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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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Prolog

    Im Dezember 1989 ging in Rumänien die Herrschaft von Nicolea Ceausescu zu Ende.
    Die zunehmend s chlechtere Wirtschaftssituation hatte letztendlich zur Verelendung von großen Teilen der Bevölkerung geführt. Ermutigt durch die politischen Veränderungen, die im übrigen Teil Osteuropas im Gange waren, ging das rumänische Volk im Spätherbst auf die Straße, um die Verhältnisse anzuprangern. Wie ein Flächenbrand breitete sich der Protest über weite Teile des Landes aus und führte in der zweiten Dezemberhälfte 1989 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Am 1. Weihnachtstag wurde der Diktator von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und zusammen mit seiner Frau umgehend hingerichtet. Ceausescus berüchtigter Geheimdienst Securitate lieferte den Aufständischen zwar weiterhin Widerstand, aber zwei Tage später hatte die Revolution das menschenverachtende, kommunistische System endgültig in die Knie gezwungen.
    Anfang 1990 drangen zunehmend Informationen über die Lebensbedingungen der Bevölkerung unter der Regierung Ceausescu an die Öffentlichkeit. Zu den grausamsten und aufwühlendsten Erkenntnissen zählen die Berichte darüber, wie mit den rumänischen Waisenkindern unter dem Regime umgegangen wurde .
    Ein vorrangiges Ziel der Politik Ceausescu bestand darin, die Einwohnerzahl des Landes zu verdoppeln , koste es, was es wolle. Deshalb wurden Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbrüche verboten. Das hatte zur Folge, dass viele Kinder zur Welt kamen, die von den Eltern nicht gewollt und nicht ernährt werden konnten. Eine Großzahl von ihnen wurde in so genannte "Waisenhäuser" gebracht. Man nannte diese Kinder die "Unwiederbringlichen" (rumänisch- Irecuperabili).
    Den Entdeckern der Zustände, die in diesen Einrichtungen herrschten, boten sich erschreckende Eindrücke. Die Heimbewohner lebten wie Vieh unter unmenschlichen Bedingungen.
    Wer erinnert sich nicht an die Bilder, aus überfüllten, verwahrlosten Waisenhäusern, in denen die Kinder schlimmer gehalten wurden als Tiere. Verwahrlost und aufgegeben von der Gesellschaft, apathisch und aggressiv ihrer Umwelt gegenüber. Auf Matratzen, die durchnässt von Urin und beschmutzt von eingetrocknetem Kot und Erbrochenem waren, vegetierten die Kinder, in oft nur wenig oder gar nicht beheizten Verschlägen vor sich hin. Oftmals verfügten diese Einrichtungen nicht einmal über funktionierende Toiletten. Darüber hinaus konnten viele der Waisenhäuser im Winter nicht beheizt werden. In besonders schlimmen Heimen waren wegen der hohen Sterblichkeitsrate der Insassen sogar eigene Friedhöfe angeschlossen. Als diese Missstände bekannt wurden, ging eine Welle der Ohnmacht und Empörung um die Welt, die große Aufmerksamkeit und Unterstützung auslöste. Hilfsorganisationen aus aller Welt schickten Mitarbeiter und Privatinitiativen begannen sich für die vergessenen Kinder von Rumänien, zu engagieren. Viele von ihnen hatten mit körperlichen Nachwirkungen zu kämpfen und bei fast allen hat das "Weg-Gesperrt-Sein", die fehlende Umsorgung und die lieblose Behandlung, Narben auf der Seele hinterlassen. Dieser Sachverhalt wird in der Psychologie auch als Hospitalismus bezeichnet. Er äußert sich unter anderem in einer Störung der Persönlichkeitsentwicklung, die durch die fehlende menschliche Zuwendung, unter der die Opfer zu leiden hatten, hervorgerufen wird. Bei einigen der untersuchten Heimkinder haben Ärzte und Psychologen darüber hinaus, das von den Holocaust Opfern bekannte Überlebendensyndrom diagnostiziert. Dieses führt zu einer Verunsicherung hinsichtlich jeglicher sozialer und menschlicher Kontakte bei den Betroffenen. Sie fühlen sich schutz-und rechtlos in ihrer Umgebung. Damit liefern sie sich selbst einer in ihrer Wahrnehmung uneingeschränkt gebieterischen Bezugsperson aus. Sich diesen Umstand zunutze zu machen, ist für skrupellose Charaktere ein Leichtes. Aus diesem Grund ging für einzelne dieser Kinder ihr Martyrium weiter, selbst nachdem sie aus ihren unmenschlichen Lebensbedingungen befreit und in augenscheinlich geordnete Verhältnisse vermittelt wurden.

Missbraucht

26.02 1987
    Isabell Pomanescu war unterwegs nach Baijush. Die unbefestigte Straße war durch das anhaltende Tauwetter eine einzige Schlammpiste. Unentwegt liefen Tränen über ihr Gesicht. Das Schluchzen zu unterdrücken kostete sie mindestens ebenso viel Kraft, wie das Halten ihrer Tochter Nadia, die sie auf dem Arm trug. Isabell hatte die Kleine zum

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