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Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holgate John
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mitfühlend, aber doch abgehärtet. »Nimm dir ein Gewehr mit«, riet man mir. »Wenn du in der Gegend einen Hund siehst, gib ihm sofort eins drauf und mach dir erst danach Gedanken, wem er gehören könnte. Am besten beerdigst du ihn in aller Stille und sagst nichts.« Das, was sie mir rieten, war allgemeine Praxis während der Zeit, wenn die Lämmer geboren wurden.
    Es gab zahlreiche Geschichten von Hunden und Schafen. Morgan Lloyd, der Schafe mit Stammbaum züchtete, hatte einmal das Wort bei einer Bauernversammlung, wobei er erzählte, wie ein Schafe jagender Hirtenhund davon kuriert wurde. »Zusammen mit zwei alten Clun-Böcken sperrten wir ihn in ein stallartiges Gebäude«, sagte er langsam mit seiner melodischen Stimme. »Sobald er die Schafe witterte, rannte er hinein. Und er war so beschäftigt mit dem einen, daß er den anderen Burschen nicht kommen sah, und bevor man wußte, was los war, lag er auf der Nase. Vor Wut fast platzend stellte er sich wieder auf die Beine und griff diesen alten Burschen an. Und natürlich, wie ihr euch denken könnt, ging jetzt der erste wieder auf ihn los und legte ihn aufs Kreuz. Das war der Trick. Die beiden Burschen ließen ihn wie einen Ball in dem Schuppen auf- und abprallen. Als wir endlich die Tür aufmachten, konnte er kaum noch kriechen, aber er war kuriert. Danach ging er nicht einmal mehr über ein Feld, auf dem Schafe waren.«
    Die Geschichte war gut, und es folgten noch weitere, wovon eine Menge mit getöteten Schafen zu tun hatte. Nicht weit von unserem Hof entfernt hatte ein Bauer in einer entsetzlichen Nacht sechzig Schafe verloren. Dieses Mal waren sie nicht zerfleischt, sondern von einem oder mehreren Hunden dicht gedrängt zusammengetrieben worden, wobei der Druck der äußeren Schafe so stark wurde, daß diejenigen in der Mitte übereinandersteigen mußten: Sie erstickten auf diese Weise.
    »Ganz bestimmt war der Hund kein Unerfahrener mit Schafen«, sagte Aaron, der oben am Berg wohnte. »Das war ein schottischer Schäferhund, und zwar ein verdammt guter. Irgend jemand hatte in der Nacht vergessen, seinen Hund festzumachen, das steht fest. Bei einem Hund aus der Stadt wären die Schafe über das ganze Feld verteilt worden. Vielleicht wären ein bis zwei oder gar ein Dutzend getötet worden, aber nicht so viele wie jetzt.«
    Niemand widersprach dieser Meinung. Es ist zwar traurig, aber Bauernhunde waren tatsächlich allzu oft die Übeltäter. Es gab keine Gnade, wenn jemand den Hund dabei erkannt hatte. Er wurde erschossen, und zwar von dem Eigentümer selbst. Das war keine Angelegenheit, die man einem anderen übergeben konnte.
    Während des ersten Märzmonats, den wir in Egerton verbrachten, passierte dies dem großen Geoff Bradley. Er saß eines Abends in der Gastwirtschaft und war sehr mitgenommen und deprimiert. »Ich mußte heute meinen alten Hund töten«, erklärte er. »Er war neun Jahre alt und ging auf die Schafe meines Nachbarn los. Hat nie vorher so was getan. Verdammter alter Kerl!«
    Die Beziehung zwischen Hund und Schaf war eigenartig, wenn man beobachtete, wie aggressiv ein einzelnes Mutterschaf bei der Verteidigung ihres Lammes werden konnte. Sie würde ihn richtig angreifen und — falls sie ihn erwischte — kräftig herumrollen. Aber in der Herde schien die Angst vor dem Angreifer sie zu überwältigen. Man konnte den Grund dafür nicht begreifen, so wie überhaupt das gesamte Herdenphänomen ein Rätsel war.
    Wenn wir zu ihnen kamen, eilten unsere eigenen Schafe auf uns zu, um zu sehen, ob wir was zum Fressen mitgebracht hatten. Sie würden sich niemals für einen Menschen als Herde zusammenscharen. Ohne Hund Schafe zusammenzutreiben, war eine sehr mühsame Aufgabe. Man wurde zu einem zweibeinigen, unterlegenen Hund, und sie zögerten nie, plötzlich kehrtzumachen, auszuweichen oder genau draufloszuschießen. Auch so ein kurzbeiniger Hund, wie beispielsweise unser kleiner Jack-Russell-Terrier, den wir uns dann anschafften, schien bei ihnen keinerlei Respekt auszulösen. Aber ein richtiger Schäferhund brauchte bloß auf die Weide zu kommen und dort vor Spannung bebend zu stehen, daß man ihm den Befehl zum Zusammentrieb erteilen würde — die Schafe und Lämmer kamen schon von allein aus den entferntesten Ecken herbei und scharten sich zusammen.
    Nach dem Reißen unserer beiden Lämmer war es klar, daß wir die Herde so bald wie möglich nach Egerton holen mußten, wenn wir beruhigt sein wollten. Aber vorher wollten wir noch die

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