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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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spazieren gehen und die Stadt erkunden.«
    Ich sprang auf. »Wirklich?« Ohne ihm die Chance zu geben, es sich anders zu überlegen, warf ich mich auf seinen Bauch und fing an, ihn zu kitzeln. Ein Punkt auf der Liste der Dinge, die ich seit dem 22 . Dezember letzten Jahres über Tens erfahren hatte, war die Tatsache, dass er an den Rippen entsetzlich kitzelig war.
    Mit einem Grunzen drehte er mich um, umfasste mit den Händen mühelos meine Handgelenke und hielt mir die Arme über dem Kopf fest.
    »Das ist unfair!«, rief ich lachend und setzte mich nur halbherzig zur Wehr, als er es mir mit gleicher Münze heimzahlte. Mein Atem war mir immer einen Schritt voraus, so dass es mir nicht gelang, ihn einzuholen.
    »Alles ist erlaubt.« Er beugte sich vor und berührte meinen Mund mit einem Kuss, der vieles versprach. Immer nur versprach.
    Eine heiße Welle durchströmte meinen Körper, und ich genoss es, wie seine Zunge mit meiner spielte. Seine Finger glitten meine Arme hinunter und landeten an der Unterseite meiner Brüste auf meinem Bauch.
    Er machte sich los, ehe ich bereit war, ihn gehen zu lassen. »Komm. Los geht’s.«
    Ich protestierte nicht, als er sich von mir entfernte, und versuchte, meine Enttäuschung zu verbergen. Er liebte mich. Ich liebte ihn. Er fühlte sich gut, ja, wunderbar an. Ich verstand nicht, warum er darauf beharrte, dass wir wie WG -Genossen oder Geschwister lebten und nicht wie ein Liebespaar. Worauf wartete er? Doch ich schwieg eisern, weil ich keinen Streit wollte.
    Die Hütte und das
Helios
standen am Rand der Stadt. Die Hauptstraße von Carmel wurde von einer hübschen Mischung aus Läden, Banken und Restaurants gesäumt. Einige Gebäude schienen aus dem frühen 19 . Jahrhundert zu stammen, andere waren neueren Datums, und es waren die verschiedensten Stilrichtungen zu sehen. Die Menschen in den Läden plauderten, lachten und machten einen zufriedenen Eindruck. An einer Straßenecke entdeckten wir, einander gegenüber, zwei Kirchen mit Türmen.
    Plötzlich fühlte ich mich beobachtet und spürte ein warnendes Prickeln im Nacken.
    »Hast du das gesehen? Die Frau da?« Ich zeigte auf eine Bank, wo eine Frau saß und uns den Rücken zukehrte. Obwohl die frühabendliche Dämmerung dunkelblaue Schatten warf, trug sie einen großen, breitkrempigen Sonnenhut, der besser an einen Strand im Juli gepasst hätte. Dazu hatte sie einen altmodischen Mantel im Stil von Mary Poppins an. Etwas stimmte nicht mit ihr. In meinem Bauch läutete eine kleine Alarmglocke.
    »Ja.« Tens wurde langsamer und musterte mich fragend und besorgt.
    »Bewegt sie sich?« Ich konnte an ihr keine Seele wahrnehmen.
    Tens schlich sich an, während ich zurückblieb. »Statue«, stellte er schließlich fest und klopfte der Frau auf den Kopf. Die lebensecht bemalte Skulptur schien jeden Moment zum Leben erwachen zu wollen.
    »Und die da?« Ich wies auf zwei Männer mit Zylinder, die ein Stück weiter die Straße hinauf an einer Mauer lehnten. Tens marschierte fünf Schritte vor mir her. »Aha, ebenfalls.«
    In jeder Straße, die wir entlangschlenderten, gab es sie. Ein Paar. Eine Mutter mit Kinderwagen. Alles Statuen und in verschiedenen historischen Kostümen. »Ist das nun seltsam, oder liegt es an mir?« Das Wissen, dass es sich um Kunst handelte, machte die Standbilder nicht weniger bedrohlich.
    »Komisch vielleicht, aber nicht gefährlich.« Tens nahm meine Hand.
    »Hier ist das Atelier des Glasbläsers.« Wir näherten uns einem Backsteingebäude, wo weitere bunte Kugeln in den Fenstern und an den Regenrinnen hingen. Als wir weitergingen, begannen die Kugeln, von innen her zu leuchten. Ich hoffte, dass es im Atelier hell genug war, damit der Künstler nichts bemerkte.
    »Ob ich besser ohne dich reingehe?«, schlug Tens vor.
    »Vielleicht.« Ich schüttelte den Kopf. Immer noch spürte ich dieses merkwürdige, ganz bestimmte Prickeln, so als ob ich zum Fenster des Todes gezogen würde. Wenn die Seele eines Sterbenden mich brauchte, wurde die meine zum Tor ins Jenseits. Ein Strudel transportierte mich auf eine andere Ebene, bis ich während des Übergangs neben dem Todgeweihten stand. Ich wusste nicht, wie sich dieser Ort nannte, und hatte auch noch nicht herausgefunden, wie ich verhindern konnte, dass mein Körper in Mitleidenschaft gezogen wurde, während meine Seele anderweitig beschäftigt war. Derzeit überstieg das noch meine Fähigkeiten, weshalb Tens die Aufgabe hatte, mich in solchen Situationen zu beschützen

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