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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Weg hinaus. In den seltenen Fällen jedoch, in denen fremdländisch aussehende Händler kamen, wurden sie schon weit vor dem Tor angehalten. Aus der Entfernung konnte Divya nur erkennen, dass hektisch diskutiert wurde, einmal kam es sogar zu einem Wutausbruch eines Händlers. Erschrockenbeobachtete Divya, dass eine Wache ihn mit der Faust ins Gesicht schlug. Zum Schluss zog er mit dem leeren Karren wieder ab, einen kleinen Beutel in der Hand. Und die Wachen brachten seine Ware in die Stadt.
    Divyas Magen knurrte, und sie wusste, dass sie sich langsam überlegen musste, wie sie sich in dieser Stadt allein versorgen konnte. Das Schlafen war kein Problem, zumindest jetzt im Sommer. Sie fand es sogar schön, beim Einschlafen in den Sternenhimmel sehen zu können. Aber jetzt brauchte sie etwas zu essen oder Geld.
    Auf einem der kleineren Märkte kam ihr schließlich eine Idee, als sie eine ältere Gauklerin beim Tanzen beobachtete. Diese kannte zwar die Schritte für den Tanz der Schmetterlinge ganz gut, aber ihre Beweglichkeit ließ zu wünschen übrig und ihr Gesicht drückte Langeweile aus. Dennoch landeten ein paar Taler in ihrer Schale. Divya zog sich auf einem Dach ihre schwarze Vesséla an, suchte sich einen freien Platz auf dem Markt und begann zu tanzen. Anfangs erntete sie vor allem abschätzige Blicke für ihre Aufmachung, dann blieben ein paar Leute stehen. Die Geräusche der Halas gingen im Lärm des Marktes völlig unter, aber die ungewohnten Bewegungen des Tanzes lockten immer mehr Menschen an. Divya löste die Bänder am Stoff, drehte sich und lauschte den erfreuten Aaahs und den empörten Ooohs der Menge. Ein Mann in ihrer Nähe sagte amüsiert zu seiner Frau: »Immerhin kann die Gauklerin unter der Vesséla kein Diebesgut verbergen.«
    Divya tanzte näher an ihn heran, streifte seinen Arm mit einem aufreizenden Lächeln und setzte an zu ihrem wirbelnden Abschluss. Als sie stehen blieb, hielt sie in der ausgestreckten Hand eine Geldtasche. Mit aufforderndemLächeln reichte sie sie dem Mann. Die Menge schien den Atem anzuhalten und wartete offenbar auf die Reaktion des Mannes. Divya spürte, wie die Atmosphäre um sie herum knisterte.
    Die Frau des Bestohlenen erwachte aus ihrer Starre, hob wütend die Hand und sah sich suchend um. Divya konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie die Wachen rufen wollte. Aber ihr Mann ergriff ihre Hand und drückte sie sanft hinunter, während er noch immer in Divyas dunkle Augen blickte. Seine Mundwinkel zuckten.
    »Du bist das unverschämteste Weib, das mir je begegnet ist – abgesehen natürlich von dir, mein Schatz.« Damit küsste er die Wange seiner verärgerten Frau. Als er die Geldbörse nahm, zog er zwei Münzen heraus und legte sie Divya in die Hand, nicht ohne ihre Finger zu berühren. Die Umstehenden fielen in sein Lachen ein und klatschten. Ein paar von ihnen warfen Divya Geld vor die Füße, das sie mit einer eleganten Verbeugung einsammelte.
    »Du solltest hier verschwinden!«, zischte ihr plötzlich ein schmaler Junge in ärmlicher Kleidung vom Dach eines Marktwagens zu. »Die Wachen kommen.«
    Divya raffte ihre Sachen an sich und sprang auf das Dach eines anderen Wagens. Von dort aus rief sie: »Fang!« und warf eine ihrer Münzen in die Richtung des Jungen. Tatsächlich fing er den Taler aus der Luft auf und verneigte sich strahlend mit einer ebenso eleganten Bewegung wie sie vorhin. Wenige Minuten später war Divya mithilfe eines Seils auf dem Dach des nächstgelegenen Hauses gelandet, und als die Wachen an ihrem Tanzplatz ankamen, konnte sie ihnen von oben zuwinken, bevor sie über die Dächer verschwand.
    Am Abend war es endlich so weit. Divya hatte einen Bauern gefunden, der bereit war, sie gegen ein paar Münzen auf seinem Karren durchs Südtor mitfahren zu lassen. Er hatte Decken und Kleidung geladen, die er auf dem Markt gekauft hatte, und Divya fuhr, warm und weich gepolstert gegen die Schläge der rohen Räder, zwischen den Decken mit. Wie sie zurückkommen sollte, war ihr noch nicht ganz klar. Aber es wurde Zeit, mit Keiroan zu sprechen!
    In der Nähe eines Busches ließ sie sich vom Wagen fallen und flüsterte ein leises »Danke« in Richtung des Bauern. Gleichzeitig rieb sie sich die Knie, denn der sandige Trampelpfad, auf den sie gesprungen war, war ungewöhnlich hart. Verwundert wischte sie mit der Hand über den Boden. Wie seltsam! Unter Dreck und Sand kam ein Stein zum Vorschein. Und noch einer. Und noch einer. Das war Kopfsteinpflaster!

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