Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
Bruder anfangen, der schließlich zwölf Jahre jünger war als sie.
Prinz Nicholas hinkte die drei breiten Stufen hinauf und stellte sich neben seine Mutter. Anita wurde das Herz schwer, so wie an jedem Tag seit seiner Geburt. Der Junge hatte einen verkrüppelten Fuß, und weder die Behandlungen der Ärzte noch die Zaubersprüche der Priester hatten irgendeine großartige Wirkung gezeigt, aber wenigstens gehen konnte der Junge jetzt. Nicht bereit, das Kind den prüfenden Blicken der Öffentlichkeit auszusetzen, hatte Arutha sich über einen alten Brauch hinweggesetzt und den verkrüppelten Säugling nicht bei der Präsentation dem Volke vorgestellt, jenem Feiertag, mit dem der erste öffentliche Auftritt eines Kindes der fürstlichen Familie begangen wurde. So war mit Nicholas’ Geburt vielleicht eine lange Tradition beendet worden.
Nicky wandte den Kopf, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und er sah Erland hindurchspähen. Der jüngste Prinz grinste seine Brüder an, die vorsichtig durch die Tür schlüpften. Nicky humpelte die Stufen hinunter, fing die beiden dort unten ab und drückte jeden.
Erland zuckte deutlich zusammen und erwiderte die Geste mit einem abwesenden Schulterklopfen.
Nicky folgte den Zwillingen, die langsam die Stufen hinter dem Thron hinaufstiegen und sich zu ihrer Schwester stellten. Sie sah über die Schulter, gerade lange genug, um ihnen die Zunge , rauszustrecken und die Augen zu einem Schielen zu verdrehen, woraufhin sich alle drei Brüder zusammenreißen mußten, um nicht lauthals loszuprusten. Sie wußten, niemand sonst im Saal hatte die kurze Pantomime sehen können. Die Zwillinge hatten ihre Schwester oft und ausgiebig geärgert, und sie hatte ihnen soviel wie möglich in gleicher Münze heimgezahlt. Sie würde nicht zögern, die Jungen selbst vor dem Hof des Königs bloßzustellen.
Arutha, der das Gerangel zwischen seinen Kindern spürte, sah zu ihnen hinüber und bedachte seinen Nachwuchs mit einem Stirnrunzeln, womit er jeden möglichen Streich von vornherein unterband. Seine Augen ruhten kurz auf seinen beiden älteren Söhnen und verkündeten ihnen, wie maßlos er über sie erzürnt war, obwohl das sonst kaum jemand aus diesem Blick hätte lesen können.
Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Amtsgeschäfte. Ein niedriger Adliger sollte in ein neues Amt eingesetzt werden, und während die vier Kinder das nicht für viel Aufhebens würdig fanden, erlebte dieser Mann einen der wichtigsten Momente seines Lebens. Arutha hatte immer versucht, ihnen ein wenig Achtung vor solchen Anlässen zu vermitteln, doch das war ihm offensichtlich nicht gelungen.
Den Vorsitz bei der Audienz des Prinzen hatte Lord Gardan, der Herzog von Krondor, inne. Der alte Soldat hatte, wie schon sein Vater vor ihm, den conDoins mehr als dreißig Jahre gedient. Seine dunkle Haut bildete einen starken Gegensatz zu seinem fast weißen Bart, doch seine Augen zeigten immer noch den Ausdruck jener Wachsamkeit, die auf einen scharfen Verstand schließen läßt. Für die fürstlichen Kinder hatte er derzeit ein Lächeln übrig. Als Nichtadliger geboren, hatte Gardan seinen Aufstieg allein seinen Fähigkeiten zu verdanken, doch hatte er schon oft den Wunsch nach dem Rücktritt von seinen Ämtern geäußert, damit er sich endlich in seine Heimat, das ferne Crydee, zurückziehen könnte. Dennoch war er immer in Aruthas Diensten geblieben, hatte als Leutnant in der Garnison von Crydee angefangen, war dann Hauptmann der fürstlichen Palastwache geworden und schließlich zum Feldmarschall von Krondor aufgestiegen. Als der vorherige Herzog von Krondor, Lord Volney, unerwartet nach sieben Jahren treuer Dienste verstorben war, hatte Arutha Gardan in dieses Amt berufen.
Allen Protesten des alten Soldaten zum Trotz war Gardan in den Adelsstand erhoben worden und hatte sich als ebenso fähiger Verwalter wie Feldmarschall erwiesen.
Gardan beendete die Verkündigung des neuen Ranges und der neuen Privilegien des Mannes, und Arutha überreichte ihm eine mit Bändern und Siegeln versehene, übergroße Urkunde. Der Mann nahm die Auszeichnung an und zog sich zurück in die Menge, wo er die geflüsterten Glückwünsche der anderen Anwesenden in Empfang nahm.
Gardan nickte Jerome, dem Zeremonienmeister, zu, und der dünne Mann richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Als Jungen waren er und Baron James die ärgsten Rivalen gewesen, und heute kam das Amt des Zeremonienmeisters seiner Aufgeblasenheit
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