Mia und der griechische Milliardär
einer übersteigerten Selbstwahrnehmung als Frau mit Wünschen und Bedürfnissen, die sie irritierten, ängstigten und die sie kaum beherrschen konnte.
„So, und nun zu Ihnen“, sagte Nikos kühl. „Womit kann ich Ihnen dienen, Miss Balfour?“
Energisch riss Mia sich zusammen, trat vor und legte einen Aktenordner auf den Schreibtisch. „Die Informationen über Lassiter-Brunel, die Sie haben wollten.“
Nikos schaute auf den umfangreichen Ordner, dann wieder zu Mia, wobei er seine Überraschung nur schwer verbergen konnte. „Das ging aber schnell … haben Sie etwa die ganze Nacht daran gearbeitet?“
„Sie wollten den Bericht heute Morgen vorliegen haben“, kam es knapp zurück.
„Das stimmt.“ Während er die Unterlagen flüchtig durchblätterte, stieg so etwas wie ein Schuldgefühl in ihm auf. Ihm stand ein ganzes Expertenteam für derartige Recherchearbeit zur Verfügung, und tatsächlich lagen deren Ergebnisse bezüglich Lassiter-Brunel bereits seit Wochen vor, sodass Mias Bemühungen reine Zeitverschwendung bedeuteten.
Plötzlich fiel ihm eine Notiz ins Auge, die beim Durchblättern zwischen den Ordnerseiten herausgefallen war.
Mia versteifte sich, als sie sah, dass es sich dabei um eine Internetrecherche handelte, die sich mit Anton Brunels zweifelhaftem Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht beschäftigte, was nicht unbedingt in einen Geschäftsreport gehörte.
„Und das halten Sie für eine sachdienliche Information?“, fragte Nikos auch prompt mit erhobenen Brauen.
„Man sagt, er habe einer Arbeitskollegin, zu der er eine … sehr spezielle Beziehung hatte, eine nicht unerhebliche Summe gezahlt.“
„Schweigegeld, heißt es hier“, präzisierte Nikos.
„Si … Die Frau hatte ihn wegen sexueller Belästigung angeklagt, die Anklage dann aber überraschend zurückgezogen. Wenn Sie weiterlesen, werden Sie sehen, dass ich einer anderen Quelle entnehmen konnte, dass sie acht Monate später einen Sohn zur Welt brachte, den sie Anthony nannte.“
„Und was wollen Sie damit sagen?“
„Dass an der Reputation eines Mannes, der seine Position ausnutzt, um eine Angestellte zu verführen und sich dann auch noch von ihr erpressen lässt, ernsthafte Zweifel mehr als angebracht sind“, formulierte sie vorsichtig.
„Ist das Ihre persönliche Meinung?“
„Ja“, sagte Mia fest.
„Und wenn es sich um eine … Liebesaffäre im gegenseitigen Einvernehmen handelte, würde das Ihre Meinung ändern?“
„Er ist ein verheirateter Mann und hat bereits Kinder.“
„Das war nicht meine Frage.“
Mia trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. „In dem Artikel stand …“
„Wird behauptet …“
„Wird behauptet“ , echote sie entnervt, „dass die Frau an Armen und Gesicht verletzt war, als sie Anklage erhob.“ Mit dem Finger wies sie auf die Akte. „Es existieren Beweisfotos.“
Während Nikos die Fotos grimmig betrachtete, trommelte er ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischplatte. „Hier heißt es, dass Brunel jede Kenntnis von den Verletzungen bestreitet und die Frau ihn zu Unrecht beschuldigt.“
„Warum sollte sie das tun?“
„Um sich auf einfachem Weg ein solides finanzielles Polster zu verschaffen?“
„Und was ist mit dem Baby?“
„Das kann sonst wer gezeugt haben.“
Empört stemmte Mia die Hände in die Hüften. „Was für eine zynische Betrachtungsweise! Sie kennen die Wahrheit doch gar nicht und …“
„Ebenso wenig wie Sie!“, schnitt er ihr das Wort ab. „Wahrscheinlich liegt sie irgendwo zwischen den beiden Versionen – wie meist in derartigen Fällen.“ Er legte das Papier zur Seite und sah Mia an. „Also, warum haben Sie diese Geschichte nun wirklich in den Report hineingenommen?“
„Weil … weil ich Anton Brunel nicht leiden kann“, erklärte sie fast trotzig.
„Aber Sie sind ihm doch nur einmal begegnet, vor wenigen Tagen beim Lunch.“
„Er … er hat unangenehme Manieren.“
„Erklären Sie das.“
„Ich … nein.“
Da sprang Nikos von seinem Chefsessel auf, kam um den Tisch herum und fasste Mia bei den Schultern. „Verdammt, Mia! Sie werden mir jetzt auf der Stelle sagen, was all das zu bedeuten hat!“
„Warum sind Sie denn jetzt auf mich sauer?“, wehrte sie sich und schauderte unter dem elektrisierenden Gefühl seiner starken Hände auf ihren Schultern. „Sie haben mir befohlen, alles über Lassiter-Brunel zu recherchieren. Wollen Sie, dass ich so tue, als hätte ich nichts
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