen erst jetzt entdeckt.«
Meg konnte rasch zornig werden, wenn sie etwas aus der Fassung brachte. Nun ließ sie ihre Wut an dem Sandwich aus: »Wann kauft Mutter endlich ordentlichen Käse? Dieses harte Zeug läßt sich beim besten Willen nicht aufs Brot streichen. – Wo ist sie eigentlich?«
»Im Labor. Sie hat ein Experiment laufen; ich soll dir sagen, daß sie bald
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