Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)
jene Passwörter laufend zu aktualisieren, die jede vorsichtige Person im Netz alle ein bis zwei Monate ändern sollte. Mit anderen Worten: Es ist eine Menge Arbeit, sich richtig auf den Online-Tod vorzubereiten.
Was passiert mit Ihren Metadaten?
Die Risiken und Nebenwirkungen des Sterbens in der digitalen Welt mögen komplex sein, wenn wir von den Objekten sprechen, die eindeutig Ihnen gehören – Dokumente, Fotos, Tweets, gerippte Musikdateien oder Urlaubsvideos auf einem Server. Vollends verwirrend wird es, wenn man sich über den Verbleib der Metadaten, also der Daten über Daten, Gedanken macht.
Nehmen wir an, Sie laden ein Foto auf ein soziales Netzwerk oder einen Dienst wie Instagram hoch, viele Freunde veröffentlichen es wieder und kommentieren es. Sie sind Urheber des Fotos, aber wem gehören die Kommentare, die sich wie viele Schichten Patina über das Bild legen? Vielleicht ist das Foto in diesem Moment in den Allgemeinbesitz aller Freunde übergegangen, die sich die Mühe machen, es zu kommentieren. Wer könnte es da wagen, das Bild zu löschen? Und haben Sie oder Ihre Erben das Recht, das Bild samt aller Kommentare und Reposts auf diversen Wänden für die eigene Nutzung herunterzuladen, ohne alle Beteiligten zu fragen?
Ähnliches gilt für Ihre Chronik der multimedialen Unterhaltung. Wir sind auf dem Weg von einer Eigentümer- zu einer Mietergesellschaft, in der man nur noch Nutzungsrechte an Musik, Filmen, Büchern oder Spielen erwirbt, die nicht übertragbar sind. Aber wer besitzt das Recht an all den Wiedergabelisten auf Spotify oder Last.fm , die Sie über viele Jahre hinweg angelegt haben?
Solche Berge von Metadaten sind Teil Ihrer digitalen Identität, sie beschreiben Ihren Geschmack und Ihre Vorlieben im Laufe eines Lebens. Sie rufen besondere Momente in einer Biografie hervor, von der Playlist »Hochzeitsparty« für einen lieben Freund bis zur »Fahrt durch die Pampa« oder »Johanns erste Schritte.«
Unternehmen verfolgen und speichern diese Tätigkeiten mit zig Variablen und verkaufen sie weiter. Aber die wenigsten werden zulassen, dass andere Nutzer Ihren persönlichen Datenstrom sehen, geschweige denn die Daten oder die Lieder exportieren können.
Werden diese Konten nach einem Todesfall einfach stillgelegt oder gelöscht, wird damit zugleich ein Leben online ausradiert. Das ist ungefähr so, als wenn Agfa nach dem Tod eines passionierten Hobbyfotografen per Knopfdruck alle Aufnahmen einzöge und die handgeschriebenen Etiketten an den Diakästen entfernte. Oder stellen Sie sich vor, ein Fremder würde die Indexkarten für Ihre akribisch organisierte CD-Sammlung samt der alten Konzerttickets in den Papierkorb werfen. Für Ihre Nachfahren wären es Meilensteine eines Lebens voller Musik, für den Anbieter ist es vergeudeter Speicherplatz eines nicht länger autorisierten Kontos.
Selbst der Kauf von Inhalten ist keine Garantie. Apple etwa hat keine klare Politik, wie mit den Konten Verstorbener umgegangen wird. Deshalb sollten Sie daran denken, dass Einkäufe auf Diensten wie iTunes so gut wie wertlos wird, wenn Sie diese nicht auch regelmäßig auf einem physikalischen Medium sichern.
Was behalten und was wegwerfen?
Archivare und Bibliothekare denken darüber nach, wie die digitale Datensicherung zu verbessern und eine vernünftige Grenze zu ziehen ist, wenn es darum geht, wie viele Daten man über jede Person online aufbewahren sollte. Die Library of Congress in Washington etwa hat mit der Archivierung aller öffentlichen Tweets begonnen, seit der Microblogging-Dienst im Jahr 2006 startete. Es ist zwar ein ziemlich kleiner Datensatz, aber dennoch kein Modell, das für Privatpersonen taugt. Einfach alles zu sichern, weil Sie die Möglichkeit dazu haben, ist so effizient, als würden Sie jedes einzelne Foto, das Sie jemals gemacht haben, in eine Kiste stopfen und in den Keller bringen. Speichermedien mögen immer billiger werden, aber Sie sind kein hauptberuflicher Archivar, der sich um die Inhalte kümmert und sicherstellt, dass ein Dateiformat auch in 20 Jahren noch lesbar ist.
Sie sollten auch daran denken, dass es beim Säubern unnötiger Daten und Erinnerungen nicht nur um die Inhalte geht, die in der Cloud und auf Ihren gegenwärtig benutzten Geräten gespeichert sind. Es geht auch um Inhalte, die sich noch auf alten Geräten befinden. Viele Menschen vergessen, ihre PCs, Handys oder sogar Spielkonsolen zu löschen. Diese Geräte werden häufig weiterverkauft oder recycelt,
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