Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
Abend ist?“, fragte Mathäus und starrte in den Sternenhimmel.
Heinrich nickte betreten. „Irgendwann werde ich wieder bei dir vorbeischauen.“
„Und dein Entschluss, nach Aachen zu reisen, steht fest?“
„Felsenfest!“
„Gut. Dann werde ich dich begleiten.“
„Du wirst – was?“
„Ich nehme mir frei und komme mit dir. Für eine Weile bin ich hier entbehrlich. Zumindest für drei Tage.“
10
Am Morgen darauf, nach einem Frühstück aus Gerstenbrei und Brot, sattelte Mathäus Julius und ritt nach Schlich, um sich von Jutta zu verabschieden. Innig umarmten sie sich, als sei es ein Abschied für immer, und Jutta zeichnete dem Geliebten mit ihrem Daumen ein Kreuz auf die Stirn. Noch lange winkte sie dem Davonreitenden hinterher.
Mathäus ritt geradewegs zur Burg, benachrichtigte den Kastellan über seine Abwesenheit, kehrte dann zu seinem Haus zurück, wo Heinrich auf ihn wartete. Thusnelda, Heinrichs Rappe, war bereits gesattelt, und auch Chlodwig merkte, dass eine weite Reise bevorstand. Aufgeregt versuchte er seinen eigenen Schwanz zu fassen, indem er wie ein Kreisel rotierte.
Schließlich ritten die beiden Freunde im Schritttempo die Dorfstraße hinab, gefolgt von einem riesigen, aufgeregt bellenden Untier. Am Bach spielten Kinder und winkten der seltsamen Karawane hinterher.
Mathäus und Heinrich verließen Merode, ließen die Ortschaften Schlich und Dhorn zu ihrer Rechten liegen und erreichten bei Geich die große Heerstraße. In der Ferne war der hölzerne Turm der Echtzer Pfarrkirche zu erkennen. Wenn das sommerliche Wetter keine Kapriolen schlug, würden sie die Kaiserstadt am späten Nachmittag erreichen.
Erbarmungslos brannte die Sonne auf die Reisenden herab. Vorüberrollende Karren wirbelten mächtig Staub auf, sodass die Kehlen der beiden Männer nach kühlem Nass lechzten. Bald schon waren ihre Trinkschläuche geleert. Hinter Eschweiler beschlossen sie, in eine Schenke am Wegesrand einzukehren.
„Der Köter bleibt draußen!“, blaffte ein glatzköpfiger Wirt, als sie durch eine morsche Tür die Wirtsstube betraten, „oder soll ich hier etwa auch noch Hundescheiße fegen?“
Mathäus blickte sich um. An einem der Tische saßen drei Benediktinermönche, vermutlich Pilger auf dem Weg nach Aachen, ansonsten gab es keine Gäste hier. Die Stube war dreckig und verwahrlost, die beiden Fensteröffnungen durch gigantische Spinnennetze verhangen. Der Dorfherr grüßte die Mönche mit einem Nicken und schritt mit gefährlicher Gemächlichkeit dem Glatzköpfigen entgegen, der sich gelangweilt über seinen Schanktisch lehnte. Mathäus baute sich vor ihm auf.
„In diesem Stall ist schon lange nicht mehr gefegt worden, Herr Wirt, und wenn’s dem Hund tatsächlich einfallen sollte, in eine Ecke zu scheißen, dann würd’s wohl nicht einmal auffallen. Bringt uns gefälligst Bier und lasst auch unsere Pferde versorgen, die wir in der Annahme, dies sei ein Gasthaus, draußen gelassen haben. Und dann bringt auch unserem Hündchen eine Schale mit Wasser, sonst kriegt der Gute schlechte Laune. Nicht lustig, wenn Chlodwig schlecht gelaunt ist! Alles verstanden?“
Stumm und sichtlich eingeschüchtert nickte der Wirt mit seinem fettigen Kopf. In der Annahme, eine wichtige Persönlichkeit vor sich zu haben – womit er ja immerhin nicht völlig Unrecht hatte – pfiff er einen halbwüchsigen Burschen herbei, der dem Aussehen nach zu urteilen nur sein Sohn sein konnte.
„Los, kümmere dich um die Pferde der werten Herren“, blökte der Alte, während er selbst Bier in eine große Kanne abfüllte. Leiser fügte er hinzu: „Und gib diesem schwarzen Kalb was zu saufen.“
Mathäus und Heinrich hatten sich unterdessen an einen der Tische gesetzt. Mit schnippenden Fingerbewegungen entfernte Mathäus tote Insekten von der Tischplatte. „In der Not frisst der Teufel Fliegen,“ seufzte er. Nochmals nickte er den Mönchen zu, die neugierig herüber schielten.
„Die Stuben der Menschen sind Spiegelbilder ihrer Seele“, schmunzelte Heinrich, was in Mathäus Erinnerungen an das gestrige Gespräch in des Schuhmachers Werkstatt weckte. Albrechts verbrauchtes, zerfurchtes Gesicht kam ihm in den Sinn, seine kleinen, irren Augen … Mathäus schüttelte den Gedanken ab wie einen lästigen Käfer.
Der Gerstensaft, den der Wirt ihnen servierte, erinnerte in seiner Farbe an die Ausscheidungen einer Kuh und hatte auch die entsprechende Temperatur. Ihren ursprünglichen Plan, in dieser Schenke noch eine
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