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Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt

Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt

Titel: Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dfg
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jetzt genaue Uhren. Mit einem Harrison-Chronometer komme jeder Laie um die Erdkugel. Also sei, fragte Eugen, die Zeit det großen Navigatoren vorüber? Kein Blight mehr, kein Humboldt? Der Kapitän überlegte. Eugen wunderte sich, warum die Leute immer so lange brauchten, um zu antworten. Es war doch keine schwere Frage! Sie sei vorbei, antwortete der Kapitän schließlich, und werde nie wiederkehren. In der Nacht, als Eugen mehr der Aufregung als des Motorenlärms und außerdem des Schnarchens seines irischen Kabinengenossen wegen nicht schlafen konnte, setzte ein veritabler Sturm ein: Wellen schlugen mit ungeheurer Kraft gegen den Stahlrumpf, die Motoren heulten, und als Eugen an Deck taumelte, traf ihn die Gischt mit solcher Wucht, daß er fast über Bord gegangen wäre. Triefend naß flüchtete er sich in die Kabine zurück. Der Ire unterbrach sein Gebet. Er habe eine große Familie, sagte er in dürftigem Französisch, er sei für sie verantwortlich, er dürfe nicht sterben. Sein Vater sei hartherzig gewesen und habe nicht lieben können, seine Mutter sei früh gestorben, nun hole Gott auch ihn. Seine Mutter lebe noch, sagte Eugen, und sein Vater habe vieles geliebt, bloß nicht ihn. Und er glaube nicht, daß Gott ihn schon bei sich haben wolle. Am nächsten Morgen war der Ozean ruhig wie ein See. Der Kapitän beugte sich murmelnd über seine Karten, blickte durch den Sextanten und konsultierte die Harrison-Uhr. Sie seien weitab vom Kurs, nun müßten sie neuen Brennstoff aufladen. Darum legten sie in Teneriffa an. Das Licht war gleißend hell, ein Papagei beobachtete sie neugierig vom Balkon eines gerade erst errichteten Zollhauses. Eugen ging an Land. Männer schrien Befehle, Kisten wurden verladen, spärlich bekleidete Frauen trippelten mit zierlichen Schritten auf und ab. Ein Bettler bat um Almosen, aber Eugen hatte nichts mehr. Ein Käfig öffnete sich, und eine Horde schreiender kleiner Affen stob wie eine Explosion in alle Richtungen davon. Eugen ließ den Hafen hinter sich und ging auf den Umriß des Kegelberges zu. Er fragte sich, wie es wäre, auf dem Gipfel zu sein. 
    Man müßte weit sehen. Die Luft wäre sehr klar. Am Wegrand war ein Gedenkstein. Ein Relief zeigte den Berg und daneben einen Mann mit Schal, Gehrock und Zylinder. Die Aufschrift verstand Eugen, mit Ausnahme des Namens, nicht. Er setzte sich auf einen Felsbrocken, blies Rauchwölkchen in die Luft und betrachtete das Bild auf dem Stein. Ein Einheimischer mit Poncho und Wollmütze blieb stehen, zeigte darauf, rief etwas auf Spanisch, zeigte auf den Boden, in die Höhe, wieder auf den Boden. Ein Tausendfüßler mit ungewohnt langen Fühlern kletterte Eugens Hosenbein hinauf. Er blickte sich um. So viele neue Pflanzen. Er fragte sich, wie sie alle heißen mochten. Andererseits – wen interessierte es! Es waren bloß Namen. Er kam zu einem ummauerten Garten, dessen Pforte offen stand. Orchideen klammerten sich an Baumstämme, das Zwitschern Hunderter Vögel durchdrang die Luft. In der Nähe der offenbar neu gebauten Mauer stand ein sehr dicker Baum. Seine Rinde war narbig und rauh, weit oben fächerte sich der Stamm in einen Busch von Ästen auf. Zögernd trat Eugen in seinen Schatten, lehnte sich an den Stamm und schloß die Augen. Als er sie wieder Öffnete, stand ein Mann mit einer Harke vor ihm und begann zu schimpfen. Eugen lächelte beschwichtigend. Der Baum sei wohl sehr alt? 
    Der Gärtner stampfte mit dem Fuß auf den Boden und zeigte auf den Ausgang. Eugen bat um Entschuldigung, er habe ausgeruht, er habe für einen Moment geglaubt, ein anderer zu sein oder niemand, es sei ein solch angenehmer Ort. Der Gärtner hob drohend seine Harke, Eugen ging schnell davon. Der Dampfer legte früh am Morgen ab, nach wenigen Stunden waren die Inseln außer Sichtweite. Tagelang lag der Ozean so ruhig da, daß es Eugen schien, sie bewegten sich nicht. Aber immer wieder zogen sie an Segelschiffen mit geblähten Takelagen, zweimal an anderen Dampfern vorbei. In einer Nacht glaubte Eugen ein Flackern in der Ferne zu sehen, aber der Kapitän riet ihm, nicht darauf zu achten, das Meer schicke Trugbilder, manchmal scheine es zu träumen wie ein Mensch. Dann kamen stärkere Wellen, ein zerzauster Vogel tauchte aus dem Nebel auf, schrie mißlaunig und verschwand wieder. Der Ire fragte Eugen, ob sie sich zusammentun wollten, ein Geschäft aufmachen, eine kleine Firma. Warum nicht, sagte Eugen. Er habe auch eine Schwester, sagte der Ire, sie sei

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