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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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setzte es an der metallenen Rückwand an, bis ich spürte, daß ein Scharnier brach und die Tür über den Sand scharrte. Jetzt platzte mir fast die Lunge, meine Zähne knirschten beim Ausatmen aufeinander, und die Rippen fühlten sich wie Messer in meiner Brust an.
    Ich ließ das Stemmeisen fallen, griff nach dem Ersatztank, riß das Ventil auf und schob mir den Schlauch in den Mund. Luft strömte in mich wie kühler Wind, der über schmelzenden Schnee weht. Dann atmete ich ein paarmal tief durch, schloß das Ventil wieder, blies das Fenster meiner Maske klar und schob mich in die Maschine.
    Doch der Mann im rosa Hemd war mir im Weg. Ich ließ den Verschluß seines Sicherheitsgurts aufschnappen und versuchte, ihn am Hemd vom Sitz zu zerren. Sein Genick mußte gebrochen sein, denn sein Kopf rollte auf den Schultern wie auf einem Blumenstengel. Dann riß das Hemd unter meinen Händen, und ich sah eine rot-grüne Schlange, die oberhalb seiner rechten Brustwarze eintätowiert war, und etwas klickte in meinem Kopf wie ein Kameraverschluß, rief blitzartig die Erinnerung an Vietnam in mir wach. Ich packte ihn am Hosengürtel, griff unter seinen Arm und schob ihn nach vorn ins Cockpit. Er rollte langsam und in einem sanften Bogen vorwärts und landete zwischen dem Piloten und dem vorderen Passagiersitz, der Mund offen, den Kopf auf das Knie des Piloten gelegt wie ein demütiger Hofnarr.
    Ich mußte sie herausholen, schnell. Ich konnte den hin- und herdriftenden Ballon aus Luft sehen, in dem sie atmete, und es gab nicht genügend Platz, daß ich hineinschwimmen und ihr erklären konnte, was wir tun mußten. Außerdem konnte sie kaum älter als fünf Jahre sein, und ich bezweifelte, daß sie Englisch sprach. Ich hielt sie an der Hüfte, betete darum, daß sie ahnte, was ich tun mußte, dann zerrte ich die jetzt verzweifelt mit den Beinen Strampelnde durchs Wasser und die Tür nach draußen.
    Kurz sah ich ihr Gesicht. Sie war am Ertrinken. Der Mund war offen, und sie schluckte Wasser, der Blick war hysterisch vor Entsetzen. Das kurzgeschnittene schwarze Haar umfloß ihren Kopf wie Entenflaum, und sie hatte fahle, blutleere Flecken auf den sonnengebräunten Wangen. Ich überlegte, ob ich versuchen sollte, ihr den Sauerstoff schlauch in den Mund zu schieben, doch ich wußte, daß ihr ein Luftpfropf die Kehle verschloß und sie ersticken würde, bevor ich sie oben hätte. Ich hakte den Gewichtsgürtel los, spürte, wie er in einer Wolke aus wirbelndem Sand versank, verschränkte die Arme um ihre Brust und stieß uns mit aller Macht nach oben, zur Wasseroberfläche.
    Ich konnte die schwarz schimmernden Umrisse des Wannenboots über mir erkennen. Annie hatte den Motor abgestellt, und das Boot zerrte in der Strömung an der Ankerleine. Ich hatte jetzt seit fast zwei Minuten keine Luft geholt, und meine Lunge fühlte sich an wie mit Säure gefüllt. Ich hielt meine Füße nach unten, trat heftig aus, Luftbläschen drangen zwischen meinen Zähnen hervor, der Luftpfropf in meiner Kehle war kurz davor nachzugeben, und ich würde eine Wasserflut schlucken, die meine Brust wie Beton füllte. Dann sah ich, wie das Sonnenlicht an der Oberfläche heller wurde, wie eine gelbe Flamme, die auf den kleinen Wellen tanzte und die Öllachen aufglänzen ließ, spürte die Unterwasserströmung plötzlich lau werden, berührte rotbraune Seegrasbüschel, die gemächlich drehend unter den Wellen trieben. Und dann brachen wir durch an die Luft, in den heißen Wind, in eine Kuppel aus blauem Himmel und weißen Wolken und braunen Pelikanen, die über uns dahinsegelten wie freundliche Hüter.
    Ich packte die unterste Sprosse der Reling mit einer Hand und stemmte das kleine Mädchen hoch in Annies Arme. Sie fühlte sich so leicht an, als seien ihre Knochen hohl wie bei einem Vogel. Annie zog sie an Deck und streichelte ihr Kopf und Gesicht, während die Kleine schluchzte und sich in Annies Schoß erbrach. Ich war zu geschwächt, um gleich aus dem Wasser zu klettern. Statt dessen starrte ich einfach auf die roten Handabdrücke auf den zitternden Schenkeln des Mädchens, da, wo die Mutter es hochgehalten hatte in die Lufttasche, während sie selbst ihr Leben verlor. Und ich wünschte mir, diejenigen, die für Heldentaten im Krieg Orden verliehen, verstünden mehr vom Wesen der Tapferkeit.
    Ich wußte, daß Menschen, denen Wasser in die Lunge dringt, leicht eine Lungenentzündung bekommen. Daher fuhren Annie und ich das kleine Mädchen in das katholische

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