Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
einen Menschen zu töten. Seitdem Heinrich ihm seine Meinung über Tobias Hompeschkundgetan hatte, waren die letzten Zweifel verflogen. Hatte er zumindest geglaubt. Der Strafvollzug vor seinen Augen aber ließ Mathäus einen spontanen Entschluss fassen.
„Du wartest hier auf mich“, sagte er zu Chlodwig, „mir ist da eben eine Idee gekommen.“
Mit zur Seite geneigtem Kopf beobachtete Chlodwig, wie der Dorfherr den Platz überquerte, vorbei an der gaffenden Menge, um dann in einem großen Haus zu verschwinden, das gleich neben dem Gebäude der „Acht“ lag.
Nach einer Weile kehrte er zurück. „Bin in der Tuchhalle gewesen, Hund“, erklärte er dem Wartenden feierlich, „und weißt du, was ich dort erfahren habe?“
Chlodwig gähnte.
„Keiner der Tuchhändler kennt einen Mann namens Hompesch!“ Mathäus starrte ins Leere. „Was beweist, dass er ein notorischer Lügner ist.“ Er atmete erleichtert auf. Der Zweifel, der ihn vorhin wieder aufgesucht hatte wie ein ungebetener Gast, löste sich in Wohlgefallen auf. Hompesch war ein durch und durch schlechter Mensch. Und ein Mörder.
„Gebt Ihr ein Almosen für die Aussätzigen?“ Eine dunkle Stimme und ein Rasseln holten Mathäus aus seinen Gedanken. Neben ihm stand eine lange, dürre Gestalt, die einen bis zu den Knien reichenden weißen Mantel trug. Ihr Kopf wurde von einem großen Hut bedeckt, der lange Schatten in ihr Gesicht warf. In ihrer linken Hand klapperte eine Rassel, während die rechte, behandschuhte Hand sich für eine Gabe streckte.
Chlodwig begann dumpf zu grollen.
„Still, Hund!“, befahl der Dorfherr und kramte ein Geldstück hervor, das er dem Unheimlichen reichte. Der nickte stumm und zog rasselnd weiter. „Das nennt man Nächstenliebe, kapiert, Hund? Aber was verstehst du schon davon?“
Mathäus wischte über seine Stirn und war sich nicht sicher, ob der Schweiß von der sengenden Sonne rührte oder von der Begegnung mit dem schauerlichen Schellenknecht. Seine düsteren Gedanken verbannend, schlenderte er Richtung Marktplatz. Gelangweilt trottete Chlodwig hinter ihm her. Am Stand eines Händlers kroch der verführerische Duft gebratener Fleischpasteten in ihre Nasen. Chlodwig sah Mathäus erbarmungswürdig an, sodass dieser seufzend seinen Geldbeutel zückte und zwei Pasteten kaufte. Kopfschüttelnd sah der Dorfherr mit an, wie die Dogge ihre in Windeseile verschlang. „Gefräßigkeit ist eine Sünde, Hund. Ach, was rede ich überhaupt noch mit dir?“
Nach dem Essen überkam Mathäus bleierne Müdigkeit. Da ihre Herberge ganz in der Nähe lag, beschloss er, sich kurz auszuruhen. Er überlegte, ob vielleicht die Pastete schuld an seiner Erschöpfung sei. Denn wer wusste schon genau zu sagen, wie die Fleischermeister in der Stadt ihr Gewerbe handhabten?
Schon bald lag Mathäus ausgestreckt auf seinem Lager, starrte schläfrig gegen die holzvertäfelte Decke, während Chlodwig sich mehrmals um die eigene Achse drehte und schwerfällig auf die Dielen plumpste.
Als Mathäus aufwachte, fühlte er sich schwer wie Blei. Außerdem war ihm übel. Er ging zum Fenster und sah hinaus. Die Sonne stand immer noch hoch am Himmel, allzu lange konnte er demnach nicht geschlafen haben. Stöhnend richtete er sich auf und rieb sich die Augen. Auch Chlodwig war wach. Saß in der hintersten Ecke der Kammer und warf Mathäus einen seltsamen Blick zu.
„Hund, was siehst du mich an, als hättest du etwas zu verbergen“, befand Mathäus mit matter Stimme, während er mit den Füßen nach seinen Stiefeln tastete.
„Ich glaub’s einfach nicht!“ Mathäus war mit einem Mal hellwach. Sein Blick wanderte unstet hin und her, fixierte mal die schuldbewusste Dogge, mal die ledernen Fetzen dort vor seinem Bett, die einmal seine Stiefel gewesen waren.
„Bist du noch zu retten, du … du vermaledeites Höllenvieh? Hattest du in deiner Langeweile nichts Besseres zu tun, als meine Stiefel zu zerfleddern?“
Chlodwig schaute schmatzend in eine andere Richtung.
Mathäus blickte wütend um sich auf der Suche nach Gegenständen, die er dem Übeltäter an den Schädel werfen könnte. „Wie stellst du dir das jetzt vor, Hund?“, lamentierte er. „Soll ich vielleicht barfuß heimkehren?“ Er griff nach einem Stiefelrest und betrachtete ihn von allen Seiten. „Vielleicht kann ein Schuhmacher sie ja wieder reparieren“, sagte er wie um sich selbst zu trösten. Noch einmal warf er der Dogge einen vernichtenden Blick zu.
„Du bleibst hier und rührst
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